Die Teilnehmer des Eurovision Song Contest 2012

Beginnen wir mit den Teilnehmern des ersten Halbfinals am 22. Mai. Montenegro schickt Rambo Amadeus mit "Euro-Neuro" ins Rennen. Der Song mit dem gewΓΆhnungsbedΓΌrftigen Sprechgesang behandelt satirisch die europΓ€ische Finanzkrise und ist dabei genauso kompliziert und unangenehm wie diese.

FΓΌr Island treten Greta SalΓ³me & JΓ³nsi mit "Mundu Eftir MΓ©r" an, einem symphonischen Duett untermalt von dramatischen Streichern.

Die SΓ€ngerin Eleftheria Eleftheriou vertritt Griechenland mit "Aphrodisiac", einer dynamischen Dance-Nummer, zu der natΓΌrlich auf der BΓΌhne artistisch getanzt wird. Leider klingt das Ganze aber auch sehr nach Shakira.

"Beautiful Song" singt Anmary fΓΌr Lettland. HΓΌbsch sind sowohl SΓ€ngerin als auch Melodie. Das Lied klingt allerdings zu austauschbar.

Rona Nishliu aus Albanien singt mit gewaltiger Stimme ein Klagelied namens "Suus". Man benΓΆtigt viel Kraft, um das bis zum Ende auszuhalten.

RumΓ€nien kombiniert lateinamerikanische Rhythmen mit osteuropΓ€ischer Folklore. Damit bewirbt sich der Song "Zahleilah" von der Band Mandinga nicht nur um den Sieg beim ESC, sondern auch als kommender Sommerhit.

Mit einem frischen und unverkrampften Pop-Rock-Song namens "Unbreakable" geht die Schweizer Band Sinplus in Baku an den Start.

Belgien hat die 17-jΓ€hrige Iris fΓΌr den ESC nominiert. Ihr Song "Would You?" ist eine klassische Ballade.

Pernilla Karlsson ist die Vertreterin Finnlands und singt ihren Song auf Schwedisch. "NΓ€r Jag Blundar" ist ein Walzer, die Chancen auf das Finale sind eher ungewiss.

Die Band Izabo aus Israel bringt einen lupenreinen Britpop-Song auf die ESC-BΓΌhne in Baku. "Time", so der Titel, nervt nur ein bisschen mit seinen hohen Stimmen.

Grand-Prix-Urgestein Ralph Siegel hat in diesem Jahr in San Marino musikalisches Asyl gefunden. Sieben andere LΓ€nder hatten seine Songs dankend abgelehnt. Ausbaden muss das Valentina Monetta, die das peinlichste Lied des diesjΓ€hrigen Wettbewerbs zu singen hat: "The Social Network Song", der vorher "The Facebook-Song" hieΓ, unter diesem Titel vom Veranstalter aber nicht zugelassen wurde.

Ein 18-jΓ€hriges Schneewittchen als SΓ€ngerin und ein mΓ€rchenhafter Videoclip kΓΆnnen nicht darΓΌber hinweg tΓ€uschen, dass Zypern anno 2012 nur eine mittelmΓ€Γige Dance-Nummer zum ESC schickt. Das Schneewittchen heiΓt ΓΌbrigens Ivi Adamou, ihr Song "La La Love".

Die Singer-Songwriterin Soluna Samay geht mit "Should've Known Better" und SeemannsmΓΌtze fΓΌr DΓ€nemark an den Start. Dabei wird man das GefΓΌhl nicht los, als hΓ€tte man das alles schon mal gesehen und gehΓΆrt. Optisch erinnert die SΓ€ngerin an Linda Perry von den 4 Non Blondes, sie singt wie Alanis Morrissette und ihr Song klingt wie "Crazy" von Seal.

Buranowski Babuschki βParty For Everybodyβ (Russland): Was soll man von diesem Beitrag halten? Der Song ist nicht mehr als eine billige Party-Nummer. Zu etwas besonderem wird er nur durch den Gesang der rΓΌstigen Rentnerinnen. Aber der ESC lebt natΓΌrlich von solchen Darbietungen und so sollten die Omas aus der udmurtischen Pampa fΓΌr eine Γberraschung gut sein. Dennoch bleibt der fade Nachgeschmack einer Freakshow.

Mit einem unspektakulΓ€ren Pop-Liedchen will die ungarische Band Compact Disco die ESC-Bilanz ihres Landes aufbessern. Doch "Sound Of Our Hearts" wird es schwer haben, ins Finale zu kommen. Einen Titel haben die Ungarn aber schon sicher: den des blΓΆdesten Bandnamens.

Die Trackshittaz aus Γsterreich und ihr Lied βWoki mit deim Popoβ sind sicher nichts fΓΌr Feingeister. Wie ihr Musikstil, den sie selbst als "Traktor Gangster Party Rap" bezeichnen, beim internationalen Publikum ankommen wird, hΓ€ngt wohl nicht nur von der Musik, sondern auch vom Auftritt ihrer TΓ€nzerinnen ab.

Getragen von traditionellen BlΓ€sern kommt Pasha Parfenys Titel "LautΔr" daher. Insgesamt ist das aber ein bisschen wenig fΓΌr sein Land Moldau.

2011 gehΓΆrten die Jedward-Zwillinge gar zum erweiterten Favoritenkreis beim ESC in DΓΌsseldorf. 2012 schickt Irland die beiden hippeligen Coneheads erneut ins Rennen. Doch ihr Song "Waterline" hat nicht das Potenzial des VorgΓ€ngers "Lipstick".

Kommen wir zu den KΓΌnstlern des zweiten Halbfinales am 24. Mai und beginnen mit Zeljko Joksimovic aus Serbien. Er zΓ€hlt zu den Favoriten, obwohl seine melancholische Ballade βNije Ljubav Stvarβ sicher nicht jedermanns Sache ist. Aber Serbien hat den Wettbewerb ja schon einmal mit einer Ballade gewonnen.

Und noch eine Ballade - allerdings eine rockige. Doch das rettet den Beitrag Mazedoniens auch nicht. Kaliopi mit "Crno I Belo" ist keine Kandidatin fΓΌr das Finale.

Die Niederlande haben sich 2012 fΓΌr eine singende Pocahontas entschieden. Diese heiΓt richtig Joan Franka und ihr Lied βYou And Meβ. Ob die Lagerfeuerromantik ihres Country-Songs Anklang findet oder ob die 22-JΓ€hrige Federn lassen muss, ist wohl eine der spannendsten Fragen vor dem zweiten Halbfinale.

Auch Malta setzt dieses Jahr auf Disco-Beats und Dance-Rhythmen. Dargeboten von Womanizer Kurt Calleja teilt der Song "This Is The Night" jedoch ein Schicksal mit allen anderen Dance-Nummern des Wettbewerbs - er ist zu austauschbar.

Die Band Litesound aus WeiΓrussland ist eines dieser Beispiele, bei denen man sich fragt, wozu da auf der BΓΌhne wild auf Gitarren rumgehauen wird, wenn doch nur elektronische Dance-Beats erklingen. Ihr Song heiΓt "We Are The Heroes".

Portugal ist eines der erfolglosesten LΓ€nder in der ESC-Geschichte. Leider wird das so bleiben: AuΓerhalb dieses Landes wird sich nΓ€mlich kaum jemand fΓΌr das klassische Fado-StΓΌck "Vida Minha" der 27-jΓ€hrigen Filipa Sousa erwΓ€rmen kΓΆnnen.

Die nΓ€chste Euro-Pop-Dance-Nummer kommt aus der Ukraine. Gesungen wird "Be My Guest" von der ukrainisch-kongolesischen SΓ€ngerin Gaitana. Und die weiΓ, wie man ΓΌber die SchwΓ€chen ihres Songs hinwegtΓ€uschen kann.

Wir bleiben bei den flotten, wenn auch einfallslosen Tanzrhythmen. Bulgarien preist zwar die fΓΌnf Oktaven umfassende Stimme von SΓ€ngerin Sofi Marinova, lΓ€sst sie aber mit "Love Unlimited" ein Lied singen, das ihr Potenzial nicht ausreizt.

Sie ist mit 16 Jahren die jΓΌngste Teilnehmerin am diesjΓ€hrigen ESC: Eva Boto aus Slowenien. Sie singt die Ballade "Verjamem".

FΓΌr Kroatien wird Nina BadriΔ mit dem Titel "Nebo" in Baku antreten. Auch sie hat eine kraftvolle Ballade im GepΓ€ck und ein Video, das auf den krΓ€ftigen Einsatz von Windmaschinen wΓ€hrend ihres Auftritts hoffen lΓ€sst.

Der schwedische Titel heiΓt "Euphoria" und stammt von der SΓ€ngerin Loreen. Auch sie wird als Favoritin gehandelt, obwohl ihre Performance und das Lied stellenweise wie eine billige Kopie von Madonnas Hit "Frozen" erscheinen.

Der Beitrag Georgiens heiΓt "I'm A Joker" und kommt von Anri Jokhadze. Der Song klingt wie ein StΓΌck aus einem Musical, ist tanzbar und scheidet dennoch mit seinen Grooves und Breaks die Geister. Ob er nun aber grΓ€sslich oder grandios ist, wird sich im zweiten Halbfinale entscheiden.

Der ESC-Teilnehmer der TΓΌrkei heiΓt Can Bonomo und will mit "Love Me Back", einer Mischung aus tΓΌrkischer Folklore und Pop, den Wettbewerb gewinnen. Seine Nominierung stieΓ im Vorfeld in islamischen Kreisen auf Kritik, weil der SΓ€nger Nachfahre sephardischer Juden ist, einer kleinen religiΓΆsen Minderheit in der TΓΌrkei.

Balladen, Balladen, Balladen - auch Estland setzt 2012 auf ruhige TΓΆne und lΓ€sst Ott Leplands mit "Kuula" so eine Weise singen. Und zwar in Landessprache. Ob das fΓΌr's Finale reicht?

Da sage noch einer, nur fΓΌr die MΓ€nner wird beim ESC optisch so einiges geboten. Der Slowake Max Jason Mai dΓΌrfte das Herz so mancher weiblicher Fans hΓΆher schlagen lassen. Musikalisch gibt es dazu massentauglichen Hard Rock, der ein bisschen an die frΓΌhen Aerosmith erinnert: "Don't Close Your Eyes".

Auch Norwegen hat einen optischen Leckerbissen fΓΌr die Frauenwelt nach Baku entsandt. SΓ€nger Tooji, seiner iranischen Wurzeln wegen von der norwegischen Presse schon "Prinz von Persien" genannt, hat einen weiteren Dance-Titel im GepΓ€ck. Der ist an sich nichts Besonderes - dank Aussehen und Performance dΓΌrfte er sich mit "Stay" aber Siegchancen ausrechnen.

Dance-Nummer, Ballade, Dance-Nummer, Ballade - so wird im GroΓen und Ganzen der Ablauf beim ESC 2012 in Baku sein. Maya Sar aus Bosnien-Herzegowina singt mit "Korake Ti Znam" eine Ballade, die von leisen KlaviertΓΆnen und sanften Streichern untermalt wird.

"Love Is Blind" singt Donny Montell fΓΌr Litauen und trΓ€gt dazu wΓ€hrend der ersten Strophe seines Liedes eine Augenbinde. Wenn diese vom Kopf fliegt, wird aus dem ruhigen StΓΌck eine flotte Pop-Nummer, die aber mit zu vielen Tempowechseln irritiert.

Als Gewinner des letztjΓ€hrigen ESC und Gastgeber ist Aserbaidschan fΓΌr das Finale am 26. Mai gesetzt. Beim Heimspiel in Baku singt Sabina Babayeva mit "When The Music Dies" eine weitere Ballade. Dass einer von den vier schwedischen Songwritern bereits fΓΌr Celine Dion Lieder geschrieben hat, hΓΆrt man dieser Nummer absolut an.

GroΓbritannien schickt mit SchlagersΓ€nger Engelbert Humperdinck eine echte Legende ins Rennen. Sein Titel "Love Will Set You Free" ist von so zeitloser Eleganz und EingΓ€ngigkeit, dass man den 76-JΓ€hrigen durchaus zum Favoritenkreis zΓ€hlen darf.

Auch Spanien setzt in diesem Jahr auf eine Ballade. Die SΓ€ngerin Pastora Soler mΓΆchte mit "QuΓ©date Conmigo" die Erfolgsbilanz des Landes aufbessern. Beteiligt an der Entstehung des Songs war unter anderem der Schwede Thomas G:son, der in diesem Jahr auch an den Liedern der Schwedin Loreen und des Norwegers Tooji mitgewirkt hat. Kein Wunder also, dass beim ESC irgendwie alles gleich klingt.

13 Jahre lang hielt sich Italien beim ESC raus. 2011 dann das Comeback und gleich gab's einen zweiten Platz. 2012 kΓΆnnte Nina Zilli mit der Sixties-Nummer "L'Amore Γ Femmina" ("Out Of love") gar der Sieg gelingen. Aussehen und Stil der SΓ€ngerin erinnern stark an Amy Winehouse. Vielleich ist auch das der Grund fΓΌr ihre Favoritenrolle.

Kommen wir noch einmal zum Thema Optik. Da spielt Frankreich dieses Jahr ganz oben in der ESC-Liga. Doch reicht der Sex-Appeal von SΓ€ngerin Anggun aus, um mit ihrem eher durchschnittlichen Dance-Song "Echo" auch ganz vorne mitzusingen?

Γber ihn ist eigentlich alles gesagt worden. Roman Lob, Schwiegermutters Liebling aus dem Westerwald / Deutschland. Sein Song "Standing Still" ist zwar auch eine Ballade, hat aber durchaus Chancen ganz weit vorne zu landen, weil er sich stilistisch vom sonstigen in Baku dargebotenen Balladen-Einheitsbrei unterscheidet.