Darum fÀllt AufrÀumen so schwer
Haben Sie sich schon mal gefragt, warum es Ihnen so schwerfĂ€llt, ĂŒberflĂŒssige Dinge auszusortieren? Warum haben Sie so viel angehĂ€uft? Was blockiert Sie beim Ausmisten und was verhindert das Loslassen? Die Ordnungsexpertin Gunda Borgeest stellt fĂŒnf Grundtypen zur Selbstanalyse vor.
Aussortieren hat mit Loslassen zu tun â ein psychologischer Prozess, der schmerzhaft sein und Angst machen kann. OberflĂ€chliche Ordnungstipps greifen da oft zu kurz, denn Loslassen ist ein sehr individueller Prozess.
Ich stelle Ihnen hier fĂŒnf Typologien zur Selbstanalyse vor. Mit welchen Aussagen fĂŒhlen Sie sich am besten beschrieben? Vielleicht sind es auch Aspekte und Anteile aus mehreren Typen. Wichtig ist, dass Sie sich mit Ihrer Haltung und Ihren Erfahrungen zum Thema Ordnung auseinandersetzen, um Blockaden zu ĂŒberwinden und bei Ihrem Ordnungsprojekt nachhaltig erfolgreich zu sein.
Der Horter
Das Problem: Er unterscheidet sich vom Sammler, weil er nicht (mehr) sammelt, sondern anhĂ€uft. Er will Dinge haben, obwohl er sie nicht braucht. Diese AnhĂ€ufung â oft verstĂ€rkt durch unkontrolliertes Shoppen und der Jagd nach SchnĂ€ppchen â ĂŒberfordert den Horter. Er findet sich nicht mehr zurecht in seinem Chaos, schĂ€mt sich dafĂŒr, möchte etwas Ă€ndern, weiĂ aber nicht wie. Horten entsteht sehr oft aus einem MangelgefĂŒhl. Das muss nicht unbedingt ein in der Kindheit oder Jugend erfahrener materieller Mangel sein. Es kann auch ein Zuwenig an Aufmerksamkeit, Liebe und Gesehenwerden dahinter stehen.
Die Lösung: Im ersten Schritt sollten Horter den erlebten Mangel akzeptieren und sich dann einen Kaufstopp verordnen. Machen Sie sich klar, dass das nĂ€chste SchnĂ€ppchen Ihre Wohnung zwar voller, Sie aber nicht glĂŒcklicher machen wird. Verabreden Sie sich lieber mit Freunden zu einem Spaziergang im Park, statt allein shoppen zu gehen oder im Internet nach Angeboten zu suchen.
Der Aufschieber
Das Problem: Er hat Probleme, PrioritĂ€ten zu setzen und es fĂ€llt ihm schwer, mit einem gröĂeren Vorhaben zu beginnen. Er ist ein Meister der Ausreden vor sich selbst und vor anderen ("Ich muss erst noch âŠ"). Immer gibt es scheinbar Wichtigeres und auĂerdem glaubt er, keine Zeit zu haben und klagt ĂŒber zu viel Arbeit. Oder er wartet auf den richtigen Zeitpunkt (der nie kommt) oder denkt stĂ€ndig "Das schaffe ich ohnehin nicht." Das Aufschieben bindet viel Energie, der Aufschieber gerĂ€t zunehmend unter Druck und dieser Stress blockiert ihn zusĂ€tzlich. Oft steht hinter diesem Verhalten die Angst vor dem Scheitern.
Die Lösung: Machen Sie sich im ersten Schritt klar, dass der richtige Zeitpunkt nicht von selbst kommt. Er wird dann da sein, wenn Sie ihn dazu machen. Sollten Sie sich bei dem Gedanken ertappen "Das schaffe ich ohnehin nicht!", halten Sie einen Moment inne und denken Sie ganz bewusst: "Ich schaffe das!" Teilen Sie Ihr AufrĂ€umprojekt in ĂŒberschaubare Etappenziele und fangen Sie an.
Der Perfektionist
Das Problem: Entweder perfekt oder gar nicht â das ist das Mantra des Perfektionisten. Da kann das AufrĂ€umen der Besteckschublade daran scheitern, dass der perfekte Einsatz nicht zu finden ist. Akribische Detailversessenheit kennzeichnet den Perfektionisten genauso wie ein ĂŒbergroĂer Anspruch an sich selbst. AnsprĂŒche an die eigene Arbeit zu relativieren, fĂ€llt ihm schwer und der "innere Kritiker" macht es in vielen FĂ€llen schwer, sich ĂŒber Erreichtes zu freuen. Der Perfektionist verhindert mit dieser "Strategie" â quasi unbewusst â zu scheitern, denn er hat Angst, Fehler zu machen und fĂŒrchtet sich vor Ablehnung.
Die Lösung: Versuchen Sie zu ergrĂŒnden, woher Ihre AnsprĂŒche und GlaubenssĂ€tze stammen und machen Sie sich klar: So, wie Sie andere Menschen mit ihren UnzulĂ€nglichkeiten mögen, dĂŒrfen Sie sich auch selbst annehmen. Verbieten Sie Ihrem "inneren Kritiker" bewusst den Mund und versuchen Sie, Aufgaben nicht "perfekt", sondern so gut wie möglich zu erledigen. Schauen Sie mehr auf das Erreichte und weniger auf das, was noch vor Ihnen liegt.
Der LeidgeprĂŒfte
Das Problem: Sein Leben ist durch eine schwere Krankheit, eine schmerzhafte Trennung, den Verlust des Arbeitsplatzes oder den Tod eines nahen Menschen erschĂŒttert worden. Trauer, Verzweiflung und Ăberforderung bestimmen sein LebensgefĂŒhl und fĂŒhren dazu, dass weder die innere noch die Ă€uĂere Ordnung aufrechterhalten werden kann. Die schreckliche Verlusterfahrung verhindert oder erschwert das Loslassen von den Dingen, selbst das Aussortieren und Weggeben von AlltagsgegenstĂ€nden fĂ€llt ihm sehr schwer, denn er hat Angst, es hinterher zu bereuen oder beispielsweise einen "Verrat" am Verstorbenen zu begehen.
Die Lösung: Versuchen Sie sich klar zu machen, dass Erinnerungen nicht in GegenstĂ€nden stecken, sondern dass Sie sie in sich tragen. Wenn Sie sich zum Beispiel von AlltagsgegenstĂ€nden eines Verstorbenen lösen, werfen Sie sie nicht weg, sondern verschenken oder spenden Sie sie, damit sie "weiterleben" und anderen Freude machen können. Holen Sie sich UnterstĂŒtzung von Freunden, Familienangehörigen oder von einem Therapeuten.
Gunda Borgeest arbeitet seit sechs Jahren als Ordnungscoach. Sie hilft Menschen dabei, ihre Wohnungen und oft auch ihr Leben aufzurĂ€umen. Ihr Credo: Ordnung ist etwas sehr Individuelles. Ihr Buch "Ordnung nebenbei: Aussortieren, aufraÌumen, aufatmenâ (Stiftung Warentest) gibt hilfreiche Tipps, um endlich mit dem eigenen AufrĂ€umprojekt zu beginnen, dran zu bleiben und die gewonnene Ăbersicht und Ordnung dann dauerhaft aufrechterhalten zu können. (Foto: Konstanze Wild).
Der Kreative
Das Problem: Er glaubt, dass Ordnung kreative Prozesse verhindert und will sich keiner AufrĂ€umdoktrin unterordnen. Er glaubt, sein "kreatives Chaos" zu brauchen, leidet aber gleichzeitig unter der Unordnung, findet seine Materialien nicht und kann sich bei der Vielzahl der ihn umgebenden Dinge nicht recht auf seinen Schaffensprozess konzentrieren. Er trĂ€umt beispielsweise von einem ĂŒbersichtlichen Arbeitszimmer oder Atelier, weigert sich aber innerlich, den AufrĂ€umprozess zu beginnen und hĂ€lt Ordnung fĂŒr spieĂig. Als Kind hat er oft den Satz gehört "RĂ€um Dein Zimmer auf!" und möchte sich heute auch deshalb auf keinen Fall mehr einer AutoritĂ€t unterordnen.
Die Lösung: Machen Sie sich klar, dass Sie nicht mehr fĂŒr andere aufrĂ€umen, sondern fĂŒr sich selbst! Diese Ordnung kommt Ihrer KreativitĂ€t zugute. Lassen Sie sich Ihre schöpferische Kraft nicht von Dingen rauben, die sich im Laufe der Zeit einfach nur angesammelt haben. Heben Sie gut erhaltene Materialien auf, aber trennen Sie sich von Kaputtem und von GerĂŒmpel.