Türkei

Recep Tayyip Erdogan: Von 2003 bis 2014 Ministerpräsident der Türkei. Seit 2014 Staatspräsident. Das reicht noch nicht. Er will die absolute Macht und fordert eine Präsidialrepublik - natürlich mit ihm als Präsidenten.

Laut türkischer Verfassung ist der Staatspräsident zur Neutralität verpflichtet. Das interessiert Erdogan aber nicht. Im Wahlkampf kämpft er ganz offen für seine islamisch-konservative AKP.

Erdogan überlässt nichts dem Zufall. Seine Auftritte sind professionell organisiert. Ob Fahrradrennen im Westen der Türkei, Eröffnung einer Zementfabrik im Osten des Landes, Pferdezuchtzentrum in Zentralanatolien. Der Staatspräsident ist überall.

Vermeintliche Gegner werden regelmäßig beschimpft und bedroht. Die oppositionelle linksliberale HDP brachte er jüngst mit der "armenischen Lobby" und "Homosexuellen" in Verbindung.

"Eroberung heißt Mekka. Eroberung heißt Sultan Saladin, heißt, in Jerusalem wieder die Fahne des Islams wehen zu lassen". Mit solchen Sprüchen mobilisiert er seine islamisch-konservativen Anhänger.

Abtreibungsverbot, Alkoholverbote und Koranschulen: Unter Erdogan ist die Türkei deutlich konservativer geworden. Die Gesellschaft ist tief gespalten.

Erdogan galt vor rund zwölf Jahren als Hoffnungsträger. Doch der Begründer des Wirtschaftsbooms hat die Freiheiten der Türken mehr und mehr eingeschränkt.

Unter dem Deckmantel des Anti-Terrorkampfes werden kritische Journalisten inhaftiert oder mit Klagen überzogen. Dutzende Schriftsteller, Redakteure und Intellektuelle wurden unter seiner Ära vor Gericht gestellt und verurteilt.

Letztes Opfer ist der berühmte Journalist Can Dündar von der regierungskritischen Zeitung "Cumhuriyet". Er hatte Aufnahmen veröffentlicht, die eine Waffenlieferung für Extremisten in Syrien aus der Türkei Anfang 2014 belegen sollen. Erdogan sagte dazu im staatlichen Fernsehen: "Er wird einen hohen Preis dafür zahlen. Ich lasse ihn nicht davonkommen".

Der eigentliche Kandidat der AKP für das Amt des Ministerpräsidenten: Ex-Außenminister Ahmet Davutoglu. Er ist tief religiös, loyal und gegenwärtig der Chef der Regierungspartei. Die Richtlinien der Politik bestimmt er aber trotzdem nicht. Sein Ziel ist, für Erdogan die verfassungsgebende Mehrheit zu erreichen.

Er ist Erdogans einziger ernstzunehmender Gegner: der linksliberale HDP-Chef Selahattin Demirtas. Der wortgewandte und charismatische Politiker könnte die Machtstrukturen der Türkei verändern. "Wir werden dich nicht zum Präsidenten machen" lautet sein Wahlspruch.