"Überfordert mit der Pflege" Sohn steht nach Tod seiner Mutter vor Gericht
Ein 37-Jähriger muss sich vor dem Landgericht in Bonn verantworten, weil er seiner Mutter nicht geholfen haben soll, als diese auf dem Boden lag. Dort war sie dann auch gestorben.
Nach dem elenden Tod seiner Mutter steht seit Donnerstag ein 37-Jähriger wegen versuchten Totschlages durch Unterlassen vor dem Bonner Landgericht. Der Angeklagte hatte seiner schwer kranken und hilflosen Mutter, die er im Mai 2019 im Wohnzimmer auf dem Boden liegend vorgefunden hatte, nicht geholfen. Stattdessen soll er sich in sein Zimmer zurückgezogen und dort getrunken und gekifft haben, um die ganze "bedrückende Situation" vergessen zu können. Als die 63-Jährige nach zwei Tagen kein Lebenszeichen mehr zeigte, rief er schließlich den Notarzt, der sie nicht mehr retten konnte.
Todesursache war Unterkühlung. Da nicht sicher ist, ob die Frau nicht auch gestorben wäre, wenn der Angeklagte rechtzeitig Hilfe geholt hätte, sei ihm ihr Tod nicht voll zuzurechnen, heißt es in der Anklage.
Der Sohn sagte am ersten Prozesstag, er sei mit der Pflege seiner Mutter überfordert gewesen. Da sie nicht ausreichend versichert gewesen sei und hohe Schulden gehabt habe, habe er sie nicht ins Krankenhaus bringen wollen. Er sei auch zu stolz gewesen, um einen Antrag auf Unterstützung zu stellen. Sowohl seine Mutter als auch die Wohnung seien völlig verwahrlost gewesen.
Der Tod der Mutter sei "keineswegs eine Erleichterung für mich", sagte der Angeklagte. Im Gegenteil: "Ich habe den wichtigsten Menschen unwiederbringlich verloren." Niemals hätte er sie aktiv getötet oder – wie sie es sich oft gewünscht habe – Sterbehilfe geleistet. "Dass ich nicht gehandelt habe, ist ein unmenschliches Verhalten, was ich mir nicht verzeihen werde."
- Nachrichtenagentur dpa