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Bonner demonstrieren gegen die drohende Getrifizierung der Stadt


Leerstand und Verwahrlosung
"Hier um gegen die Gentrifizierung in der Stadt zu demonstrieren"

Von Klaas Tigchelaar

Aktualisiert am 29.05.2021Lesedauer: 3 Min.
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Der leerstehende und verfallende Schlachthof in der Bonner Weststadt: Demonstrierende wollen auf den Leerstand in der Stadt aufmerksam machen.Vergrößern des Bildes
Der leerstehende und verfallende Schlachthof in der Bonner Weststadt: Demonstrierende wollen auf den Leerstand in der Stadt aufmerksam machen. (Quelle: Klaas Tigchelaar)

Gegen Leerstand und Verfall und für eine Entwicklung der Bonner Innenstadt: Unter diesem Motto sind Demonstrierende auf die Straße gegangen und haben sich gegen die Verwahrlosung von leerstehenden Gebäuden gestellt.

Am Samstag haben Demonstrierende im Bonner Hofgarten auf die zahlreichen leerstehenden Immobilien in der Stadt aufmerksam gemacht. Die Veranstalter des Kulturvereins Rhizom e.V. wollten bei der Kundgebung zudem auf die Kündigung für ihre Kulturräume in der Alten VHS in der Wilhelmstraße hinweisen.

Einer Meldung des Presseamtes vom Januar 2021 zufolge ist die Leerstandsquote bei Büroflächen auf dem sehr niedrigen Niveau von 2,1 Prozent angelangt. Derzeit betreut das Städtische Gebäudemanagement 1.100 Objekte, von denen derzeit "26 Gebäude und 27 Teileinheiten" leer stehen, wie das Presseamt auf Nachfrage erläutert. Wer jedoch aufmerksam durch die nun endlich wärmer werdenden Straßenzüge der Stadt flaniert, entdeckt einige leerstehende, oder gar verfallene Gebäude. Diese sind natürlich nicht alle städtisches Eigentum, manche gehören dem Bund, viele sind in privater Hand.

"Das Bauordnungsamt geht gegen Eigentümerinnen und Eigentümer vor, wenn von einem Objekt eine konkrete Gefahr für die Öffentlichkeit ausgeht", erklärt Andrea Schulte vom Presseamt. "Reine Verwahrlosung gehört aber nicht dazu. Der Leerstand von Wohnraum wird in Bonn als Zweckentfremdung verfolgt. Die Zweckentfremdungssatzung bietet allerdings nur für Wohngebäude eine Grundlage zum Eingreifen der Stadt – Bürogebäude oder andere Immobilien sind hiervon unberührt. Spekulationsbedingter Leerstand im Geschosswohnungsbau ist der Stadt noch nicht bekannt geworden. In diesem Fall würde die Stadt ein Ordnungswidrigkeitenverfahren einleiten."

Objekte verwahrlosen seit Jahren

Der seit 2012 verlassene, ehemalige Bonner Schlachthof in der Weststadt mit seinem knapp 28.000 Quadratmeter großen Grundstück dürfte den meisten Bonnern als Negativbeispiel bestens bekannt sein. Die verfallene Ruine sollte vor einigen Jahren mal zum Rock- und Popzentrum "Westwerk" umgestaltet werden, dann war ein Verkauf an die Stadtwerke im Gespräch, doch momentan verfallen die Gebäude auf dem Gelände einfach nur.

Auch das Landesbehördenhaus an der Friedrich-Ebert-Allee, bis 2006 Sitz des Polizeipräsidiums Bonn, steht seit einigen Jahren leer und gehört nach wie vor zu den Liegenschaften des Landes Nordrhein-Westfalen. Es gab zwar immer wieder Kaufinteressenten wie das Studierendenwerk und die Uni Bonn, aber auch dieses inzwischen entkernte Gebäude gammelt unbelebt vor sich hin. Auch das im Mai 2010 geschlossene Viktoriabad gehört der Stadt und ist seit Jahren ein Immobilien-Zankapfel im Viktoriaviertel, um das sich derzeit vor allem die Universität Bonn bemüht.

Demonstration gegen Leerstand

Zu der Kundgebung wurden 700 Demonstrierende erwartet. Gestartet waren diese im Hofgarten. Wegen der Corona-Auflagen musste der anschließende Zug in zwei Teile gespalten werden.

"Wir suchen seit zehn Monaten eine Kaufimmobilie für unser Wohnprojekt, aber obwohl viele Wohnhäuser leerstehen, ist es gar nicht so einfach, überhaupt einen Besichtigungstermin zu bekommen.", erklärt ein Teilnehmer. Weil die Immobilien meist in privater Hand seien, sei es schwierig von der Stadt ein Handeln zu erzwingen. "Der soziale Wohnungsbau wird immer weiter zurückgedrängt und die leerstehenden Häuser werden zu Spekulationsobjekten, das kann doch nicht sein", erklärt ein weiterer.

Neuer Standort für die VHS gesucht

Vor allem ging es dem Verein Rhizom e.V aber darum, auf die eigenen Immobilien-Probleme aufmerksam zu machen. Ihr Veranstaltungszentrum in der ehemaligen Volkshochschule Alte VHS in der Wilhelmstraße 34 wurde ihnen zum Ende des Jahres gekündigt. Dort soll nach umfangreicher Renovierung eine KiTa einziehen. Die Stadt ist derzeit dabei, gemeinsam mit dem Verein eine neue Bleibe für die vielfältigen Kultur- und Bildungsveranstaltungen des Vereins zu finden.

"Die Bedrohung von linken Räumen wie die Alte VHS in Bonn ist doch ein bundesweites Problem", heißt es seitens eines Demonstrierenden. Nach einem von 90 Bonner Organisationen unterstützten, offenen Brief an die Stadt, mit Forderungen für ein neues Gebäude ist aber kürzlich Bewegung in die Sache gekommen. "Mittlerweile sprechen wir sogar konkret über ein Gebäude als mittelfristige Lösung für die nächsten zwei bis drei Jahre", so Ada Sternberg vom Rhizom e.V. "Wir sehen bereits positive Entwicklungen durch die noch junge, neue Ratskoalition. Wir hoffen sehr, dass darauf aufgebaut wird."

Leerstand überwiegend in privater Hand

Es gibt zwar keine gesicherten Erkenntnisse darüber, wie gut oder schlecht Bonn beim Immobilienleerstand im Vergleich mit anderen Städten dasteht, aber Andrea Schulte ist hier recht optimistisch: "Während des vergangenen Jahres ist deren Anteil zwar angestiegen, liegt aber im Vergleich mit anderen Innenstädten immer noch sehr niedrig."

Da die vorhandenen Leerstände in der Innenstadt überwiegend Immobilien betreffen, die nicht in städtischem Eigentum stünden, müsste mit überzeugenden Konzepten eine Belebung in Gang gesetzt werden, so Schulte. "Dabei spielen urbane Mischungen von Handel, Gastronomie, Kultur wie kreative Erlebniswelten in ehemaligen Kaufhäusern, Off-Spaces, KI-Hubs und Kunst-Ateliers in leerstehenden Passagen, Sport wie Indoorangebote und Fitness-Parcours und Wohnen eine wichtige Rolle."

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit dem Presseamt Bonn
  • Gespräch mit Rhizom e.V.
  • Eigene Recherche
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