Es sollte geschlachtet werden Tierärzte retten Fohlen Clippy mit komplizierter OP

Geboren mit einer schiefen Nase, hatte der kleine Clippy kaum eine Überlebenschance. Doch nach erfolgreichen Operationen wird das Fohlen zum Internet-Star und Hoffnungsträger.
Clippy hatte einen schweren Start ins Leben. Das Fohlen wurde mit einer Fehlbildung am Kopf geboren. "Er konnte bei seiner Mutter trinken, aber kein Gras abbeißen", sagt Tierärztin Andrea Noguera von der Hanseklinik für Pferde im niedersächsischen Landkreis Rotenburg zwischen Hamburg und Bremen. Jetzt steht der einjährige Hengst in einer Box auf dem Klinikgelände in Sittensen und kaut Heu. Die geschwollene Nase zeigt, wie viel der Vierbeiner schon durchgemacht hat.
Er begrüßt Besucher neugierig und genießt jede Krauleinheit. "Er hat so einen freundlichen Charakter", erzählt die Tierärztin und streicht ihm über sein braunes Fell. Noguera gehört zu den Spezialistinnen, die Clippy in den vergangenen Monaten mehrfach operiert haben.
Sittensen: Fohlen Clippy mit deformierter Nase und Kiefer geboren
"Clippy kam mit dem Wry-Nose-Syndrom zur Welt", erklärt Noguera. Die Deformation der Nase und des Kiefers bedeute für viele Pferde das Todesurteil, denn ohne chirurgischen Eingriff überlebten sie nicht.
"Vom Wry-Nose-Syndrom gibt es verschiedene Ausprägungen", erklärt die Tierärztin. "Die Pferde werden mit einer Schiefstellung des Oberkiefers und der Nase geboren. Das Ausmaß der Missbildung kann nur fünf Grad umfassen oder aber 90 Grad."
Clippy sollte getötet werden
Letzteres war bei Clippy der Fall. Der Oberkiefer des Fohlens war so abgewinkelt, dass die Schneidezähne nicht aufeinandertrafen. Zudem war seine Atmung stark eingeschränkt. Dass der junge Hannoveraner-Hengst überlebte, hat er dem Verein Pferdeklappe in Schleswig-Holstein zu verdanken.
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Initiatorin Petra Teegen von der Hilfsorganisation aus Norderbrarup hörte von Clippy und handelte: "Die Züchter wollten ihn schlachten lassen. Ich habe sofort jemanden hingeschickt, der ihn abholt", erinnert sich die Tierschützerin.
Teegen gründete vor zwölf Jahren die Pferdeklappe, eine Auffangstation für kranke oder nicht mehr gewollte Pferde. Besitzer, die nicht mehr weiterwissen oder den Vierbeiner nicht mehr finanzieren können, können ihn bei dem Verein abgeben. Auf Wunsch auch anonym – wie in einer Babyklappe. Die meisten Pferde werden weitervermittelt, wenige bleiben auf dem Hof in Schleswig-Holstein.
Pferdefreunde spenden 15.000 Euro für Clippys Operation
Dass sie Clippy helfen wollte, war für Teegen keine Frage. "Es war gar nicht so leicht, eine Klinik zu finden, die bereit war, die Operation durchzuführen", blickt sie zurück. In Sittensen wurde sie fündig: "Doktor Olivier Brandenberger und Doktor Andrea Noguera hatten beide in ihrer Ausbildung schon einige Operationen von Pferden mit dem Wry-Nose-Syndrom begleitet. Sie sagten sofort, dass sie Clippy helfen wollen."
Gleichzeitig lief eine Spendenaktion: Innerhalb kürzester Zeit war die Hälfte der erforderlichen Summe zusammen. 15.000 Euro kamen aus Spenden, die andere Hälfte spendete die Klinik selbst. Mittlerweile ist der kleine Hengst ein Social-Media-Liebling: Tausende Pferdefreunde fiebern auf den Instagram- und Facebook-Seiten der Pferdeklappe mit ihm mit.
Seit Anfang Januar ist Clippy in der Klinik in Sittensen. "Um zu verstehen, wie die einzelnen Knochen und auch die Weichteile verformt waren, wurde zunächst ein CT gemacht", erklärt Noguera. Nicht nur der Kieferknochen und das Nasenbein waren schief gewachsen, auch alle Gefäße, Nerven und Muskeln.
Fohlen übersteht drei komplizierte Operationen
Die anschließende Operation war kompliziert: "Im ersten Schritt haben wir ein Stück der Nasenscheidewand entfernt. Dann wurde das Nasenbein durchtrennt und neu zusammengesetzt." Im dritten und letzten Schritt wurde der gesamte Oberkiefer durchtrennt. "Mithilfe von Platten und Schrauben wurde alles neu zusammengesetzt und fixiert", beschreibt die Ärztin ihr Vorgehen. Bereits kurz darauf der erste große Erfolg: Clippy konnte eingeweichtes Futter fressen und kurze Zeit später auch Heu.
Mitte April wurden die Platten am Nasenbein in einer zweiten Operation entfernt, Ende Mai folgte Operation Nummer drei und die Platten am Oberkiefer kamen wieder heraus. Auch den dritten Eingriff überstand das junge Pferd problemlos. Es scheint zu verstehen, dass die Menschen ihm helfen wollen und lässt alles brav über sich ergehen, wie Tierärztin Noguera erzählt.
Clippy darf bald sein Leben in Schleswig-Holstein genießen
Bald hat Clippy die Klinikzeit überstanden und darf zur Pferdeklappe nach Schleswig-Holstein ziehen. "Wir freuen uns schon sehr auf ihn", betont Teegen. Auch das werde auf den Sozialen Medien geteilt: "Uns ist es wichtig, dass die Welt weiß, dass man auch solchen Pferden helfen kann."
Auf dem Hof der Pferdeklappe kann sich Clippy erholen – in einer kleinen Hengstherde zusammen mit zwei Mini-Shetland-Ponys. "Die beiden sind so klein, dass sie seinen Kopf beim Buckeln nicht treffen können", sagt die Tierschützerin.
Clippy kann jetzt ein normales Reitpferd werden
Aus Nogueras Sicht kann Clippy ein normales Reitpferd werden. "Wenn die Heilung weiterhin gut verläuft, spricht nichts dagegen." Am liebsten hätte die Tierärztin den jungen Hengst selbst behalten. "Er ist uns allen sehr ans Herz gewachsen und beim Abschied werden sicher einige Tränen fließen." Leider habe sie zu wenig Zeit für ein eigenes Pferd.
Wo Clippy ein dauerhaftes Zuhause findet, ist unklar. Interessenten können sich bei der Pferdeklappe bewerben, sobald die Tierärzte ihr Okay für die Vermittlung geben. "Den Bewerbungsstart teilen wir auf unseren Social-Media-Seiten mit, wenn alles verheilt und gefestigt ist. Das wird noch etwas dauern", erklärt Teegen. Die Pferdeklappe will alles dafür tun, dass Clippy ein Fünf-Sterne-Zuhause bekommt.
- Nachrichtenagentur dpa