t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeRegionalDortmund

Getöteter Jugendlicher: Tausende fordern Gerechtigkeit für Mouhamed D.


Proteste gegen Polizeigewalt
Hunderte fordern Gerechtigkeit für erschossenen 16-Jährigen


Aktualisiert am 25.11.2022Lesedauer: 3 Min.
Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Die Demonstranten zogen von der Katharinentreppe zur Wache Nord. Anschließend ging's auf den Friedensplatz.Vergrößern des Bildes
Die Demonstranten zogen von der Katharinentreppe zur Wache Nord. Anschließend ging's auf den Friedensplatz. (Quelle: Leopold Achilles)

Über 1.000 Menschen haben in Dortmund gegen angebliche Polizeigewalt im Fall "Mouhamed" protestiert. Diese sei ein strukturelles Problem in Deutschland.

Der Fall "Mouhamed" sorgt in Dortmund weiter für Aufsehen: Mehr als tausend Menschen gingen am Samstag in Dortmund auf die Straße, um für Gerechtigkeit für Mouhamed D. zu demonstrieren. Der 16-jährige Senegalese war im August von einem Polizisten mit vier Schüssen aus einer Maschinenpistole getötet worden.

Die Demonstranten zogen vom Platz der deutschen Einheit am Bahnhof zur Polizeiwache Nord in der Münsterstraße, anschließend ging es weiter zum Friedensplatz. Die Polizei spricht von etwa 1.200 Teilnehmern, der Solidaritätskreis Mouhamed von 2.400 Teilnehmern.

Der Vorwurf willkürlicher Polizeigewalt steht seit Bekanntwerden des Tods des Jugendlichen im Raum. Zu dem tödlichen Einsatz kam es am 8. August auf dem Gelände einer Jugendeinrichtung. Neue Details zum Tathergang haben dem Vorwurf der Demonstranten immer wieder neuen Auftrieb gegeben. Der Abschlussbericht der Staatsanwaltschaft zu der Frage, ob der Beamte in Notwehr gehandelt habe, steht noch aus.

Empfohlener externer Inhalt
X
X

Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.

"Justice vor Mouhamed" und "Black Lives Matter" skandierte der Demozug immer wieder auf dem Weg zur Polizeiwache Nord. Vor der Wache machten die Demonstranten halt. Hier forderten sie lautstark die Schließung der Dienststelle und riefen immer wieder "Mörder, Mörder, Mörder."

Die Wache im Dortmunder Norden rückte im Zuge der Ermittlungen im Fall Mouhamed D. besonders in den Fokus. Die Nordstadt habe sich in den vergangenen Jahren "zum Experimentierfeld verschiedenster Repressionsstrategien" der Polizei entwickelt, teilte der Solidaritätskreis Mouhamed vor der Protestveranstaltung mit.

Empfohlener externer Inhalt
X
X

Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.

"Anlasslose 'Schwerpunktkontrollen', wöchentliche Razzien durch Hundertschaften, Zivilkräfte, die außerhalb jeder Rechenschaft regelrecht Jagd auf Menschen machen" wirft das Bündnis der Polizei vor. Zudem sei die Wache Nord laut dem Bündnis eine "Blackbox, in deren Gewahrsamszellen Menschen misshandelt werden".

"Hinweisen auf konkretes Fehlverhalten von Beamten gehen wir in jedem Einzelfall im Rahmen von Straf- und Disziplinarverfahren nach. Pauschalverdächtigungen ohne konkrete und substanziierte Vorwürfe lassen sich dagegen kaum überprüfen" teilte die Polizei t-online zu den Vorwürfen mit. "Ein aktuelles Controlling der eingegangenen Beschwerden hat keine Auffälligkeiten im Wachbereich Nord in Bezug auf gewaltsames Handeln von Einsatzkräften gezeigt, weder verbal noch physisch", so die Polizei weiter.

Hunderte Polizisten begleiteten den Protestmarsch am Samstag, der nach der Zwischenkundgebung vor der Polizeiwache weiter am Dortmunder U und Weihnachtsmarkt vorbei auf den Friedensplatz in der Innenstadt zog.

"Ich möchte nicht mehr weinen"

Auf dem Friedensplatz machten Redner und Rednerinnen verschiedener Bürgerinitiativen vermehrt darauf aufmerksam, dass der Fall "Mouhamed" kein Einzelfall sei. "Es gibt 1.000 Menschen wie Mouhamed", sagte etwa ein Sprecher der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh klar. Oury Jalloh war 2005 in einer Gefängniszelle in Dessau in Sachsen-Anhalt verbrannt. Der Todesfall in der Zelle der Behörde ist bis heute nicht hinreichend aufgeklärt.

Seit der Wiedervereinigung seien 318 Menschen durch Schusswaffen bei Polizeieinsätzen getötet worden. "Fast jedes Jahr wurde ein Bruder, eine Schwester ermordet. Es ist keine Überraschung, dass wir als Schwarzer oder People of Colour ermordet wurden. Das hat System", so der Initiativen-Sprecher. "Die Polizeibeamten, die hier neben uns sind, die haben das gelernt, Menschen zu töten. Ich habe irgendwann aufgehört, traurig zu werden, ich möchte nicht mehr weinen."

Bericht: Mouhamed wurde vor Taser nicht gewarnt

Neue Details zum Tathergang, die der WDR und "Der Spiegel" vergangene Woche veröffentlichten, gaben dem Vorwurf der Demonstranten von willkürlicher Gewalt beim Einsatz neuen Auftrieb. Laut dem WDR sollen am Einsatz beteiligte Einsatzkräfte der Polizei ausgesagt haben, dass Mouhamed zu keinem Zeitpunkt aggressiv gewesen sei. Zudem sei der 16-Jährige nicht gewarnt worden, bevor die Polizei Pfefferspray und Taser gegen ihn einsetzte.

Erst nachdem der Einsatzleiter angewiesen habe, Pfefferspray einzusetzen, sollen der Einsatz und die Situation eskaliert sein. Nicht einmal 20 Sekunden sollen zwischen dem Versprühen des Pfeffersprays und den Polizeischüssen vergangen sein. Die Polizei war zur Jugendeinrichtung in der Nordstadt gerufen worden, weil der 16-Jährige laut Angaben der Polizei mit einem Messer gedroht haben soll, sich das Leben zu nehmen.

Zum Abschluss der Demonstration hoben alle Teilnehmende demonstrativ ihre Smartphone-Lichter in die Luft – dann wurde gefeiert, denn das sei der Wunsch der Familie von Mouhamed, sagte eine Mitorganisatorin. "Im muslimischen Glauben darf und soll nach 40 Tagen Trauer gefeiert werden, um so dem Verstorbenen weiter Ehre zu erweisen", so die Veranstalterin.

Anmerkung: In einer vorherigen Version des Artikels hieß es, Mouhamed wurde mit elf Polizeischüssen getötet. Wir haben den Fehler korrigiert.

Verwendete Quellen
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website