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Flutkatastrophe NRW: Dortmunder bangen um Existenz – "stecken Schweiß und Tränen drin"


Flutkatastrophe in NRW
Existenzangst: "Hier drin stecken Schweiß und Tränen"

Von Sophie Schädel

Aktualisiert am 16.07.2021Lesedauer: 3 Min.
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Halis Maif mit seiner Schwester: Ihr gehört der Dönerimbiss in der Dortmunder Nordstadt.Vergrößern des Bildes
Halis Maif mit seiner Schwester: Ihr gehört der Dönerimbiss in der Dortmunder Nordstadt. (Quelle: Sophie Schädel)

In der Dortmunder Nordstadt versuchen zwei Ladenbesitzer, zu retten, was von ihren Geschäften nach dem Hochwasser übrig ist. Wie geht man damit um, wenn eine Überschwemmung droht, die eigene Existenz zu zerstören?

Die Brunnenstraße in der Dortmunder Nordstadt hat am Mittwoch unter Wasser gestanden. Auch ein Dönerladen und ein Kiosk blieben von den Wassermassen nicht verschont.

"Noch ein, zwei Straßen von hier sah alles ganz normal aus", erinnert sich Halis Maif, der auf einen Hilferuf seiner Schwester reagierte. Das Hochwasser war in ihren Dönerimbiss eingedrungen. Als er in die Brunnenstraße bog, sah der 30-Jährige, was seine Schwester so in Schrecken versetzt hatte: "Da sind ganze Autos versunken."

Lebensmittel weggeschmissen – stundenlang geputzt

Halis Maif schaffte es durch die Flut in den Laden und stand seiner Schwester bei. "Sie ist fast durchgedreht! Ich habe ihr immer gesagt: Zum Glück bist du versichert. Du wirst den Laden wieder aufmachen können." Den Laden betreibt seine Schwester seit wenigen Jahren. "Sie steht hier jeden Tag, hier drin stecken ihr Schweiß und ihre Tränen."

Alles Obst und Gemüse wurden vom Brackwasser geflutet und musste weggeworfen werden. Aber der Pegel blieb wie durch ein Wunder wenige Zentimeter unter dem Motor der Kühlung stehen. "Sonst hätten wir das ganze Fleisch auch wegschmeißen müssen", erzählt Maif erleichtert.

Und so können Maif und seine Schwester am heutigen Donnerstag trotz der Katastrophe Essen und Getränke verkaufen und ihre Gäste im Ladenlokal empfangen. Sie haben stundenlang geputzt, bis der Matsch und der Gestank nach Kläranlage und Chemikalien weg war. Wenn man sich jetzt im Imbiss umschaut, könnte man meinen, es wäre nichts geschehen.

Kioskbetreiber hat keine Versicherung

Auch der Kiosk gegenüber hat schon wieder geöffnet, doch der Besitzer Oktas Yasin macht sich große Sorgen, denn anders als der Imbiss ist sein Kiosk für solche Fälle nicht versichert. Auf mindestens 3.000 oder 4.000 Euro schätzt er den Schaden. Der Ladenbesitzer weiß nicht, ob die Hausverwaltung die Kosten übernimmt, sonst bleibt er darauf sitzen. Ein teurer Laptop ist der Flut zum Opfer gefallen, und alle Snacks, Getränke und anderen Waren, die weit unten in den Regalen oder hinten im angrenzenden Lagerraum waren, sind über Nacht zu Müll geworden.

Was ist, wenn er das alles selbst ersetzen muss? Den Gedanken schiebt Yasin weit weg. "Ich will gar nicht darüber nachdenken. Das wird schon", sagt er schnell und bemüht sich, positiv zu klingen. "Muss ja."

Wasser kam von überall

Als das Wasser in seinen Kiosk drang, war Yasin selbst gerade nicht im Laden. Nachbarin Sina Knop, die öfter hier einspringt, half aus und musste ihn anrufen, als sie sah, wie draußen das Wasser aus den Gullys schoss. "Das kommt hier immer, immer näher", so ihre Worte. "Mach die Tür zu", war Yasins erste Antwort. Dann machte er sich auf den Weg zu seinem Geschäft.

Der Laden liegt ebenerdig – schlechte Voraussetzungen bei einer solchen Katastrophe. Sina Knop zog alle Kabel aus den Steckdosen, um einen Kurzschluss zu vermeiden, und hielt dann von innen gegen die Tür. So konnte sie das Gröbste abhalten, bis Inhaber Oktas Yasin ankam und anpackte.

Mittlerweile strömte das Wasser auch von hinten aus dem Keller in das Lager und den angrenzenden Verkaufsraum. Die beiden kippten das Wasser in großen Mülleimern nach draußen. Erst kamen sie nicht nach: Es kam schneller Wasser in den Laden geströmt, als sie herausschaffen konnten. Draußen stand es ungefähr einer Meter hoch.

Hochwasser in Essen: Zurück zur Normalität

Nach mehreren Stunden schließlich rückte die Feuerwehr an. Etwa 400 Einsätze zählt die Einsatzbilanz in ganz Dortmund. Sie sorgte dafür, dass das Wasser wieder durch die Kanalisation abfließen konnte. Dann endlich sank der Pegel langsam.

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Wie auch Halis Maif und seine Schwester im Imbiss gegenüber schrubbten Yasin und seine Helferin stundenlang, bis alles wieder sauber war. Mehrere Nachbarn packten mit an. Jetzt sind alle müde. Sina Knop tun der Rücken, die Beine und Arme weh von der Anstrengung, Oktas Yasin hat Kopfschmerzen nach der sorgenvollen Nacht. Doch der Laden lebt weiter, Kunden kaufen sich hier ihre Limonade. Und im Imbiss gegenüber trinken sie Tee und holen sich etwas zu essen. Der Schrecken sitzt tief, aber die Brunnenstraße kämpft sich zurück in den Alltag.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräche mit den Protagonisten
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