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Zahlreiche Rechtsextreme bei Beerdigung von "SS-Siggi"
Im Oktober verstarb der Dortmunder Neonazi Siegfried Borchardt. Nun wurde er beerdigt. Zahlreiche Rechtsextremisten versammelten sich zur Beisetzung.
Der weit ĂŒber die Stadtgrenzen bekannte Dortmunder Neonazi Siegfried Borchardt ist am Freitag auf dem Hauptfriedhof in Dortmund beerdigt worden. Stadt und Polizei bereiteten sich auf den Tag vor, da sie viele Personen aus dem rechten Milieu erwarteten.
Laut eines Reporters vor Ort nahmen rund 150 Rechtsextreme an der Beerdigung teil. Die Polizei sprach von 250 Teilnehmern. Im Vorfeld wurden 200 TrauergĂ€ste angekĂŒndigt. Bei der Ankunft trugen sie demnach KrĂ€nze und Blumen, sowie zwei kleine StĂ€nde mit Siegfried Borchardts Bild.
"SS-Siggi" wird beerdigt: Reporter wird bedrÀngt
Die Polizei twitterte am Morgen, dass sie "mit aller Konsequenz gegen StraftĂ€ter vorgehen" wolle. Ein Reporter wurde von den Rechtsextremisten bedrĂ€ngt. Die "Ruhr Nachrichten" berichten auĂerdem von Fotografen, die von den Neonazis beleidigt wurden.
Ansonsten verlief die Anreise der Teilnehmer ohne gröĂere Vorkommnisse. Die Stimmung vor Ort war ruhig. Die Trauerfeier dauerte eine halbe Stunde, danach gingen die Teilnehmer in Kleingruppen zum Grab von Siegfried Borchardt.
Die Stadt kĂŒndigte im Vorfeld an, eine PilgerstĂ€tte fĂŒr Rechtsextremisten verhindern zu wollen. Ein Sprecher der Stadt sagte den "Ruhr Nachrichten": "Die Beisetzung ist keine politische Versammlung und findet somit vor dem Hintergrund der Vorgaben der Friedhofssatzung der Stadt Dortmund statt."
Experte warnte vor Glorifizierung des Verstorbenen
HeiĂt: In geschlossenen RĂ€umen galt die 3G- und unter freiem Himmel die Abstandsregeln. Eine Maskenpflicht im Freien gab es nicht. Laut des Reporters trugen die wenigsten einen Mund-Nasen-Schutz. Es war demnach die Aufgabe des Veranstalters und des Bestattungsunternehmens, die Regeln zu kontrollieren.
Obwohl es sich offiziell lediglich um eine Trauerfeier handelte, skandierten Redner laut des Reporters vereinzelt politische Parolen. Die Teilnehmenden schienen demnach verunsichert, ob sie â wie bei einer rechten Demonstration â applaudieren sollten. Sie standen stattdessen still in der KĂ€lte. Sowohl die Stadt Dortmund als auch die Polizei wollten am Freitag keine Statements geben, "da es sich um eine private Trauerfeier handelt".
Siegfried Borchardt verstarb bereits am 3. Oktober des vergangenen Jahres. Zu Lebzeiten war "SS Siggi" fĂŒr mehrere neonazistische Gruppierungen und Parteien aktiv. Er saĂ mehrfach wegen Körperverletzung in Haft und mischte in der rechten Hooliganszene nicht unerheblich mit.
Im rechten Milieu war er weit ĂŒber die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Bereits kurz nach dem Tod Borchardts im Oktober zogen 480 Neonazis in einem "Trauermarsch" durch die Stadt. Die Polizei bewachte die Versammlung.
Rechtsstreit um RuhestÀtte
Davor hatte ein Rechtsextremismus-Experte im GesprĂ€ch mit t-online gewarnt. Leroy Böthel, von der örtlichen Mobilen Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus, befĂŒrchtete eine Glorifizierung von "SS-Siggi", denn solche Veranstaltungen dieser GröĂen in der Neonaziszene seien "ein hochsymbolischer Akt, der natĂŒrlich oft auch politisch gerahmt wird". "Solche Veranstaltungen haben fĂŒr die Szene schon eine gewisse Wirkung", so Böthel.
Er erinnerte an die Beerdigung der frĂŒheren FĂŒhrungsfigur der 1995 verbotenen Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP), Friedhelm Busse. Dort legten Neonazis eine Reichskriegsflagge samt Hakenkreuz auf den Sarg. Das wollte die Stadt vehement verhindern. Borchardt und Busse waren eng verbunden.
Mit Blick auf die RuhestĂ€tte des Neonazis kam es zuletzt zu einem Rechtsstreit. Die Stadt schlug eine anonyme Bestattung vor. Ein gesetzlicher Vertreter der Familie â laut des Portals "Norstadtblogger" der Neonazi Alexander Deptolla â lehnte das ab. In einem Eilverfahren hatte das Verwaltungsgericht fĂŒr den "TotenfĂŒrsorgeberechtigten" entschieden.
Das Grab des Neonazis sollte laut "Ruhr Nachrichten" mit einer Steintafel verschlossen werden. Diese werde noch keine Aufschrift tragen, heiĂt es. Die Gestaltung der GrabstĂ€tte ist demnach noch Gegenstand des Hauptverfahrens vor dem Verwaltungsgericht.