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Karslruhe: Zu Besuch in der Maßschneiderei von Vera Grünwald


"War nicht mein Traumberuf"
Die Schneidermeisterin von Karlsruhe

Von Ariane Lindemann

13.09.2019Lesedauer: 3 Min.
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Schneidermeisterin Grünwald: Sie ist die einzige Herrenmaßschneiderin in Karlsruhe, die einen Meistertitel trägt.Vergrößern des Bildes
Schneidermeisterin Grünwald: Sie ist die einzige Herrenmaßschneiderin in Karlsruhe, die einen Meistertitel trägt. (Quelle: Wesner/Vera Grünwald)

Vera Grünwald ist die einzige Herrenmaßschneiderin mit Meistertitel der Stadt Karlsruhe. Seit 35 Jahren fertigt sie Anzüge, Hosen, Mäntel und sogar historische Kostüme für ihre Kunden an. Gibt es einen modischen Wunsch, den sie nicht erfüllen kann? t-online.de hat die Schneiderin in ihrem Atelier in der Beiertheimer Allee besucht.

Vera Grünwald ist die einzige Maßschneiderin für Herrenmode in Karlsruhe, die einen Meistertitel vorweisen kann. Dabei wollte die in Bautzen geborene Schneidermeisterin mal etwas ganz anderes werden.

"Herrenmaßschneiderin war nie mein Traumberuf", erzählt Vera Grünwald. Sie sitzt – umgeben von Büchern – in einem eleganten Samtsessel und begutachtet Stoffmuster. Sie wollte Flugbegleiterin werden. Mit Charme und voller Anmut empfängt sie ihre Kunden in ihrem Atelier in der Karlsruher Innenstadt. "Das Schneiderhandwerk hat sich in den letzten Jahren gewandelt“", sagt Vera Grünwald. "Einerseits sind die Maschinen moderner, aber auch die Stoffe sind im Vergleich zu früher leichter geworden", so die Expertin. "Angora oder Kamelhaare beispielsweise bringen Weichheit und Leichtigkeit in den Stoff."

Weit über Karlsruhe hinaus bekannt

In ihrem Atelier in der Beiertheimer Allee hängen fertige Westen auf Bügeln nebst unfertigen Anzügen auf Kleiderständern. Auf einem antiken Schrank liegen Musterbücher, denen man schon von außen ansieht, wie kostbar ihr Innenleben ist. Daneben stapeln sich Boxen mit Knöpfen aus edlen Materialien. An der Wand hängend Diplome. Sie verraten die professionelle Ausbildung der Maßschneiderin, die sich auch weit über Karlsruhe hinaus einen Namen gemacht hat.

2.000 Euro pro Meter Stoff

Wie schnell man bei den Stoffen in einen sehr luxuriösen Bereich kommt, kann man auf den Etiketten der Musterbücher lesen. Stoffe mit Lapislazuli-Pigmenten oder Diamantstaub finden sich hier. Was ein Meter Stoff kostet? "Da kommt man schnell auf 2.000 Euro pro Meter," sagt Grünwald. Für einen Anzug sind etwa dreieinhalb Meter Stoff nötig. Das kann schnell teuer werden. "Solche Stoffe werden aber eher selten gewünscht," räumt die Schneidermeisterin ein. "Meine Anzüge sind bezahlbar. Aber meine Kunden wissen auch, was ein guter Anzug wert ist. Sonst würden sie gar nicht erst kommen."

Stoffe und Knöpfe aussuchen, abstecken, Schnitt anfertigen, nähen und mehrere Anproben – ein Maßanzug ist aufwendig und braucht viel Zeit. Bis zur Generalanprobe mit Hemd und Schuhen, damit man das Endergebnis optimal beurteilen kann, vergehen oft mehrere Wochen.

Eine Software unterstützt die Schneiderin dabei, auch mal kostengünstigere Anzüge anfertigen zu können. Vera Grünwald nimmt dann nur noch Maß, näht die Anzüge aber nicht mehr selbst, sondern lässt sie nähen. "In Deutschland," wie sie betont. "Auch diese Anzüge haben Top-Qualität. Die meisten meiner Kunden legen allerdings großen Wert auf Handarbeit." Auch ihr Smokingverleih laufe gut, sagt sie.

Ideal für Kunden mit Problemzonen

"Fast jeder hat irgendwo eine kleinere oder größere 'Problemzone'", sagt Grünwald. Sie habe Kunden mit Rundrücken oder Hohlkreuz, schmalen oder breiten Schultern. Auch welche mit sehr großem Bauchumfang oder mit einer Behinderung. "Diese könnten sich niemals einen normalen Anzug kaufen", sagt Grünwald. Die Herrenschneiderin hat in den letzten Jahren eine besondere Nische gefunden. Weil die wenigsten Männer klassische Konfektionsgrößen tragen können, hat sie sich gerade jenen besonders verschrieben. Und dann sind da noch ältere Herren, die nicht rausgehen möchten. Bei denen macht sie auch Hausbesuche.

Mehr als nur Anzüge

Doch nicht nur Anzüge gehen über ihre schicke Schneidertheke. Auch Wildleder- und Sportsakkos oder Blousons sind gefragt. Kürzlich hat sie sogar ein historisches Hochzeitskostüm aus dem 17. Jahrhundert für einen Bräutigam aus Baden-Baden geschneidert. "Dafür braucht man Spezialstoffe und Spezialschnitte. Und man muss sich gut auskennen in der internationalen Modegeschichte."


Dass sie doch nicht Flugbegleiterin geworden ist, bedauert sie nicht. "Nähen ist mittlerweile zu meiner Berufung geworden. Ich habe gemerkt, dass es viele Menschen gibt, die keine gut sitzenden Kleidungsstücke im Handel bekommen. Ein Anzug ist ja wie eine zweite Haut. Und die muss einfach sitzen."

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