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Dreifachmord-Prozess: Ehefrau fühlte sich bedroht


Kiel
Dreifachmord-Prozess: Ehefrau fühlte sich bedroht

Von dpa
03.03.2022Lesedauer: 3 Min.
Tödliche Schüsse von DänischenhagenVergrößern des BildesPolizisten untersuchen ein Haus in Dänischenhagen bei Kiel, in mehrere Tote gefunden wurden. (Quelle: Axel Heimken/dpa/Archivbild/dpa-bilder)
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Die Ehefrau des wegen Dreifachmordes angeklagten Zahnarztes aus Westensee (Kreis Rendsburg-Eckernförde) hat sich von ihrem Mann offenbar ganz akut bedroht gefühlt. Vor dem Kieler Landgericht sagte am Donnerstag ein Zeuge, die 43-Jährige habe ihm noch kurz vor ihrem Tod gesagt: "Hoffentlich erschießt er nur sich selbst". Sie habe gesagt, dass ihr Ehemann sie verprügelte und ums Haus schlich. Sie habe deshalb Kameras installieren lassen. "Auch ich habe mir Sorgen gemacht", sagte der Zeuge.

Der Zeuge lernte die 43-Jährige demnach über Tinder kennen, wo sie ihn gelikt habe. Auch er habe sich von dem Mann bedroht gefühlt, sagte er. Denn der 48-Jährige sei sechs Tage, bevor die Frau ermordet wurde, an seinem Haus vorbeigefahren, habe kurz gestoppt, böse durch das Fenster geguckt und sei dann weiter gefahren. "Ich habe mich bedroht gefühlt", sagte er. Die Beziehung zwischen ihm und der 43-Jährigen sei seinerseits vorsorglich reine Freundschaft ohne körperliche Kontakte gewesen. Sie habe über ihre Probleme sprechen wollen. Ob sie mehr wollte, könne er nicht sagen.

Zuvor hatten zwei Frauen ausgesagt, mit denen der Angeklagte Affären gehabt haben soll. Die eine war frühere Arzthelferin des Zahnarztes, mit der er in der Justizvollzugsanstalt Neumünster arbeitete. Die andere war damals Beamtin in der JVA Kiel, in der der 48-Jährige ebenfalls als Zahnarzt tätig war. Über mögliche intime Kontakte wurden beide Zeuginnen zum Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte auf Anordnung des Gerichts unter Ausschluss der Öffentlichkeit befragt.

Von der mutmaßlichen Affäre des Angeklagten mit der 45-jährigen Arzthelferin soll die Ehefrau erfahren haben. Denn die Arzthelferin soll auf einem Ball in der JVA Neumünster vor den Augen der Ehefrau aus dem Glas des Zahnarztes getrunken haben. Zudem soll die Ehefrau Sex zwischen beiden heimlich auf einem Tonband in der Praxis ihres Mannes mitgeschnitten und abgehört haben. Die Seitensprünge ihres Mannes und darüber hinaus seine spätere Gewalttätigkeit im November 2020 gegen seine Ehefrau sollen zur Trennung und der Katastrophe geführt haben.

Im öffentlichen Teil beschrieben die beiden Frauen den Zahnarzt als bis zur Selbstaufgabe "empathisch und absolut übertrieben hilfsbereit". Ihm sei aber "alles über den Kopf gewachsen", sagte die Arzthelferin, die von 2015 bis 2020 für ihn in der JVA Neumünster und seiner Praxis arbeitete. Das Anstellungsverhältnis endete demnach, als die Ehefrau hinter den Ehebruch kam. Der Zahnarzt sei hoch verschuldet gewesen. Er habe nicht gewusst, wie er die neue Praxis in Gang bringen solle und beklagt, dass seine Ehefrau sich mehr um ihre Pferde als um die vier gemeinsamen Kinder kümmere. Sie habe mit seiner Zustimmung wieder ihr Zahnarzt-Studium aufgenommen. Er dagegen habe sich um die Minderjährigen gekümmert.

Angesichts seiner Hilfsbereitschaft auch gegenüber allen anderen habe sie ihm gesagt: "Du bist zu gut für diese Welt", berichtete die Frau unter Tränen. Im Hinblick auf den angeklagten dreifachen Mord sagte sie: "Er kann mitfühlen, deshalb verstehe ich das nicht. So kenn' ich ihn nicht." Sie habe allerdings auch beobachtet, dass "er nach außen lächelte, aber die Faust in der Tasche ballte".

Die zweite Zeugin, die in der JVA Kiel arbeitete, während auch der Angeklagte dort tätig war, berichtete, dass auch sie den Mann als "fürsorglichen Vater" wahrnahm, der sich um die Kinder sorgte und beklagte, sie seien oftmals allein. Sie habe auch die Ehefrau gekannt, die erzählt habe, dass sie Angst habe, dass "er sie erschießen würde, weil er so viele Waffen habe, auch Waffen, von denen niemand weiß". Auch die Herkunft der Maschinenpistole, mit der ihr Mann sie und ihren neuen Bekannten erschossen haben soll, ist nach Angaben des Gerichtes immer noch ungeklärt.

Nach Worten der Zeugin stellte sich die Ehefrau nach dessen Gewaltübergriff im November 2020 "ihre Zukunft ohne ihren Mann vor". Beide hätten darüber gescherzt, dass die Ehefrau sich auf einer Kontaktplattform im Internet angemeldet hatte und darüber, wer sie schon mit vier Kindern nehmen würde. Ihr Mann erfuhr nach Zeugenaussagen davon und reagierte unter anderem damit, dass er seine Frau überwachte und einen GPS-Sender an ihrem Wagen installierte.

Am 19. Mai 2021 verfolgte er sie laut Anklage in einem Leihwagen zu ihrem neuen Bekannten nach Dänischenhagen, dessen Grundstück er zuvor ausspioniert haben soll. Dort soll er die 43-Jährige und den zehn Jahre älteren Bekannten mit einer Maschinenpistole erschossen und danach in Kiel noch einen gemeinsamen Bekannten des Ehepaares getötet haben - mit einer halbautomatischen Pistole. Mit dieser Waffe stellte er sich am Tatabend in Hamburg der Polizei.

Der Prozess wird fortgesetzt.

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