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Corona-Krise im Amateurfußball: Besuch bei Arminia Köln


Arminia Zollstock
So hart trifft die Krise einen Kölner Fußballklub


15.01.2021Lesedauer: 3 Min.
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Das Haupttor zum Fußballplatz in Köln-Zollstock: Nichts geht im Moment. Was wird, ist ungewiss.Vergrößern des Bildes
Nichts geht im Moment in Köln-Zollstock. Was wird, ist ungewiss. (Quelle: Stefan Rahmann)

Wie geht es in einem unterklassigen Verein zu, wenn wegen Corona über Monate der Spielbetrieb ruht? Unser Autor hat den Kölner Klub Arminia Zollstock (Kreisliga D) besucht.

Ein feucht-eisiger Wind fegt die letzten Blätter von den Bäumen auf den Aschenplatz der Arminia 09. Platzwart Wilfried Kura hat jede Menge Arbeit. Aber die Blätter sind noch das geringste Problem. Zorn steigt in ihm hoch, wenn er an die Plage auf seiner Anlage denkt. "Ich kann ein Kaninchenloch zumachen und einmal um den Platz gehen, dann ist es wieder auf." Kura muss sogar die Tornetze hochbinden. "Die sind zwar aus Kunststoff. Aber die Kaninchen fressen die trotzdem."

Keine Spiele, kein Training, keine Menschen

Ist es Melancholie, mit der man die Stimmung auf dem Vereinsgelände neben dem Zollstocker Schwimmbad im Vorgebirgspark in diesen Tagen am besten beschreibt? Marlene Kura formuliert präziser: "Es ist gerade absolut trostlos."

Keine Spiele, kein Training, keine Menschen. Außer dem Ehepaar Kura ist niemand auf der Anlage. Und das wird auch absehbar so bleiben. Die Hinrunde der Saison in den Amateurklassen ist ausgesetzt. Und ob im Frühjahr wieder gespielt wird, weiß niemand. Würde man Marlene Kura die gute Seele des Vereins nennen, wäre das wohl eine Untertreibung. Sie ist 1. Vorsitzende von Arminia Zollstock, Geschäftsführerin und Abteilungsleiterin für die Herren, die Frauen und die Alten Herren. Und Jugendleiterin ist sie auch. Das Ganze ist Ämterhäufung aus purer Not. "Man findet ja heute kaum noch jemand, der sich engagiert." Marlene Kura gehört zu den wenigen. Vor 36 Jahren fing sie bei der Arminia als Jugendleiterin an. Seit 16 Jahren ist sie Vorsitzende.

Und weit und breit ist niemand in Sicht, der sich für die Nachfolge aufdrängt. Eigentlich hat sie damals nur einen Fußballverein für ihren Sohn gesucht, doch die Arminia und damit ihre Lebensaufgabe gefunden. Nach einer kurzen Karriere als Verteidigerin in der Frauenmannschaft übernahm sie immer mehr Aufgaben im Management.

Mitglieder treten aus

Dass momentan der Spielbetrieb ruht, macht die Arbeit der Vorsitzenden nicht leichter. "Etliche Mitglieder treten aus. Andere fordern ihre Beiträge zurück", berichtet die 70-Jährige. Dabei war man mit großen Erwartungen in die Saison gestartet. Die erste Mannschaft sollte aufsteigen. "Alle haben gesagt, dass die wirklich gute Chancen gehabt hätte", trauert Marlene Kura der bis auf weiteres verpassten Gelegenheit nach. "Aber vielleicht wird ja nur eine Halbserie gewertet." Die Hoffnung lebt bei der Arminia.

Der Club hat drei Herrenmannschaften am Start. Sie spielen allesamt in der vierten Kreisklasse. Die erste Mannschaft besteht aus Spielern, die sich privat kennen, befreundet sind und beschlossen haben, gemeinsam in einem Team zu kicken. "In der zweiten Mannschaft spielen nur Perser. Die haben sich uns auch irgendwann angeschlossen", erzählt Marlene Kura. Die Dritte ist ein Projekt des Rheinflanke e.V. Diese Mannschaft besteht aus Geflüchteten. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Rheinflanke arbeiten für die Verbesserung von Zukunftsperspektiven von Kindern und Jugendlichen. Die Herrenmannschaft bei Arminia Zollstock ist eine Ausnahme. Sport dient bei allen Rheinflanke-Projekten als Motor und niedrigschwelliger Ansatz.

Marlene Kura beklagt den Verfall der Sitten. "Es gibt Spieler von anderen Clubs, die wollen nur zu uns kommen, wenn wir ihnen Geld geben. In der Kreisklasse D. Das muss man sich mal vorstellen." Natürlich erziele man keine Einnahmen durch Eintrittsgelder. "4. Kreisklasse und Eintritt? Die Leute lachen uns doch aus." Am Leben hält den Verein ein jährlicher städtischer Zuschuss.

Die Arminia schickt auch einige Jugendteams in die Wettbewerbe. Eine F-, drei E-, zwei D- und eine A-Jugend-Mannschaft. Aber da ist auch nicht alles Gold. "Alle Vereine um uns herum haben Kunstrasenplätze. Darauf wollen die Jungen und Mädchen spielen. Asche ist nicht mehr angesagt", weiß Marlene Kura.

"Wir sind ein Verwahrort"

Es war mal anders. Martinsfeste hat man gefeiert mit 500 Leuten auf dem Platz. "Heute sind kaum noch Eltern beim Training oder bei den Spielen. Die Kinder steigen aus den SUVs, die Eltern fahren weiter. Wir sind ein reiner Verwahrort geworden." Eine Kooperation mit der Jugendabteilung der großen Fortuna hat vor ein paar Jahren nicht geklappt. "Wir wollten, dass einige unserer Mannschaften auf dem Platz der Arminia trainieren. Die Stadtverwaltung aber befürchtete Ärger mit den Nachbarn wegen Lärmbelästigung", erinnerte sich Fortuna-Präsident Hanns-Jörg Westendorf vor kurzem.

Aber allen Widrigkeiten zum Trotz: Sie machen natürlich weiter bei der Arminia. Die Bewerbung für einen Kunstrasenplatz ist längst raus. Der Aufstieg der ersten Mannschaft ist nur aufgeschoben. Und wenn der Spielbetrieb wieder losgeht, ist der Platz tiptop. Das ist für den Platzwart Ehrensache.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Marlene Kura
  • Gespräch mit Hanns-Jörg Westendorf
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