"Legida 2.0 verhindern" Energiedemos: Massiver Gegenprotest in Leipzig angekündigt
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ein Bündnis hat in Leipzig massiven Protest gegen Energiedemos angekündigt. Am vorigen Montag war es in deren Umfeld zu Gewalt gekommen.
Auf einer Pressekonferenz am Freitagvormittag hat ein breites Demokratiebündnis in Leipzig massiven Protest für den kommenden Montag angekündigt. Dieser richtet sich gegen einen erneuten Aufzug mit dem Titel "Für Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung" in Leipzig, bei dem am Montag wieder gegen hohe Energiepreise und die Russlandpolitik der Regierung protestiert werden soll.
Bei diesen Energiedemos oder neuen "Montagsdemos" gehen seit einigen Wochen Bürger auch in Leipzig auf die Straße. Am vergangenen Montag waren dies allein in der Messestadt laut Polizei etwa 2.500 Menschen.
Leipzig: Rechte Gewalttat bringt Menschen auf die Straße
Am Rande der Demo vom letzten Montag kam es zu einem Angriff mutmaßlich rechter Schläger aus der Energiedemo heraus auf teilweise minderjährige Gegendemonstranten.
Vier der Gegendemonstranten mussten im Krankenhaus behandelt werden. Bei einem 14-jährigen Mädchen bestand der Verdacht auf eine Wirbelverletzung. Ein anderes Opfer hatte abgebrochene Zähne. Die Täter entkamen unerkannt.
Der Polizei wurde in der Folge vorgeworfen, dass sie die Verletzten als Verdächtige behandelt habe, statt die Täter zu verfolgen. Auf einem Video war zu sehen, wie Polizeikräfte die verletzten Jugendlichen mit Gewalt über Straßenbahngleise ziehen. Die Stimmung in Leipzig ist seitdem aufgeheizt.
Erinnerungen an Legida werden wach
Anlässlich dieses Vorfalls und der hohen Teilnehmerzahl der von teils rechten Gruppen organisierten Energiedemos bildete sich nun in Leipzig ein breites Bündnis zivilgesellschaftlicher Gruppen, um den Gegenprotest zu organisieren.
Unter dem Motto "Legida 2.0 verhindern" greifen diese auf Erfahrungen vom Protest gegen den Pegida-Ableger Legida vor einigen Jahren zurück. Damals brachten die Bündnisse in Leipzig zeitweise mehrere Zehntausend Menschen gegen Legida auf die Straße.
Gegenprotest startet um 14.30 Uhr am Leuschnerplatz
Auch nun soll es wieder gegen "demokratiefeindliche Kräfte" gehen, erklärte Irena Rudolph-Kokot vom Aktionsnetzwerk "Leipzig nimmt Platz" am Freitag.
"Wir können jetzt nicht mehr warten. Die aktuelle Bewegung bei den Energiedemos radikalisiert sich zunehmend", sagt Rudolph-Kokot zu t-online. "Die Proteste nehmen bedrohliche Ausmaße an, das sieht man an den Teilnehmerzahlen vom letzten Montag und auch an dem brutalen Überfall auf junge Gegendemonstranten."
Es wird mit mindestens 3.000 Gegendemonstranten am Montag in Leipzig gerechnet. Nach einigem Hin und Her mit der Versammlungsbehörde startet der Gegenprotest um 14.30 Uhr am Leuschner-Platz, um 17 Uhr gibt es dann eine große Kundgebung auf dem Augustplatz, bei der, laut Kokot, auch Bands spielen werden.
Schon um 13:30 Uhr soll ein Aufzug am Connewitzer Kreuz starten und zur Unterstützung in Richtung Stadtzentrum ziehen.
Forderung "Nordstream 2 öffnen" aus dem Titel gestrichen
Parallel dazu gibt es die Energiedemo unter dem Motto "Für Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung" mit ebenfalls 3.000 angemeldeten Teilnehmern. Am vorigen Montag trug die Veranstaltung noch die Forderung "Nordstream 2 öffnen!" im Titel. Darauf verzichtete man nun offenbar. Diese Demonstration startet um 15 Uhr am Augustplatz und zieht dann um den Innenstadtring.
Ab 17 Uhr ziehen in Form eines Sternmarsches weitere Aufzüge aus dem Süden, dem Westen und dem Osten der Stadt ins Stadtzentrum – allesamt sind dem Gegenprotest zuzuordnen. Die Leipziger Polizei geht von einem größeren Demonstrationsgeschehen aus und bekommt Unterstützung aus anderen Bundesländern, sagte ein Sprecher am Freitag.
Polizei Leipzig rechnet mit Großeinsatz
Hauptaufgabe der Polizeikräfte wird sein, die unterschiedlichen Lager zu trennen. Beide Gruppierungen planen ihre Aufzüge über den Leipziger Innenstadtring. Die Montagsdemonstrationen und der Ring gelten in Leipzig seit 1989 als Symbol für die friedliche Revolution und den Kampf der Ostdeutschen für Freiheit und Demokratie.
Dort sei Geschichte geschrieben und die Demokratie erkämpft worden, betonte am Freitag Gesine Oltmanns von der "Stiftung Friedliche Revolution", die den Gegenprotest unterstützt. Mit Bezug auf die Gewalttat vom vergangenen Montag sagte sie: "Wenn nun aber Demonstranten und Journalisten attackiert werden, hat das nichts mit der Tradition zu tun."
- Telefonat mit Irena Rudolph-Kokot von "Leipzig nimmt Platz"
- Mit Material der dpa