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Radtour durch Mainz: Alle Radwege führen ins Nichts


Eine Radtour in die Innenstadt
Alle Radwege führen ins Nichts

Von Jana Ballweber

13.11.2020Lesedauer: 4 Min.
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Trübe Aussichten für Radfahrer: Die Fahrradwege in Mainz haben an vielen Stellen Verbesserungsbedarf.Vergrößern des Bildes
Trübe Aussichten für Radfahrer: Die Fahrradwege in Mainz haben an vielen Stellen Verbesserungsbedarf. (Quelle: Jana Ballweber)

Im Oktober testete der ADAC Radwege in deutschen Landeshauptstädten. Mainz belegte einen glorreichen letzten Platz. Und das zu Recht: Eine Radtour von Gonsenheim in die Innenstadt ist gespickt mit Fallen, Gefahren und Schikanen.

An einem grauen, nebligen November-Mittwoch gibt es schönere Vorstellungen als eine Fahrradtour. Aber natürlich zwingen auch während eines Lockdowns immer wieder Termine und Erledigungen die Bewohner der Mainzer Stadtteile zur einer Fahrt in die Innenstadt. Gonsenheimern ohne eigenes Auto bleibt die Wahl: Sie können die meist überfüllten Busse der Linie 62 nutzen, was in Zeiten von Corona vermutlich keine gute Idee ist, oder sie beißen in den sauren Apfel und schwingen sich aufs Rad. Das verkleinert das Infektionsrisiko und ersetzt auch gleich noch das geschlossene Fitnessstudio. Von Gonsenheim führt die Route die Erzbergerstraße hinunter, durch die Zwerchallee über die Rheinallee zum Marktplatz. Für knapp sieben Kilometer veranschlagt Google Maps 22 Minuten.

Kaum losgefahren, zeigen sich bereits erste Schwierigkeiten. Äste und Zweige hängen so tief über dem Radweg, dass die Radfahrer, hoch zu Ross im Sattel, gleich mal einen mitbekommen. Als würden die Mainzer Verkehrsplaner die Radler auf ihren Platz verweisen wollen. Nach kurzer Wartezeit an zwei Ampeln im Abstand von wenigen Metern biegt die Route ab – Steil bergab. Kaum hat man den entgegenkommenden Radfahrern, die sich den Hügel hinaufquälen, einen bedauernden Blick zugeworfen, ist auf halber Strecke auch schon Schluss mit der rasanten Abfahrt. Denn der Radweg auf der linken Straßenseite endet schlagartig. Über eine Ampel wechselt man die Straßenseite, der ganze schöne Schwung ist dahin.

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Straßenschild mitten auf dem Radweg

An der Ecke Turmstraße/Am Schützenweg quält sich gerade ein 62er-Bus um die enge Kurve. Das heißt: mal wieder warten an einer roten Ampel. Aber der Blick durch die Scheiben ermuntert den Radfahrer. Eng an eng stehen die Fahrgäste, das Rad scheint die richtige Entscheidung gewesen zu sein. Doch nach der Überquerung der Straße wird es plötzlich heikel. Der Radweg auf der linken Seite wird auch in Gegenrichtung benutzt. An der Hausecke verengt er sich gemeinsam mit dem Fußweg, sodass man sich zwangsläufig in die Quere kommt. Also wieder bremsen, die anderen Verkehrsteilnehmer vorsichtig umkurven und mit einem Auge neidisch den Platz beäugen, der den vierrädrigen Gefährten eingeräumt wird. Nun verbreitert sich der Weg. Komfortabel düsen die Radfahrer Richtung Zwerchallee, nur unterbrochen von zahlreichen Ampeln. Das mit der Grünen Welle üben wir nochmal.

Auf die Zwerchallee eingebogen, führt der schmale Radweg im Halbkreis um einen Brückenpfeiler. Unmöglich zu sehen, was auf der anderen Seite wartet – ob Fußgänger den Weg versperren, ein Autofahrer sich im Wildparken versucht oder sich die Erde auftut. Nach einem schüchternen Blick um das Hindernis steht fest: nichts dergleichen lauert. Doch trotzdem darf man dankbar sein, nicht mit vollem Tempo unterwegs zu sein. Ohne Vorwarnung thront ein Straßenschild mitten auf dem Fahrradweg.

Ein Blick über die Schulter, keine Fußgänger in Sicht. Ein kurzes Ausscheren auf den Gehweg sollte verzeihbar sein. Doch kurz dahinter findet der Radweg wieder ein jähes Ende. Eine Bushaltestelle drängt Radler und Fußgänger zusammen. Um wenigstens den Corona-Abstand einhalten zu können, sind die Radler gut beraten, stattdessen den Autos und zahlreichen Lastwagen den Platz zu rauben. Zumindest bis der Weg rechts auf die Rheinallee abbiegt.

Neustadt weniger auf Autos ausgelegt

Zunächst fährt es sich ganz nett. Vorbei am Mainzer Nordbahnhof und den Einfahrten der Schott AG, auf der gewohnten rechten Straßenseite, bis eine Bushaltestelle den Fahrspaß unterbricht. Der Radweg endet und beginnt erst wieder nach der Kreuzung mit dem Kaiser-Karl-Ring, die aus Radfahrersicht nur als Unverschämtheit bezeichnet werden kann.

Nun geht es schnurgerade an der Neustadt vorbei. Der wohl trendigste Mainzer Stadtteil ist mit vielen Einbahnstraßen und rar gestreuten Parkplätzen weniger auf Autos ausgelegt als der Rest der Stadt. 2019 wählten hier bei den Ortsbeiratswahlen über 40 Prozent die Grünen. Doch die Hoffnung, deshalb an der Rheinallee entspannt in die Pedale treten zu dürfen, ist trügerisch. Wurzelschäden prüfen die Stabilität der Achsen, der Lastwagen eines Gerüstbauers parkt quer über Geh- und Radweg und ein eingesunkener Gullydeckel reißt einem fast das Fahrrad unter dem Hintern weg.

Mittlerweile erreicht der Weg das Kurfürstliche Schloss. Einige Meter verläuft ein abgegrenzter Radweg beinahe gleichberechtigt zur Straße und verführt dazu, dem beeindruckenden Bauwerk einen Blick mehr zu schenken. Und so findet man sich ohne Vorwarnung plötzlich auf der Rechtsabbiegerspur der Autos wieder. Denn der Radweg versandet mal wieder im Nichts. Man fügt sich diesem Schicksal und biegt nach rechts auf die Große Bleiche ein.

Der Marktplatz ist nun schon greifbar nahe. Nur noch am Umweltministerium links abbiegen. Doch als die Ampel auf Grün springt und die Radler frohen Mutes losfahren und mit ausgestrecktem linken Arm den Blinker setzen, realisieren sie, dass der Verkehr von gegenüber ebenfalls grün hat. Ungeschützt verweilen die Radfahrer mitten auf der Kreuzung, bis die Straße frei ist und sie die Flachsmarktstraße unbeschadet erreichen. Die muss man sich dann bloß hin und wieder mit einem Bus teilen, der in Richtung Schillerplatz unterwegs ist; für Autos ist diese Richtung tabu. An der Alten Universität beginnt schließlich die Fußgängerzone. Schiebend durchquert man die Schusterstraße. Da liegt er, der Marktplatz. Wenn nicht gerade eine weltweite Pandemie herrscht, tummeln sich hier die Mainzer im Schatten des Doms. Heute gehört der Marktplatz fast allein den Tauben – Corona sei Dank. Der Nieselregen tut sein Übriges. Fast friedlich rastet man kurz an der Heunensäule. Doch es bleibt nicht viel Zeit zum Verweilen. Denn auf dem Rückweg geht es bergauf.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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