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Winfried Kretschmann ist gegen Gendern an Schulen


Kretschmann kritisiert Gendern
"Sprache kann man nicht politisch befehlen"

Von dpa, mics

Aktualisiert am 08.01.2023Lesedauer: 3 Min.
Winfried Kretschmann (Archiv): Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg war vor seiner politischen Karriere selbst Lehrer von Beruf.Vergrößern des BildesWinfried Kretschmann (Archiv): Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg war vor seiner politischen Karriere selbst Lehrer von Beruf. (Quelle: IMAGO/Arnulf Hettrich)
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Mahnende Worte von Winfried Kretschmann: Das Gendern ist dem Ministerpräsidenten ein Dorn im Auge und die Sprache sei nicht mehr kreativ, findet der Grüne.

Winfried Kretschmann hält nichts vom Gendern im Klassenzimmer: "Die Schulen müssen sich an das halten, was der Rat für deutsche Rechtschreibung vorgibt. Sonst haben wir am Ende keine einheitliche Rechtschreibung mehr", sagte der Ministerpräsident von Baden-Württemberg der dpa in Stuttgart.

"Es ist schon schlimm genug, dass so viele unserer Grundschüler nicht lesen können. Man muss es denen nicht noch erschweren, indem man in der Schule Dinge schreibt, die man gar nicht spricht", so der Grünen-Politiker weiter. Kretschmann selbst ist verbeamteter Gymnasiallehrer für Biologie, Chemie und Ethik.

Ministerpräsident sorgt sich um Sprache

Winfried Kretschmann sorgt sich auch vom Gendern abgesehen ganz allgemein um die Entwicklung der Sprache – die Genderdebatte allerdings steht für ihn nicht im Zentrum, sondern lenke eher ab: "Ich finde bedauerlich, dass wir die Fragen der Sprache oft auf das Gendern verkürzen", sagt er.

"Unsere Sprache ist nicht mehr kreativ. Wir überfrachten nur alles mit merkwürdigen Anglizismen", kritisierte er. "Es wäre gut, wenn wir insgesamt wieder kreativer mit unserer eigenen Sprache umgehen würden statt mit Doppelpunkt und Unterstrich nicht sprechbare Dinge zu schreiben."

Politiker Meister der Plastikwörter

Kretschmann kritisierte im Sprachgebrauch auch die eigene Zunft, die wieder so reden müsse, dass die Menschen es auch verstehen. "Wir Politiker sind Meister darin, Plastikwörter zu generieren."

Das Sprachgendern sei zwar nicht rückgängig zu machen. "Aber man sollte es wenigstens nicht übertreiben." Kretschmann ist überzeugt: "Sprache kann man nicht politisch befehlen."

Schüler fordern mehr Akzeptanz fürs Gendern

Der Landesschülerbeirat hatte vor kurzem gefordert, dass die Akzeptanz für das Gendern an Schulen steigen müsse. Die Verwendung geschlechtergerechter Sprache in schriftlichen Prüfungen dürfe nicht mehr als Fehler gewertet werden. Es sei nicht mehr zeitgemäß, wenn Lehrkräfte Sternchen, Unterstrich oder Doppelpunkt negativ markierten, so die Schülervertreter.

Laut Kultusministerium enthalten die Beurteilungs- und Korrekturrichtlinien für die Abschlussprüfungen aber keine Aussagen zum Gendern. Das Ministerium wusste auch von keinen konkreten Fällen, in denen genderneutrale Sprache in Klausuren angestrichen wurde.

Kretschmann erhält in seiner Kritik Rückenwind von unerwarteter Seite. Bildungsverbände, die ihn und seine Politik sonst im Dauerfeuer kritisieren, stärken ihm in dem Punkt den Rücken. So etwa der Verband Bildung und Erziehung (VBE): Viele Schülerinnen und Schüler täten sich mit der Sprache schwer, sagte der Verbandsvorsitzende Gerhard Brand der dpa. "Genau bei dieser Gruppe führt die vom Landesschülerbeirat in die Debatte geführte Position zu großen Schwierigkeiten."

Philologenverband stimmt Kretschmann zu

Schüler benötigten ein klares Regelwerk zum Erlernen der Sprache und dieses Regelwerk bestehe bereits, sagte Brand. "Es sieht weder kreative Schreibweisen, noch Sternchen, Schrägstriche, Unterstriche, Doppelpunkte und x'e vor – schon gar nicht deren willkürlichen Einsatz", sagte Brand. Die deutsche Sprache habe genügend Möglichkeiten, regelkonform zu gendern – indem einfach beide Geschlechter (Schülerinnen und Schüler) genannt würden oder ein Neutrum (Lehrkräfte) verwendet werde.

Auch der Philologenverband, der die Gymnasien vertritt, stimmt Kretschmann zu. Ein "unsinniges Gendern" würde bereits den Grundschülern das Lernen erschweren, sagte Verbandschef Ralf Scholl. "Auch in der DDR wurde versucht, Bewusstsein über von oben verordneten Sprachgebrauch zu schaffen", sagte er. "Wer in seinem privaten Umfeld gendern will, soll das tun. In der Schule hat das nichts zu suchen." Die Genderdebatte gehöre in den Politikunterricht, nicht in die Deutschstunde, so Scholl.

Bildungsgewerkschaft bleibt gelassen

Die Gewerkschaft GEW hingegen rät zu Gelassenheit. "Unsere Schüler*innen sprechen im Jahr 2023 nicht mehr mittelhochdeutsch. Sprache verändert sich und ist immer auch ein Abbild gesellschaftlicher Entwicklungen gewesen", teilte die Landesvorsitzende Monika Stein mit. "Wenn sich die Sprache verändert, muss sich auch die Schule damit auseinandersetzen. Die Lehrkräfte sind Profis genug, die richtigen Maßstäbe im Umgang mit gendergerechter Sprache zu setzen."

Bei einem Diktat, bei dem die Rechtschreibregeln des Duden im Vordergrund stünden, müsse das Gendern aus Sicht der GEW anders bewertet werden als bei einer Textaufgabe in Mathematik oder in einem mehrseitigen Essay, bei dem kreative Freiheit möglich sein müsse.

In der Grundschule oder bei Deutsch als Zweitsprache stehe das Lernen der Sprache im Zentrum. Die Bildungsgewerkschaft verwendet in der Kommunikation mit ihren Mitgliedern seit 2019 selbst das Gendersternchen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Eigene Recherchen
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