Gebrauchtes Motorrad kaufen: So klappt's
Den Motorrad-Führerschein endlich in der Tasche, geht es auf Zweiradsuche. Gebrauchte Maschinen sind günstig, wenn Sie ein paar Dinge beachten.
Endlich die Freiheit auf zwei Rädern genießen: Viele Führerscheinneulinge suchen oft direkt nach einem eigenen Motorrad. Das muss nicht gleich eine teure neue Maschine sein. Bei einer Secondhand-Maschine sind aber gerade für Einsteiger ein paar Dinge zu beachten.
Für Klaus Herder ist das perfekte Motorrad eins, das perfekt passt. "Der Besitzer muss sich darauf auf Anhieb wohlfühlen und es mögen. Er sollte keine Kompromisse eingehen, denn dann wird das Motorrad wenig oder nicht gefahren", sagt der Redakteur der Zeitschrift "Motorrad".
Die Qual der Wahl kann beginnen
Die Wahl der Fahrzeuggattung ist dabei eher zweitrangig. "Generell bieten unverkleidete Naked-Bikes den Vorteil, dass sie leichter sind als verkleidete Maschinen und bei einem Umfaller keine Verkleidung kaputt gehen kann", sagt er. Zumal Naked-Bikes recht handlich und einfach zu fahren seien.
Auch Thorsten Rechtien vom Tüv Rheinland empfiehlt eine möglichst leichte, robuste und gängige Maschine wie Naked-Bikes oder Enduros. Reparaturkosten wie ein abgebrochener Bremshebel halten sich bei einem Umfaller dann meist im Rahmen.
"Naked Bikes bieten den meisten Piloten ein gutes Fahrgefühl", sagt Günter Schweiger. Aber für den der Vorstand im Bundesinnungsverband Zweirad-Handwerk kommt es bei der Wahl eines Zweirads auch auf den persönlichen Geschmack an.
Aber egal ob Tourer, Sportler, Cruiser, Enduro, Chopper oder Naked Bike: Viele Mittelklassemotorräder mit einem Hubraum zwischen 500 und 750 Kubikzentimeter seien in der Regel leicht zu fahren. Vorteil bei großvolumigen Motoren: Sie müssen weniger hoch gedreht werden, um ihre Leistung zu erreichen und lassen sich entspannter fahren.
Zudem bieten die meisten Maschinen eine Drosselung auf 48 PS an. Das ist wichtig für A2-Führerscheininhaber. Nach zwei Jahren Probezeit lässt sich die Drosselung kostengünstig entfernen und man erhält mehr Leistung, ohne sich ein neues Motorrad kaufen zu müssen.
Bei älterer Technik sind Schrauberkenntnisse sinnvoll
Bei der Suche nach einer eigenen gebrauchten Maschine ist laut Klaus Herder ein passender Motorradhändler in der Nähe wichtig. "Wer nicht selbst reparieren kann, benötigt Hilfe vom Profi", sagt er. Gerade bei älteren Motorrädern mit Vergasern sei technische Betreuung wichtig. Sein Rat: "Wer eine gute Fachwerkstatt in der Nähe hat, der sollte auch eine Motorradmarke wählen, die diese betreut." Denn oftmals überschätzen Neulinge ihre Fähigkeit beim Schrauben.
Wer keine Antriebskette nachspannen kann, sucht sich generell lieber eine Maschine mit Kardan- oder Riemenantrieb. Das spart unnötige Folgekosten. Bei Motorrädern mit Vergasern kann der während längerer Standzeit verstopfen. Die Reinigung ist eher etwas für ambitionierte Schrauber oder Profis. Erst seit Beginn der 2000er Jahre setzen viele Hersteller auf die wartungsarme Einspritztechnik. Wichtig: die Ersatzteilversorgung von älteren Maschinen.
Fahrstunden oder ein Fahrsicherheitstraining helfen bei der Eingewöhnung
Für mehr Vertrauen beim Bremsen sorgt das Antiblockiersystem ABS bei Motorrädern, auch bei gebrauchten. Viele Hersteller bieten seit rund zehn Jahren Maschinen damit an. "ABS ist eine tolle Sache. Aber es spricht auch nichts gegen Maschinen ohne ABS. Dann sollten Motorradfahrer aber richtig bremsen lernen", sagt Klaus Herder.
Viele Motorradfahrer bremsen zu zaghaft. Sein Tipp: Nach dem Kauf mit der Maschine bei einer Fahrschule ein, zwei Fahrstunden buchen. "Dann kann der Fahrerlehrer dem Besitzer zeigen, wie man richtig und effizient mit der eigenen Maschine bremst", sagt er. Alternativ können Neubesitzer auch an einem Fahrsicherheitstraining für Einsteiger teilnehmen, um ihre Fahrkünste mit der eigenen Maschine in Grenzsituationen zu verbessern.
Ab rund 2.000 Euro kann es losgehen
Günter Schweiger rät grundsätzlich zu jüngeren Modellen. "Motorräder mit Euro 4 oder Euro 5 bieten Einspritzsysteme und ABS, das sollten Maschinen für Einsteiger besitzen", sagt er. Das seien meist solche ab Baujahr 2015. Der Experte rät zu Modellen wie der Honda CB500-Reihe. Ab rund 5.000 Euro gebe es vernünftige Mittelklassemotorräder mit ABS. Geregelte Fahrwerke oder verstellbare Motorcharakteristiken seien zwar hilfreich, aber nicht notwendig.
Auch wenn ABS die Sicherheit bei Motorrädern erhöht, haben ältere Maschinen einen Vorteil: "Die sind deutlich günstiger und fahren je nach Pflegezustand gut und zuverlässig", sagt Herder. Anders als bei Autos sei Rost in der Regel kein Problem – gute Pflege vorausgesetzt.
Gute Maschinen mit Baujahr 1990 bis 2000 gebe es schon ab 2.000 Euro. "Mit einem Motorrad aus den späten 1990er Jahren mit 20.000 oder 30.000 Kilometer Laufleistung können Einsteiger glücklich werden. Wichtig ist wirklich, dass Sie sich darauf wohl fühlen", sagt er.
Modelle, die der Motorrad-Experte empfiehlt, sind unter anderem:
- die BMW CS 650 Scarver,
- Kawasaki 650 Versys,
- Honda NTV,
- Honda Transalp,
- Suzuki SV650 oder
- Yamaha XJ6.
"Bei guter Pflege kann ein Motorrad aus den 1990er-Jahren noch viel Spaß bereiten", sagt er. "Problematisch sind weniger das Alter und die Laufleistung, sondern Standschäden – viele Maschinen werden einfach zu wenig bewegt."
Was ist bei der Kaufentscheidung noch wichtig?
Klaus Herder rät bei der Besichtigung dazu, besonders auf Standschäden zu achten. Dazu zählen auch das Alter der Reifen, verharzte Vergaser und Rost im Tank. Thorsten Rechtien empfiehlt, immer einen Blick mit der Taschenlampe in den Tank zu werfen, um zu kontrollieren, ob dieser verrostet ist. Und zehn Jahre alte Reifen können zwar noch ausreichend Profil aufweisen, härten aber auch und bieten keinen Grip mehr.
"Das Motorrad sollte unfallfrei sein, wenige Vorbesitzer haben und regelmäßig eine Inspektion erhalten haben, mindestens einmal im Jahr", sagt Günter Schweiger. Eine frische HU-Plakette sei zwar gut, sage aber nichts über den tatsächlichen technischen Stand des Motorrads aus. "Es ist kein Garant dafür, dass die Maschine einwandfrei läuft, da nur die sicherheitsrelevanten Funktionen überprüft werden", sagt er.
"Wenn die Maschine nicht direkt anspringt, ist schon mal Vorsicht geboten", sagt Klaus Herder. "Wenn die Kette durchhängt oder der Ölstand zu niedrig ist, weiß man, dass der Verkäufer nicht besonders auf seine Maschine geachtet hat und es einen Wartungsstau gibt." Zudem sollten unter anderem auch der Rahmen, die Gabel, Bremsbeläge, Ketten und Ritzel auf Rost, Schäden oder Abnutzung kontrolliert werden.
Auch das Lenkkopflager verdient einen Blick: Dazu das Bike auf den Ständer stellen und das Vorderrad entlasten. Beim Lenken aus der Mittelstellung darf kein Rastpunkt fühlbar sein.
Nicht euphorisch werden
"Bei der Besichtigung sollte eine zusätzliche Person dabei sein, die sich auskennt und den euphorischen Käufer zu Not bremsen kann", sagt Thorsten Rechtien. Neben dem Gesamteindruck der Maschine und einer frischen HU-Plakette zählt für den Tüv-Mann die Kontrolle möglicher Anbauteile und aller Papiere.
"Hat der Vorbesitzer Lenker oder Auspuff getauscht, müssen die Bauteile entweder eingetragen sein oder es liegt eine ABE vor" sagt er. Ansonsten kann ohne die Allgemeine Betriebserlaubnis schon bei der nächsten Polizeikontrolle die grenzlose Freiheit auf zwei Rädern vorbei sein.
- Nachrichtenagentur dpa-tmn