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Knochenteile auf Gelände der Freien Universität – Beisetzung in Berlin


16.000 Knochenteile
Auf Berliner FU-Gelände gefundene menschliche Überreste beigesetzt

Von dpa
23.03.2023Lesedauer: 2 Min.
Gebeinekisten mit menschlichen Knochen werden in ein Grab auf dem Waldfriedhof Dahlem hinabgelassen. Die seit 2015 geborgenen menschlichen Überreste stammen teils von Opfern aus der NS-Zeit.Vergrößern des BildesGebeinekisten mit menschlichen Knochen werden in ein Grab auf dem Waldfriedhof Dahlem hinabgelassen. Die seit 2015 geborgenen menschlichen Überreste stammen teils von Opfern aus der NS-Zeit. (Quelle: Monika Skolimowska/dpa)
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Rund 16.000 Knochenfragmente wurden seit 2015 auf dem Gelände der Freien Universität gefunden. Nun wurden sie in Berlin beigesetzt.

Es sind fünf unscheinbare Holzkisten, die von den Männern am Donnerstag auf dem Waldfriedhof Dahlem in Berlin in den Boden gelassen werden. Doch in den Gebeinekisten befinden sich etwa 16.000 menschliche Knochenfragmente – und ein schweres geschichtliches Erbe.

Die Knochen wurden bei mehreren Grabungen seit 2015 auf dem heutigen Gelände der Freien Universität gefunden. Im Nationalsozialismus war dort das Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik beheimatet. Die genaue Herkunft der Knochen konnte nicht abschließend geklärt werden.

"Zerbrochen, weggeworfen, in Erdlöchern verscharrt"

Klar ist: Sie stammen aus "Verbrechenskontexten". Im Raum stehen Verbindungen zum Nationalsozialismus, dem Vernichtungslager Auschwitz und dem KZ-Arzt Josef Mengele, aber auch zur Kolonialgeschichte.

"Zerbrochen, weggeworfen, in Erdlöchern verscharrt", beschreibt der Direktor des Landesdenkmalamts Berlin Christoph Rauhut den Fundort der Knochen. "Heute wollen wir sie würdig beisetzen." Dafür versammelten sich rund 100 Menschen auf dem Vorplatz der Friedhofskapelle. In einer nicht-religiös und nicht eurozentristischen Trauerfeier gedachten die Menschen der Opfer. Darauf habe man sich mit den Opferverbänden geeinigt, hieß es. Es gebe aber auch Überlebende, die sich eine andere, religiösere Feier gewünscht hätten.

"Die inhumane Praxis des Forschungsrassismus sah für die Überreste keine Bestattung vor und warf sie in Gruben", sagte Daniel Botmann vom Zentralrat der Juden bei der Trauerfeier. "Heute tragen wir zahlreiche Leben, deren Stimmen und Biografien ausgelöscht wurden, zu ihrer letzten Ruhestätte."

Doch wer genau nun in den Gebeinekisten bestattet wurde, ist nicht bekannt – auch weil die Verbände eine weitere Untersuchung der Funde ablehnten. "Eine Spezifizierung der Opfer nach bestimmten Gruppen würde letztlich nur die rassistischen Methoden und Ideologien der Vergangenheit reproduzieren", sagte FU-Präsident Günter Ziegler. "Das heißt aber auch: Wir können den Opfern keine Namen und kein Gesicht mehr zuordnen. Aber wir können uns ihrer erinnern."

"Wir haben die Verpflichtung des Erinnerns"

Bestattet wurden Knochenfragmente von Grabungen seit 2015 – erste Knochen waren an der FU aber bereits 2014 zufällig bei Bauarbeiten gefunden worden. Damals hatte es Kritik daran gegeben, dass diese ohne tiefergehende Untersuchungen eingeäschert wurden. Das Erbe fordere zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Geschichte auf, sagte Christoph Rauhut vom Landesdenkmalamt Berlin. Es könne die Grundlage für eine Erinnerungskultur sein, die dem Gedenken der Opfer gerecht werde. "Wie wir alle wissen, war dies hier zunächst nicht der Fall", sagte Rauhut. Die ersten Knochen seien in einer Grube entdeckt worden.

Am Grab mahnt nun eine Inschrift an die Geschichte der Bestatteten: "Im Gedenken an Opfer von Verbrechen im Namen der Wissenschaft" heißt es dort. Viele der anwesenden Menschen verbeugten sich vor dem Grab und warfen weiße Rosen hinein. "Wir kennen nicht die Namen, nicht die Gesichter, nicht die Identitäten und nicht die Geschichten der einzelnen Menschen, die wir heute bestatten", sagte Ziegler. "Es sind viele Menschen. Sie alle sind Opfer von Verbrechen im Name der Wissenschaft geworden. Darüber darf kein Gras wachsen. Wir haben die Verpflichtung des Erinnerns."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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