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Wüst unter Druck: "Mangelnder Ressourceneinsatz für A45"


Wüsts Verkehrsdebakel
"Mangelnder Ressourceneinsatz für die A45-Brücken"

  • Jonas Mueller-Töwe
Von Jonas Mueller-Töwe

Aktualisiert am 14.02.2023Lesedauer: 4 Min.
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NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (r.) mit Landesverkehrsminister Oliver Krischer: Beide wurden heute zur Rahmedetalbrücke befragt. (Quelle: Oliver Auster/dpa)

Die NRW-Landesregierung inszeniert zur gesperrten Autobahnbrücke eine Transparenzoffensive. Doch Antworten bleibt sie schuldig. Kommt der Untersuchungsausschuss?

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hätte sich gelassener nicht geben können. Gut gelaunt erschien er am Montagmorgen im Düsseldorfer Landtag, schüttelte Hände und fand Zeit für einen kleinen Plausch mit Verkehrsminister Oliver Krischer. Das bot den zahlreichen Fotografen und Kameraleuten die Gelegenheit, die demonstrative Gelassenheit vor dem drohenden Kreuzverhör im Verkehrsausschuss auch in Bildern einzufangen.

Der Landeschef steht seit Monaten unter Druck: Der Neubau der wegen schwerer Schäden gesperrten Rahmedetalbrücke an der wichtigen A45 wurde während seiner Amtszeit als Verkehrsminister verschoben – was er im Wahlkampf rhetorisch seinem Vorgänger zuschob, wie t-online exklusiv berichtete.

Heftiger Streit mit Opposition

Seit sich das nicht mehr verschleiern lässt, argwöhnt die Opposition, Wüst habe möglicherweise durch Fehler oder Versäumnisse zur Sperrung beigetragen. Die bisherige Blockadehaltung der Landesregierung und von t-online offengelegte Aktenlücken nähren diesen Verdacht. Wüsts Glaubwürdigkeit hat deswegen nicht nur im Parlament merklich gelitten, sondern auch in der Wählerschaft.

Um den Verdacht auszuräumen, bemüht sich Wüst nach Monaten des Schweigens nun seit Kurzem um den Anschein größtmöglicher Transparenz. Die Bedingungen dafür wählen er und die schwarz-grüne Regierungskoalition allerdings gern selbst. Die Sonderausschusssitzung bildete keine Ausnahme. Sie wurde auf Antrag von Union und Grünen einberufen und ihre Tagesordnung gegen den heftigen Widerstand der Opposition durchgesetzt. Auch deswegen hatte Wüst zunächst allen Grund zur Gelassenheit.

Die ersten Schlagzeilen

Auf diese Weise gehörte die erste Stunde der Sitzung fast ausschließlich ihm und den Regierungsfraktionen und somit, das wissen Medienprofis, konnten sie die ersten Schlagzeilen der tagesaktuellen Medien bestimmen. Dieses mutmaßliche Kalkül ging weitgehend auf. Wüst räumte in seiner Stellungnahme erneut Fehler ein – allerdings nicht hinsichtlich der Verschiebung des Neubaus in seiner Amtszeit. Hingegen sprach er von Fehlern vor seiner Amtszeit: die Entscheidung, die Brücke nicht zu sanieren, sondern neu zu bauen.

Diese Entscheidung sei unter seiner Leitung des Verkehrsressorts "leider nicht geheilt worden". Die Unionsfraktion lieferte anschließend passgenau eine aktuelle Frage zur Sprengung der Brücke – für die nämlich weiterhin kein Termin absehbar ist. Damit waren die ersten Schlagzeilen produziert, bevor die Befragung überhaupt begonnen hatte. Dabei barg die Sitzung für Wüst durchaus auch politisch Explosives.

Bekannte Mangelwirtschaft

Zwar unterstützte die Autobahn GmbH die Darstellung Wüsts, die Situation um die Brücke sei seitens der Fachebene nie problematisiert worden. Ein Grund für die Verschiebung des Neubaus sei allerdings der "mangelnde Ressourceneinsatz, den wir zur Verfügung hatten, für die A45-Autobahnbrücken", sagte Elfriede Sauerwein-Braksiek. Sie hat damals für den Landesbetrieb Straßen.NRW die Brückenprojekte verantwortet und tut das gleiche heute für die Autobahn GmbH.

Die Ressourcen für den damals zuständigen Landesbetrieb seien zwar erhöht worden, aber nicht ausreichend. "Darauf habe ich immer wieder hingewiesen", sagte sie. Wie die Landesregierung auf diese wiederholten Hinweise reagierte, brachte die Sitzung nicht zutage. Wüst betonte, das Personal sei enorm verstärkt worden.

"In Abhängigkeit politischer Prioritätensetzung"

Man bewege sich trotzdem im Bereich der "Mangelverwaltung", sagte Sauerwein-Braksiek weiter, in dem Autobahnbrücken mit Landesstraßen und Ortsumgehungen in "einem Wettbewerb um Ressourcen und Finanzen" stünden – und zwar "in Abhängigkeit politischer Prioritätensetzung". Das widerspricht der bisherigen Linie der Landesregierung, es handele sich bei Entscheidungen zu Sanierung und Neubau um rein fachliche. Eine von t-online veröffentlichte interne E-Mail hatte bereits politische Einflussnahme bei der Auswahl aufwendiger Planfeststellungsverfahren nahegelegt.

Ein solches Verfahren – das bestätigte Sauerwein-Braksiek am Montag mehrfach – wäre notwendig gewesen, um das Neubauprojekt weiter voranzutreiben, wurde aber aufgrund des Mehraufwands zunächst nicht weiter verfolgt. Ob Wüst davon Kenntnis hatte, schloss er im Ausschuss nicht explizit aus. Er räumte lediglich ein, an vielen Besprechungen zur A45 teilgenommen zu haben. Dabei sei kein Handlungsbedarf hinsichtlich der Rahmedetalbrücke an ihn herangetragen worden.

Wüsts Besprechungen

Ob das stimmt, werden möglicherweise Akten und Dokumente zutage fördern, die noch in den Tiefen des Verkehrsministeriums schlummern könnten. Auch am Montag stellte sich Verkehrsminister Oliver Krischer zwar erneut auf den Standpunkt, jetzt alle relevanten Bestände herausgegeben zu haben. Die Oppositionsfraktionen haben allerdings deutliche Zweifel. Sie suchen beispielsweise nach Protokollen oder Gesprächsnotizen zu den Besprechungen mit Wüst und seinem Staatssekretär. Ob diese existieren und wenn ja wo, ist eine der vielen ungeklärten Fragen in der Brückenaffäre.

Ein E-Mail-Schriftverkehr, der zumindest Wüsts Ministerbüro erreichte, bricht an brisanter Stelle ab – alle weiteren E-Mails dazu wurden gelöscht, wie t-online exklusiv berichtete. Das sei aber in Übereinstimmung mit den Regeln der Aktenführung in Ministerium und Staatskanzlei geschehen, ließ Wüst dazu heute ausführen.

Ob das die Opposition zufriedenstellt, ist fraglich. Denn sie fordert weiterhin geschlossen die Offenlegung aller übrigen Dokumente. Dass die Landesregierung dieser Forderung nachkommt, ist ebenso fraglich. Denn sie steht auf dem Standpunkt, bereits alles geliefert zu haben. Damit dürfte näherrücken, womit die SPD schon sehr explizit gedroht hat, die FDP ebenfalls fast unverhohlen: ein Untersuchungsausschuss. Dessen Verlauf wird die Landesregierung weit weniger beeinflussen können als die bisherige Transparenzoffensive.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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