t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeRegionalKiel

Kiel: Wilder Müll macht Gaarden zu schaffen


"Unser Problemstadtteil"
Wilder Müll macht Kiel-Gaarden zu schaffen

Von Sven Raschke

16.01.2020Lesedauer: 4 Min.
Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Sperrmüll: Der illegal abgeladene Dreck ist vielerorts ein Problem.Vergrößern des Bildes
Sperrmüll: Der illegal abgeladene Dreck ist vielerorts ein Problem. (Quelle: Symbolbild/Jürgen Ritter)

In Kiel wird wohl in keiner anderen Ecke so viel Müll auf der Straße abgeladen wie in Gaarden. Die Abfälle locken üble Schmarotzer an – doch das scheint viele Anwohner wenig zu kümmern.

Gaarden hat ein Müllproblem. Ein Problem mit illegalem Müll, um genau zu sein. Nirgendwo sonst in Kiel wird auch nur annähernd so viel Abfall gesetzeswidrig entsorgt wie in dem Stadtteil süd-östlich der Förde. Täglich sind die Frauen und Männer vom Abfallwirtschaftsbetrieb Kiel (ABK) unterwegs, um den wilden Müll einzusammeln. "Meistens geht’s dabei nach Gaarden", sagt Burkhard Abromeit, Sprecher des Betriebes. "Das ist schon unser Problemstadtteil."

Für Gaarden-Ost allein gingen im letzten Jahr 1.117 Meldungen ein. Auf den Gesamten Stadtteil fallen 40 Prozent aller gemeldeten wilden Müllablagerungen. Mit einem ganzen Maßnahmenpaket kämpft die Stadt gegen die Müllflut im "Problemstadtteil" an.

Wo Müll ist, sind Ratten nicht weit

Möbel, Haushaltsgegenstände, Altkleider, Schrott, Elektronikgeräte, Kleidung, Hundekot, Kippen – oder auch Säcke mit Abfall, die nicht mehr in volle Mülltonnen passen, verunstalten nicht nur das Stadtbild. Der stinkende Müll lockt Ratten, Möwen, Tauben und Krähen an. "Auch einige Hinterhöfe in Gaarden sind sehr stark verschmutzt und weisen erheblichen Rattenbefall auf", sagt Arne Ivers, Sprecher der Stadt. Die Tiere können wiederum Krankheitserreger wie Viren, Bakterien, Pilze oder Parasiten übertragen.

Bewohner sind zu bequem

Warum ist das Problem mit dem wilden Müll gerade in Gaarden so groß? Stadtsprecher Arne Ivers sieht die Ursache vor allem in der hohen Fluktuation in dem Stadtteil. Elf Umzüge gibt es in Gaarden an einem durchschnittlichen Tag. Daher auch die vielen Möbel – obwohl diese eigentlich ganz legal und kostenfrei beim Sperrmüll angemeldet werden könnten. Doch wegen der hohen Fluktuation bleibt die Identifikation mit dem Viertel bei vielen Bewohnern gering – und damit ebenso die Sorge um dessen Erscheinungsbild. "Teilweise", so Ivers, "spielen auch Unkenntnis und eine gewisse Bequemlichkeit eine Rolle, nach dem Motto: Der ABK holt ja sowieso ab."

Um dem illegalen Müll Herr zu werden, hat die Stadtverwaltung dem Thema nach eigenen Angaben besondere Priorität eingeräumt. Im Dezember 2018 gab es den ersten "Müllgipfel" in Gaarden, bei dem Oberbürgermeister Ulf Kämpfer und Stadtrat Gerwin Stöcken vor Ort mit den Bewohnern über das Problem gesprochen haben. Das Projekt "Gaarden hoch 10" wurde im vergangenen Jahr ins Leben gerufen und soll unter anderem dazu beitragen, Sauberkeit und Aufenthaltsqualität in Gaarden zu verbessern.

Konkret heißt das: Erziehung der Bürger. Das geht in den Kitas und Grundschulen los, wo den Kindern die korrekte Mülltrennung beigebracht wird. Auf Nachfrage geschieht dies auch in Flüchtlingsunterkünften. Neubürger erhalten Flyer mit Informationen zum Mülltrennsystem.
Neben diesen eher theoretischen Ansätzen stehen die praktischen Maßnahmen. In Gaarden stehen mehr Abfallbehälter, die häufiger geleert werden als in allen anderen Stadtteilen.

Auf dem Vinetaplatz und in der Elisabethstraße werden die Papierkörbe täglich gelehrt, der Platz um den Glascontainer am Kirchenweg täglich gereinigt. Dreimal im Jahr gibt es Abfallsammelaktionen im Stadtteil. Seit September 2019 holt ein zusätzliches Sperrgutfahrzeug im Revier wilden Müll ab – auch solchen, der noch nicht gemeldet wurde.

Hundekotmobil und Müllmelde-App

Seit vergangenem August ist ein Hundekotmobil im Einsatz, das sich exklusiv um die Hinterlassenschaften der Vierbeiner kümmert. Demnächst gesellt sich ein Abfallsauger speziell für Zigarettenkippen zum Arsenal der Müllbeseitiger.

Seit einigen Monaten gibt es zudem die Müllmelde-App, zunächst bis Ende März in der Testphase mit ausgewählten Nutzern. Sollte sich die App bewähren, soll damit künftig überall in Kiel alles gemeldet werden können, was nicht so ist, wie es sein soll.

Mitte vergangenen Jahres hat der Kommunale Ordnungsdienst seine Arbeit in Kiel aufgenommen. Die 16 Mitarbeiter stellen Ordnungswidrigkeiten fest. Dazu zählt schwerpunktmäßig auch der illegale Müll in Gaarden. Der Ordnungsdienst könnte laut Stadtsprecher Arne Ivers dazu beitragen, dass Verstöße häufiger bestraft werden können.

"Unser höchstes Bußgeld lag bisher bei 1.000 Euro für insgesamt 14 'entsorgte' Autos", so Ivers. "Das war allerdings nicht in Gaarden." Hier liegen die Strafen in der Regel bei bis zu 150 Euro. "Bei gewerbsmäßiger illegaler Müllentsorgung in großem Stil und mit bedeutenden Mengen und Umweltgefährdungen", so Ivers, "kämen natürlich auch höhere Bußgelder in Frage."

Um die Bußgelder einzufordern, müssen die Täter allerdings erst einmal ermittelt werden. In etwa einem Drittel aller illegalen Müllhaufen gab es im vergangenen Jahr konkrete Anhaltspunkte für die Identität der Verursacher. Dass diese tatsächlich gefunden wurden, ist damit aber noch nicht gesagt.

Immerhin deutet sich an, dass die verschiedenen Maßnahmen der Stadt Wirkung zeigen. Der besagte 40-Prozent-Anteil, den Gaarden zuletzt am wilden Müll in Kiel hatte, liegt unter dem Wert von 2017 und 2016. Damals lag er noch bei 44 Prozent. Burkhard Abromeit vom ABK wagt die vorsichtige Prognose, dass der Wert in Zukunft weiter sinken könnte. Und bei einem Rundgang durch Gaarden vor einigen Tagen konnte ein Stadtmitarbeiter, zuständig für die Quartierentwicklung in Gaarden, keinen einzigen illegalen Müllhaufen entdecken. Ein Zufall vielleicht, aber einer, der Hoffnung macht.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Burkhard Abromeit und Arne Ivers
  • Recherche vor Ort
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website