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Kiel: Ein Traditionssegler wird zum Kulturschiff


In der Kieler Hörn
Ein Traditionssegler wird zum Kulturschiff

Von Sven Raschke

27.10.2020Lesedauer: 3 Min.
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Der Gaffelschoner "Freedom": Der 75 Jahre alte Traditionssegler soll als schwimmendes Kulturzentrum die Kieler Förde bereichern.Vergrößern des Bildes
Der Gaffelschoner "Freedom": Der 75 Jahre alte Traditionssegler soll als schwimmendes Kulturzentrum die Kieler Förde bereichern. (Quelle: Sven Raschke)

Ein veganes Bistro und jede Menge Raum für Kultur: All das soll es auf der "Freedom" in der Kieler Hörn geben. Dafür hat der 75 Jahre alte Traditionssegler einen weiten Weg auf sich genommen.

Hochseefischerei, Segelschulschiff, Spionageeinsätze im Kalten Krieg – in seiner 75-jährigen Geschichte hat der Gaffelschoner "Freedom" schon so einiges erlebt. Seine ungewöhnlichste Aufgabe liegt nun aber vor ihm – in der Kieler Hörn.

Hier ist der 34 Meter lange Zweimaster am Montagnachmittag eingelaufen, um künftig als schwimmendes Kulturzentrum die Kieler Förde zu bereichern. Hinter dem Schiff und seiner Crew, die das Unternehmen kollektiv als Genossenschaft betreibt, liegt eine 700-Kilometer-Reise, mit Start Polen. Dort hatten sie den Traditionssegler in Eigenregie generalüberholt. Es war die vorerst letzte große Fahrt der "Freedom".

Nachhaltiges Bistro und Raum für Kulturveranstaltungen

Im Hörnbecken angekommen, laufen jetzt letzte Arbeiten, um an Board das Bistro einzurichten. "Dabei legen wir Wert auf ein veganes und vegetarisches Angebot, Nachhaltigkeit und Regionalität", erklärt Jens Broschel, einer der Eigentümer des Schiffes. Daneben soll es kulturelle Veranstaltungen geben, Workshops, Konzerte, Buchvorstellungen.

Entdeckt hatten Broschel und seine Mitstreiter den 130-Tonner Jahrgang 1945 vor fünf Jahren bei einem Hafenspaziergang in Eckernförde, wo es ungenutzt vor sich hinrottete. "Das Schiff war wahnsinnig", erinnert sich der 30-Jährige. "Aber genau das machte uns neugierig."

Zum einen sei da die Sympathie zu alten Segelschiffen gewesen, die zwar schön aussehen, die man aber nur selten betreten könne. "Auf der anderen Seite sind wir alle große Fans von Kulturveranstaltungen wie zum Beispiel Konzerten und dachten uns, dass das irgendwie zusammenpasst." Bei der ersten Besichtigung waren sie überrascht von der Geräumigkeit unter Deck und der noch gut erhaltenen Einrichtung. "Und dann war es um uns geschehen."

Aufwendige Sanierung in Polen

Bis aus der Idee ein konkreter Plan wurde, vergingen einige Jahre. Die Finanzierung musste geklärt, die Genossenschaft "Freedom Kultur- und Schiffskollektiv eG" gegründet werden. "Wir haben uns sehr bewusst für eine Genossenschaft entschieden", erklärt Broschel. Entscheidungen würden kollektiv getroffen, einen Chef gebe es nicht.

Zu Beginn dieses Jahres ging es dann schließlich zur Reparatur nach Polen. "Es war schon eine Herausforderung, einen 75 Jahre alten Traditionssegler von Grund auf zu sanieren", sagt Broschel. Lange Autofahrten von Kiel und zurück, Zehn-Stunden-Schichten auf der Werft, gleichzeitig Marketing und Finanzierung managen. Broschel: "Das war schon echt eine Mammutaufgabe."

Das Hörnbecken sieht die Genossenschaft als idealen Liegeplatz. "Es liegt zentral, und ein wenig mehr Kultur im Herzen von Kiel kann sicher nicht schaden", findet Broschel. Tatsächlich ist das kulturelle Angebot im Bereich der Hörn überschaubar. Westlich der Hörnbrücke gibt es mit "Vapiano" und dem "Blauen Engel" ein Restaurant und eine Bar, auf der östlichen Seite ein Eiscafé und einen Bäcker.

Am ehesten mit dem Kulturfrachter "Freedom" vergleichbar ist noch der Theaterfrachter "Lore Lay", der nahe dem Germaniahafen liegt. Eva Zeiske, Sprecherin von Kiel-Marketing, ist entsprechend angetan von dem Neuzugang in der Kieler Kulturflotte: "Ich finde das Projekt ganz großartig. Hier werden zwei wichtige Merkmale von Kiel.Sailing.City vereint: Kultur und Maritimes. Das Angebot ist sowohl für Einheimische als auch für Gäste attraktiv und etwas Neues."

Eröffnung für 1. April 2021 geplant

3.000 Arbeitsstunden sind bisher in die Flottmachung geflossen. Und bis zur Eröffnung des schwimmenden Kulturbistros sind für die Crew noch einige Hürden zu überwinden. Unter Deck ist noch immer Baustelle: Elektrik, sanitäre Einrichtungen und Innenausbau warten auf Vollendung. Derweil werden die Finanzen knapp. "Unsere persönlichen Einlagen sind zum größten Teil ausgeschöpft und wir hoffen nun auf weitere Unterstützung", sagt Jens Broschel. "Aber uns war von Anfang an klar, dass es kein durchgeplantes und vor allem finanziell abgesichertes Projekt wird. Wir sind nun mal ein bunter Haufen mit wenig Geld und viel Motivation. Wenn wir etwas nicht umsetzen können, machen wir uns einen Plan B oder halt auch C."

Wenn alles gut läuft, soll die "Freedom" am 1. April 2021 eröffnen. "Corona spielt dabei natürlich auch eine Rolle, wobei wir versuchen uns da nicht verrückt zu machen", sagt Broschel. "Zur Not öffnen wir mit Hygienekonzept und genügend Abstand. Bei all den Problemchen, die wir schon überwunden haben, bekommen wir das nun auch noch hin."

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Jens Broschel und Eva Zeiske
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