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Kieler Uni verbraucht so viel Energie wie eine Kleinstadt


"Können auf bestimmte Dinge nicht verzichten"
Kieler Uni verbraucht so viel Energie wie eine Kleinstadt

Von Sven Raschke

Aktualisiert am 18.08.2021Lesedauer: 4 Min.
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Das Juridikum in Kiel: Bei dem Neubau wurde der Nachhaltigkeitsaspekt besonders beachtet.Vergrößern des Bildes
Das Juridikum in Kiel: Bei dem Neubau wurde der Nachhaltigkeitsaspekt besonders beachtet. (Quelle: Jürgen Haacks/leer)

Bis 2030 will die Uni Kiel klimaneutral werden. Nachhaltige Bauten und Stellplätze für Fahrräder gibt es schon. Doch das alleine reicht nicht.

Statt Parkplätzen für Autos umgeben zahlreiche Radständer das Juridicum, den jüngsten Neubau der Christian-Albrechts-Universität in Kiel. Für das Gebäude selbst strebt die Uni dank Solarstromanlage und schadstoffarmer, nachhaltiger Bauweise als erstes auf dem Campus den Goldstandard des offiziellen Bewertungssystems für Nachhaltiges Bauen (BNB) an.

An dem Bau der Rechtswissenschaften wird das große Ziel deutlich, das sich die Universität selbst gesteckt hat. Bis 2030 will man hier Klimaneutralität erreichen. Auf dem Weg dorthin sind noch zahlreiche Schritte notwendig – in zum Teil völlig unbekanntem Terrain.

Investitionen in den Radverkehr

"In den letzten drei Jahren haben wir 1.000 neue Radstellplätze erschaffen", sagt Sebastian Starzynski. Als Klimamanager der Uni ist er zuständig für die Umsetzung des Klimaziels. Überhaupt habe man kräftig in die Infrastruktur für Radler investiert: Fahrradstationen, Duschen, ein Fuhrpark aus E-Bikes und Lastenrädern für Mitarbeiter, die zudem ihre eigenen E-Bikes kostenlos laden dürfen. Studierende können die Räder der Sprottenflotte 30 Minuten kostenlos nutzen.

Auch die Umstellung auf 100 Prozent Ökostrom ist bereits abgeschlossen. "Da profitieren wir vom Klimaküstenkraftwerk der Stadtwerke", erklärt Starzynski. "Das hat unsere CO2-Bilanz aktuell spürbar verbessert, aber mittelfristig fehlt noch eine echte Perspektive im Wärmeenergieverbrauch."

Hinzu kommen generell Einsparungen bei Strom- und Materialverbrauch.

Ein Weg mit vielen Unbekannten

"Die Phase der schnellen Gewinne haben wir jetzt überschritten", so der Klimamanager. Die offensichtlichen Einsparmöglichkeiten seien weitestgehend ausgeschöpft. "Jetzt kommen wir in eine Phase, wo es richtig zur Sache geht." So überlege man zurzeit, welche Faktoren überhaupt in die CO2-Rechnung aufgenommen werden.

Die Mensa und ihr Verbrauch etwa zählen nicht dazu, weil die vom Studentenwerk organisiert wird. "Ich weiß aber, dass das Studentenwerk selbst sehr bemüht ist, seinen CO2-Fußabdruck zu reduzieren", versichert Starzynski.

Die größten Fragezeichen gebe es bei den Verbrauchsgütern. "Was verbrauchen wir, wie viel CO2 steckt jeweils dahinter, und was wollen wir überhaupt dazuzählen? Da sind wir gerade dabei, das herauszufinden", sagt Starzynski. "Wir befinden uns gerade in einem Prozess, an dessen Ende eine Zahl steht: Wie viel CO2 verursachen wir durch unser Handeln? Und wie gehen wir damit um?"

Die Uni verbraucht so viel Energie wie eine Kleinstadt

Bei allen Ungewissheiten steht doch auch einiges bereits fest: Mit ihren 27.000 Studenten und knapp 4.000 Mitarbeitern, verteilt auf 200 Gebäude, bildet die Kieler Universität praktisch eine Kleinstadt – und verbraucht mit 20.000 Megawattstunden Strom vergleichbar viel Energie.

Das werde sich auch nur bis zu einem gewissen Grad reduzieren lassen, erklärt die Kanzlerin der Uni, Claudia Ricarda Meyer. "Auf bestimmte Dinge können wir nicht verzichten." So gebe es etwa für Rechner, Energie-intensive Forschungsgeräte und Laborequipment häufig keine Alternativen. "Manche der Gebäude sind unter den Topverbrauchern in Schleswig-Holstein", sagt Starzynski. "Das bringt eben die Forschungsarbeit mit sich."

Fokussierung auf Nachhaltigkeit wirtschaftlich sinnvoll

Die großen Neubauten entlang der Veloroute 10 werden teils sogar noch mehr Strom verbrauchen als ihre Vorgänger. Bei der zukünftigen Tierhaltung neben der alten Sternwarte sei das etwa bedingt durch strengere Tierschutzvorgaben, so die Kanzlerin. Dennoch: "Letztlich streben wir für alle Neubauten eine Nachhaltigkeitszertifizierung an, ähnlich wie beim Juridicum."

Die Fokussierung auf Nachhaltigkeit und Energieeffizienz sei auch aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll, erklärt Meyer. "Die Umrüstung des Rechenzentrums etwa hat natürlich erst mal etwas gekostet", so die Kanzlerin. Beim Rechenzentrum wurde durch eine Modernisierung des Kühlsystems der Energieverbrauch gesenkt und damit zugleich der CO2-Fußabdruck verringert. "Jetzt sparen wir dadurch Energie und damit Kosten ein." Was den gesamten CO2-Ausstoß angehe, habe man in den vergangen fünf Jahren bereits 80 Prozent eingespart.

Bisherige Maßnahmen zeigen Wirkung

Auch die Bemühungen um den Radverkehr haben sich bereits deutlich bemerkbar gemacht: So gibt es mittlerweile mehr Rad- als Pkw-Stellplätze – 3.500 gegenüber 2.500. Laut den letzten Umfragen kommen 40 Prozent der Studierenden mit dem Rad – bei den übrigen Kielern sind es nur etwa halb so viele. Wie viele der Studenten Bus oder Auto nutzen, ist noch nicht erfasst. "Wir stellen aber fest, dass die Leute mehr mit dem Rad fahren als früher", sagt Klimamanager Starzynski. "Unser Ziel ist es, in den nächsten Jahren auf mehr als 50 Prozent zu kommen."

Ein Viertel der Uni-Beschäftigten kommt noch immer mit dem Auto – was auch daran liege, dass viele von ihnen im Kieler Umland wohnten, wo der Öffentliche Nahverkehr nicht so gut ausgebaut sei, so Starzynski. Die Dienstreisen wiederum haben sich zuletzt durch Corona stark reduziert. Der Effekt werde aber wohl auch nach der Pandemie noch fortwirken – "weil wir gemerkt haben, dass sehr viel auch online möglich ist", so die Kanzlerin.

Die Erwartungen der Studierenden

In den nächsten ein bis zwei Jahren will man die Natur auf dem Campus klimafit machen. So sollen weitere Bio-Obstbäume gepflanzt, neue Bienen- und Blühwiesen angelegt werden. "Das sind kleine Maßnahmen", sagt Starzynski, "die aber sehr sichtbar sind und für die wir immer sehr positives Feedback von den Studierenden bekommen."

Generell sei die Einstellung gegenüber den Klima-Bemühungen der Uni sehr positiv. "Die Studierenden haben aber auch eine Erwartungshaltung", sagt der Klimamanager. Schließlich sei das Engagement der Universität ursprünglich auf Forderungen von Studentinnen und Studenten zurückzuführen. "Heute müssten wir uns eher rechtfertigen, wenn wir nichts in der Richtung machen würden."

Verwendete Quellen
  • Gespräche mit
  • Claudia Ricarda Meyer, Kanzlerin der CAU
  • Sebastian Starzynski, Klimamanager der CAU
  • Webseite der Universität Kiel
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