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Gil-Ofarim-Prozess in Leipzig: Verteidiger spricht von "fünf großen Lügen"


Prozess gegen Gil Ofarim
"Fünf große Lügen": Verteidiger kassiert Rüge

Von Yannick von Eisenhart Rothe

07.11.2023Lesedauer: 3 Min.
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Gil Ofarim: So erschien der jüdische Musiker am Dienstag im Gerichtssaal. (Quelle: dpa)

Gil Ofarims Verteidiger hat zu Prozessbeginn in einem langen Statement Medien und Öffentlichkeit scharf attackiert. Der Richter rügte den Anwalt für seine Ausführungen.

Vor dem Landgericht Leipzig hat der Prozess gegen den Musiker und Schauspieler Gil Ofarim begonnen. Ofarim werden unter anderem Verleumdung und falsche Verdächtigung vorgeworfen. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft soll er sich eine antisemitische Beleidigung, die er einem Hotelmitarbeiter vorwirft, ausgedacht haben.

Laut der vom Staatsanwalt verlesenen Anklage soll Ofarim im Oktober 2021 beim Einchecken in das Hotel Westin in Leipzig erbost darüber gewesen sein, dass andere Gäste aus der Schlange vorgezogen worden seien. Dabei habe es sich um Stammgäste gehandelt, deren Daten dem Hotel bereits vorgelegen hätten.

Gil Ofarim weist die Vorwürfe zurück

Ofarim soll sich bei einem Hotelmitarbeiter beschwert und damit gedroht haben, das Hotel öffentlich schlecht zu bewerten. Daraufhin habe der Hotelmitarbeiter Ofarim mitgeteilt, dass er erst einchecken dürfe, wenn er sich entschuldige. Der Musiker habe daraufhin das Hotel verlassen – und das Video aufgenommen, das den Fall öffentlich machte. Darin warf er dem Hotelmitarbeiter vor, ihn antisemitisch angegangen zu haben: Erst wenn er die Davidsternkette um seinen Hals abnehme, dürfe er einchecken.

Ofarim weist die Vorwürfe zurück und bleibt dabei, antisemitisch beleidigt worden zu sein. Am ersten Verhandlungstag verlas Alexander Stevens, einer der vier Verteidiger Ofarims, ein langes Statement. Er sprach darin von "fünf großen Lügen", die die öffentliche Meinung über den Fall bestimmten und zu einer Vorverurteilung seines Mandanten geführt hätten.

Erstens habe das Hotel die Vorwürfe nicht wie dargestellt fair und unvoreingenommen untersucht. Zweitens sei es nicht entscheidend, ob Ofarim seine Davidsternkette wirklich offen getragen habe. Die diskriminierende Äußerung des Hotelmitarbeiters sei auch denkbar, wenn er den Stern in diesem Moment nicht gesehen habe, da Ofarim eine bekannte Person sei und die Kette so gut wie immer trage. Drittens sei zudem durch Aufnahmen der Überwachungskamera nicht zweifelsfrei bewiesen, dass sein Mandant den Stern nicht offen getragen habe.

Verteidiger: "Völlig unplausibel"

Als vierte Lüge identifizierte der Verteidiger die Annahme, dass die Darstellung Ofarims unplausibel sei, weil geschultes Personal in einem gehobenen Hotel sich nicht antisemitisch äußere. Das sei abwegig, so Stevens. Im Gegenteil, die Darstellung der Staatsanwaltschaft sei "völlig unplausibel". Er halte es für nicht glaubhaft, dass ein Hotelmanager einem Gast das Einchecken nur wegen der Androhung einer schlechten Bewertung verweigere. Sollte das so geschehen sein, sei das seiner Einschätzung nach versuchte Nötigung und damit strafbar.

Die fünfte und letzte Lüge sei, dass die Beweislage gegen seinen Mandanten erdrückend sei. Er zog Vergleiche zu Fällen sexueller Belästigung und der Me-Too-Debatte. In Fällen von Diskriminierung sei es für Opfer meist schwierig, diese nachzuweisen.

"Eine Vorwegnahme des Plädoyers"

Der Vorsitzende Richter Andreas Stadler rügte die Äußerungen des Verteidigers. Der Umfang habe den für ein Eingangsstatement vorgesehenen Zeitrahmen deutlich überschritten. "Das war zum Teil eine Vorwegnahme des Plädoyers", sagte Stadler.

Das Gericht hat in dem Verfahren bis zum 7. Dezember zehn Verhandlungstage angesetzt. Der vorsitzende Richter hatte nach Verlesung der Anklage erklärt, es sei eine "allgemeinkundige Tatsache", dass in allen Schichten und Strömungen in Deutschland offener und verdeckter Antisemitismus anzutreffen sei.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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