Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr fĂŒr Sie ĂŒber das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Leipziger GrĂŒnder trotzen der Corona-Krise
In Corona-Zeiten blicken viele Menschen mit Sorge auf die Wirtschaft. Dennoch glaubt die Start-up-Szene an Chancen in der Krise. Drei junge Leipziger sind mit "Sanaleo" in den CBD-Markt vorgedrungen.
Als das Coronavirus Deutschland erreicht, ist das Unternehmen von Philipp Morkramer, Paul Portius und Franz Borchardt erst wenige Monate alt. Gemeinsam haben die Studienfreunde "Sanaleo" gegrĂŒndet und sind damit in eine nicht unumstrittene Branche eingestiegen: Sie verkaufen CBD-Produkte â Aroma-Ăle, BlĂŒten, CBD-Artikel fĂŒr Verdampfer.
Ihr erstes GeschĂ€ft eröffnen die drei Leipziger im Februar 2020 in Halle â kurz vor dem ersten Lockdown. Der hĂ€tte sie nicht allzu hart getroffen, weil vieles noch im Aufbau gewesen sei, sagt Morkramer. Trotzdem hĂ€tten sie ihr Konzept ĂŒberdenken mĂŒssen: "CBD-Produkte sind erklĂ€rungsbedĂŒrftig und wir wollten eben nicht nur auf den Onlinehandel setzen, sondern auf GeschĂ€fte vor Ort, wo wir auch beraten können. Das umzusetzen, ist durch Corona schwieriger geworden", sagt der 26-jĂ€hrige GrĂŒnder. Sie hĂ€tten umdenken und "Sanaleo" umstrukturieren mĂŒssen.
Erfolgreich durch UnterstĂŒtzung und Startkapital
Zu Beginn, sagt Philipp Morkramer, hĂ€tten sie keine Ahnung gehabt, wie man ein Unternehmen aufbaut. Selbst zu grĂŒnden, sei eine spontane Idee gewesen; 2019 noch, auf dem Balkon bei einem Bier. Ohne Erfahrung, ohne Startkapital â dafĂŒr mit einer GeschĂ€ftsidee, die die drei Studenten begeistert habe. "Zweifel an einer GrĂŒndung hatten wir auf jeden Fall. Wir wussten nicht, wie man so etwas angeht und wo wir das ganze Know-How herbekommen sollten", sagt Morkramer. Ăberzeugt habe sie schlieĂlich ein gemeinsamer Freund mit GrĂŒndungserfahrung, der ihnen sowohl mit seinem Wissen als auch seiner finanziellen UnterstĂŒtzung den Schritt ermöglicht habe.
CBD steht fĂŒr Cannabidiol. Es wird aus der Hanfpflanze gewonnen. CBD Produkte dĂŒrfen in der EU höchstens 0,2 Prozent THC enthalten. Der Verbraucherzentrale zufolge gibt es zwar Hinweise auf eine entzĂŒndungshemmende und schmerzlindernde Wirkung von CBD, aber keine ausreichend gesicherten Erkenntnisse zu Nutzen oder Nebenwirkungen des Stoffs.
Heute hat "Sanaleo" nach eigenen Angaben zehn Mitarbeiter, betreibt zwei GeschĂ€fte in Halle und Dresden, beliefert Kunden ĂŒber den eigenen Onlineshop. "Ohne die UnterstĂŒtzung von Freunden und dem Startkapital hĂ€tten wir nicht so schnell eigene Shops eröffnen können", sagt Morkramer. Das Unternehmen habe sich entwickelt, sei gewachsen â der erwirtschaftete Gewinn flieĂe dafĂŒr aber auch immer noch fast vollstĂ€ndig wieder zurĂŒck in die Firma.
Von Wachstum in der Krise können andere GrĂŒnder derzeit nur trĂ€umen: Neben Gewinnern in Corona-Zeiten gebe es auch unter den Leipziger Start-ups Verlierer, sagt Marco Weicholdt. Der MitbegrĂŒnder des "Basislager Coworking Leipzig" ist ein Kenner der GrĂŒnderszene der Messestadt. "Es gibt Leute, deren GeschĂ€ftsmodell ĂŒber Nacht verschwunden ist und die mit dem RĂŒcken zur Wand stehen", sagt er. Gerade zu Beginn der Krise hĂ€tten junge Unternehmen Investoren verloren â die herrschende Unsicherheit habe die Geldgeber abgeschreckt. "Unsicherheit ist fĂŒr Start-ups aber nichts Neues. Daher sind sie auch im Gegensatz zu groĂen, bereits etablierten Unternehmen in der Lage, quasi ĂŒber Nacht ein neues GeschĂ€ftsfeld aufzumachen und ein anderes liegen zu lassen, das gerade nicht funktioniert", sagt Weicholdt.
FlexibilitÀt als Vorteil
Eine StĂ€rke, die sich auch "Sanaleo" zu Nutze gemacht hat. Vor allem der zweite Lockdown sei fĂŒr das Unternehmen zum Problem geworden, sagt GeschĂ€ftsfĂŒhrer Morkramer. "Einnahmen sind weggebrochen, unsere Fixkosten sind jetzt höher und die Mitarbeiter mĂŒssen bezahlt werden. Ganze VertriebskanĂ€le verkaufen weniger oder gar nichts mehr." Die Umstellung auf Lieferdienste, Abholservices und verschiedene Online-Shops, die das "Sanaleo"-Sortiment vertreiben, sorgten dennoch fĂŒr Umsatz. Ein weiterer Pluspunkt: Die CBD-Branche ist weniger hart von der Krise getroffen als andere Wirtschaftszweige, wie Morkramer sagt. "Der Bedarf an CBD-Produkten ist nicht zurĂŒckgegangen. Die meisten Kunden bestellen im Internet oder lassen sich von Shops beliefern. So konnten wir der Krise entgegenwirken und unsere VertriebskanĂ€le auf den Onlinehandel ausrichten."
Embed
Der Zukunft von "Sanaleo" blickt Morkramer optimistisch entgegen. Und er glaubt an das Potenzial der Messestadt fĂŒr GrĂŒnder â ebenso wie Szene-Kenner Weicholdt: "Leipzig hatte vor der Krise ein sehr dynamisches GrĂŒndergeschehen und viele Vorteile fĂŒr Start-ups: junge, qualifizierte Menschen, verschiedene Uni- und Hochschulstandorte und moderate Lebenshaltungskosten."
Wie die Leipziger GrĂŒnderszene nach der Pandemie aussehen wird, sei jedoch schwer vorherzusagen. Aktuell sei definitiv ein Zögern unter GrĂŒndungswilligen festzustellen. "Wer jetzt grĂŒnden will, braucht noch mehr Selbstvertrauen als zuvor, muss sich noch stĂ€rker um Kontakte bemĂŒhen und die richtigen Leute digital ansprechen", sagt Weicholdt. Dennoch ist die Krise in seinen Augen auch eine Chance: "Eigentlich ist genau jetzt eine gute Zeit fĂŒr Start-ups und Leute, die anders denken und an Probleme herangehen. Es ist der richtige Zeitpunkt, um mit Ideen aufzufallen und laut zu sein."