Arbeitsrecht bei der WM Darf ich am Arbeitsplatz Fußball schauen?

Die Weltmeisterschaft ist nicht nur für Fußball-Fans ein wichtiges Event. Dabei richten sich die Spiele nicht immer nach den Arbeitszeiten. Erfahren Sie, wie Sie die Spiele auch während der Arbeit verfolgen können.
Inhaltsverzeichnis
- Darf ich das Spiel im Radio verfolgen?
- Darf ich vorzeitig den Arbeitsplatz verlassen, um das Fußballspiel zu verfolgen?
- Muss ich mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, weil ich nachts/morgens ein Spiel verfolgt haben und deswegen zu spät zur Arbeit komme?
- Wenn der Arbeitgeber erlaubt, das Fußballspiel während der Arbeitszeit oder in der Pause zu verfolgen, darf ich dann Alkohol dabei trinken?
- Wenn ich mir für den Spieltag und/oder den Folgetag Urlaub nehmen möchten, kann der Arbeitgeber diesen verweigern?
9:00 Uhr, 11:30 Uhr, 12:00 Uhr – aufgrund der Zeitverschiebung werden die Fußballspiele der aktuellen WM vormittags oder mittags übertragen. Für viele Berufstätige ist das Arbeitszeit. Darf ich das Spiel im Büro anschauen? Oder wenigstens Radio hören?
Auch wenn es dem Fan-Herz wehtut: nein. Erlaubt ist das nur, wenn der Arbeitgeber es ausdrücklich gestattet, sagt Jürgen Markowski, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein.
"Ich habe ja einen Arbeitsvertrag unterschrieben – und der verpflichtet mich, auch zu arbeiten." Fußball zu schauen, würde davon zu sehr ablenken – auch wenn es nur ein Live-Stream in einem kleinen Fenster auf dem Display ist.
Darf ich das Spiel im Radio verfolgen?
Nein, auch Radio-Übertragungen des Fußballspiels während der Arbeitszeit laufen zu lassen, ist nicht erlaubt. Und zwar selbst dann, wenn Arbeitnehmer im Job sonst Radio hören dürfen. "Solche Duldungen beziehen sich ja meistens auf Musik, manche können dabei ja wirklich besser arbeiten", sagt Markowski. "Eine Live-Übertragung ist aber was anderes, dabei kann sich eigentlich niemand mehr auf die Arbeit konzentrieren."
Wie kann ich das Spiel dennoch verfolgen?
Ein möglicher Ausweg ist der Live-Ticker in Textform: Ist das private Surfen auf der Arbeit sonst erlaubt, spricht vermutlich nichts gegen den gelegentlichen Klick auf "Aktualisieren" – wenn es die Arbeitsleistung nicht beeinträchtigt.
Und natürlich kann das WM-Gucken auch ausdrücklich erlaubt sein, per Rundmail vom Chef etwa. Manche Arbeitgeber stellen für die großen Spiele vielleicht sogar einen Fernseher oder einen Beamer auf. Dann können sie allerdings auch verlangen, dass Mitarbeiter die 90 Minuten nacharbeiten oder dafür zum Beispiel Guthaben vom Arbeitszeitkonto verbrauchen. "Das ist dann auch ein Fall für den Betriebsrat", sagt Markowski. "Im Idealfall kann der sogar auf den Arbeitgeber zugehen und so eine Regelung vorschlagen."
Darf ich vorzeitig den Arbeitsplatz verlassen, um das Fußballspiel zu verfolgen?
"Nein, einen Anspruch darauf gibt es nicht. Es sind aber die betrieblichen Regelungen maßgeblich", erklärt Markowski t-online. Einen Vorteil sieht der Anwalt hier für Arbeitnehmer, die im Gleitzeitmodell arbeiten. Diese können die ihnen eingeräumten Möglichkeiten entsprechend nutzen.
Mitarbeiter, die Überstunden auf ihrem Zeitkonto angesammelt haben, können nach Rücksprache mit dem Arbeitgeber diese während der WM 2023 abbauen. "Im Prinzip müssen aber die Arbeitnehmer die angeordnete Arbeitszeit einhalten. Will man später zur Arbeit kommen, um das Fußballspiel zu gucken, ist die Zustimmung des Vorgesetzten erforderlich", so der Fachanwalt.
Muss ich mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, weil ich nachts/morgens ein Spiel verfolgt haben und deswegen zu spät zur Arbeit komme?
"So ist es", sagt Markowski. "Wer zu spät zur Arbeit kommt, verletzt seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Das nächtliche Fußballspiel gibt hier keinen Entlastungrund her." Der Fachanwalt rät, hier vorsichtig zu sein. Ansonsten drohe dem Arbeitnehmer "disziplinarische Konsequenzen, also etwa eine Abmahnung." Besonders kritisch wird es dann, wenn bereits eine Abmahnungen vorliegt. "Dann kann ständiges Zuspätkommen im Übrigen auch die verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen."
Wenn der Arbeitgeber erlaubt, das Fußballspiel während der Arbeitszeit oder in der Pause zu verfolgen, darf ich dann Alkohol dabei trinken?
Dieser Fall ist situationsabhängig und kann nicht pauschal beantwortet werden. "Ist der Genuss von Alkohol im Betrieb generell verboten, dann gilt das auch beim Fußballgucken, außer der Chef hat das ausnahmsweise erlaubt", mahnt Markowski. Doch auch wenn der Alkoholkonsum wegen der Fußball-WM ausnahmsweise erlaubt ist, sollten Arbeitnehmer es nicht übertreiben. Das ist besonders der Fall, wenn nach dem Spiel noch weiter gearbeitet werden muss. "Hier darf der Alkoholgenuss die Arbeitsfähigkeit nicht beeinträchtigen."
Wenn ich mir für den Spieltag und/oder den Folgetag Urlaub nehmen möchten, kann der Arbeitgeber diesen verweigern?
Generell muss der Arbeitgeber den Urlaub nicht genehmigen, wenn betriebliche Gründe dagegen sprechen. Jürgen Markowski erklärt die Situation: "Je kurzfristiger also der Urlaub beantragt wird, je weniger der Arbeitgeber also vorab planen kann, oder je mehr Arbeitnehmer an diesem Tag Urlaub nehmen wollen, desto eher wird der Arbeitgeber den Urlaub ablehnen können."
Wird der Urlaubsantrag abgelehnt, dürfen sich Arbeitnehmer diesen auch nicht selbst genehmigen wie eine Art "Selbstbeurlaubung". Auch auf die Androhung, dann "krankzumachen", sollten Arbeitnehmer bei Ablehnung des Urlaubsantrags besser verzichten, warnt der Arbeitsrechtler. "Alleine diese Androhung kann ein Grund zur Kündigung sein."
- Nachrichtenagentur dpa-tmn
- Jürgen Markowski, Markowski Arbeitsrecht, Kanzlei für Arbeitnehmer:innen und Betriebsräte