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Wohnen im Alter: Technik als "Big Brother" für Kranke und Alte


Smart Home
Im Zuhause der Zukunft sicher alt werden

t-online, rw

Aktualisiert am 05.04.2012Lesedauer: 4 Min.
Intuitive Benutzeroberflächen sollen intelligente Wohntechnik auch für Senioren bedienbar machen.Vergrößern des BildesIntuitive Benutzeroberflächen sollen intelligente Wohntechnik auch für Senioren bedienbar machen. (Quelle: Fraunhofer-inHaus-Zentrum)
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Der Kühlschrank füllt sich selbst auf und auch die übrige Hauselektronik – vom Toaster bis zur Heizung – reguliert sich automatisch. Wohnkomfort pur, ermöglicht durch intelligente Assistenzsysteme. Einige Experten allerdings bezweifeln, dass die schöne neue Welt schon bald flächendeckend Einzug in den Wohnalltag hält. Sie sehen für vernetzte Wohntechnologien ganz andere Perspektiven. Als guter "Großer Bruder" soll die Technik Senioren und Kranken ein Leben im häuslichen Wohn-Umfeld ermöglichen. Bei einem Unfall schlägt "Big Brother" dann Alarm.

Natürlich ist es ganz schön, wenn die Waschmaschine Füllmenge und Art der Wäsche selbstständig erkennt und ihr Waschprogramm sowie die Menge des Waschmittels daraufhin anpasst. Auch eine Erinnerung via Handy, sobald die Maschine fertig ist, ist sicherlich hilfreich. Aber rechtfertigen solche kleinen Annehmlichkeiten Investitionskosten im deutlich fünfstelligen Bereich?

Intelligente Assistenzsysteme für Alte und Behinderte

"Zumindest die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass höherer Wohnkomfort als einziges Verkaufsargument nicht ausreicht, um damit einen Massenmarkt für intelligente Wohntechnologien zu erschließen. Da stimmt einfach das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen nicht", berichtet Gerrit Telkamp, Geschäftsführer der in Braunschweig beheimateten Domologic Home Automation GmbH, die bereits an mehreren Pilotprojekten zum Thema Vernetzung des Wohn- und Lebensbereichs beteiligt war.

Damit sich die zum Teil sehr kostspielige Technik am Markt durchsetzt, muss sie in der Lage sein, zur Lösung handfester Probleme beizutragen. Großes Potenzial sieht Telkamp unter anderem für intelligente Assistenzsysteme, die es alten und gehandicapten Menschen ermöglichen, länger ein autonomes Leben in den eigenen vier Wänden zu führen.

Der demografische Druck wächst

Laut einer Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) wünschen sich immerhin mehr als 80 Prozent aller Deutschen, im Alter möglichst lange im gewohnten, privaten Umfeld leben zu können. Was bei den meisten Privatpersonen nur ein Wunsch ist, kann sich, aufgrund der demografischen Entwicklung, absehbar zu einem gesellschaftlichen Zwang entwickeln. Denn bei anhaltend niedriger Geburtenrate steigt wegen des medizinischen Fortschritts zugleich die Lebenserwartung immer weiter.

Die logische Folge: Auf immer mehr alte Menschen kommen immer weniger professionelle Pflegekräfte. Viele Fachleute sehen deshalb schon einen Pflegenotstand über Deutschland heraufziehen. Zur Lösung des Problems, wie trotz der schwierigen demografischen Lage auch zukünftig eine angemessene medizinische und pflegerische Versorgung gewährleistet werden kann, könnte intelligente Haustechnik beitragen.

"Big Brother" für Senioren

So entwirft eine Studie des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) ein Szenario mit verschiedenen Anwendungsbeispielen: Vorstellbar sind demnach Assistenzsysteme, die einen älteren Menschen bei der Bewältigung seines Alltags - zum Beispiel bei der täglichen Körperhygiene - unterstützen. Bewegungssensoren erfassen dabei, welche Körperstellen bereits gewaschen wurden und erinnern an die tägliche Rasur, wenn diese sonst vergessen würde.

Auch in vielen anderen Alltagssituationen könnte das intelligente Haus unterstützend eingreifen. So ist ein Display an der Wohnungstür denkbar, das den Bewohner vor dem Verlassen daran erinnert, wichtige Utensilien wie Schlüssel, Geldbörse und Brille einzustecken. Über ein zentrales Steuermodul könnten alle wesentlichen Systeme im Haus - von der Unterhaltungselektronik bis zur Heizung bedient werden, ohne dass der Bewohner dafür aufstehen muss. Ein intelligenter Medizinschrank erinnert daran, die richtigen Medikamente zur richtigen Zeit einzunehmen.

Ebenso registriert würden massive Abweichungen vom üblichen Bewegungsprofil, zum Beispiel aufgrund eines Sturzes. Über eine Internetverbindung könnte das System dann bei einem mobilen Pflegedienst oder dem Rettungsdienst Alarm schlagen, so dass zügig Hilfe kommt. Alle wichtigen Vitalfunktionen wie Puls oder Blutdruck würden über ein Armband, das der Bewohner ständig trägt, erfasst und an den Hausarzt oder Pflegedienst übertragen. Bei signifikanten Abweichungen von der Norm würde auch hier Alarm ausgelöst.

Ausweg aus dem Pflegenotstand

Tatsächlich hätten solche Innovationen das Zeug dazu, alten und gehandicapten Menschen ein autonomes Leben in den eigenen vier Wänden zu erleichtern oder es überhaupt erst zu ermöglichen. Selbst bei bettlägerigen Patienten würde sich der Pflegeaufwand massiv reduzieren, wenn man ihnen über ein Steuermodul die Bedienung von Heizung, Fenstern oder Licht ermöglichte. Insofern kann vernetzte Wohntechnologie hier perspektivisch zur Lösung eines der drängendsten gesellschaftlichen Probleme überhaupt beitragen.

Senioren haben häufig Berührungsängste

Bislang allerdings ist das noch Zukunftsmusik. Abgesehen von einigen Pilotprojekten hapert es an der Umsetzung. "Ein Kernproblem besteht darin, dass ältere Menschen nicht so technikaffin sind", erläutert Telkamp. Zusammen mit der TU-Braunschweig hat das Unternehmen ein inzwischen eingestelltes Pilotprojekt in einer Seniorenwohnanlage im Niedersächsischen Gifhorn durchgeführt. "Viele der Bewohner haben die eingebauten Technologien einfach nicht genutzt."

Usabilitiy als Schlüsselanforderung an vernetzte Wohntechnik

Die Optimierung der Bedienbarkeit - neudeutsch Usability - ist aus diesem Grunde eine der großen Herausforderungen bei intelligenten Haussystemen. Möglichst intuitive und verständliche Nutzeroberflächen zu entwickeln hat sich darum auch das Netzwerk "Connected Living e.V." auf die Fahnen geschrieben, in dem über 50 Unternehmen, Verbände und Vereine aus den Bereichen Energie, Elektronik, Sicherheit und Gesundheit organisiert sind.

"Die Entwicklung verbesserter Bedienkonzepte ist einer unserer Schwerpunkte", bestätigt der Geschäftsführer des Netzwerks Torsten Witusch, der außerdem bei der Deutschen Telekom AG im Produkt- und Innovationsbereich tätig ist, und das Know-How des Konzerns bei "Connected Living" einbringt. So wird unter anderem an Möglichkeiten der Sprach- und Gestensteuerung gearbeitet.

Eine gute Versorgung im Wohnumfeld sicherstellen

"Vor dem Hintergrund der demografischen Veränderungen und den Bedürfnissen alter Menschen so lange wie möglich im eigenen Haus bleiben zu wollen, möchten wir frühzeitig Konzepte entwickeln, wie gemeinsam und übergreifend mit Pflegediensten und Ärzten eine gute Versorgung im Wohnumfeld sichergestellt werden kann", ergänzt Michael Bernatek vom AOK-Bundesverband, der ebenfalls bei "Connected Living" engagiert ist. Wenn dies in Zukunft gelingt und die neuen Technologien vom Nutzer angenommen werden, könnten diese schon bald einen wichtigen Beitrag zur Lösung eines der gravierendsten Probleme der Gesellschaft leisten.

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