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Rassismus bei der Berliner Polizei? "Im Dienst fällt schon mal das N-Wort"


Sprachempfehlungen bei der Polizei
"Im Dienst fällt schon mal das N-Wort"

Von Jannik Läkamp

Aktualisiert am 05.01.2023Lesedauer: 3 Min.
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Görlitzer Park, Berlin: Die Polizei kontrolliert mutmaßliche Cannabis-Dealer und Konsumenten.Vergrößern des Bildes
Polizei kontrolliert im Görlitzer Park in Berlin (Archivbild): Besonders an solchen Hotspots komme es zu rassistischen Äußerungen durch Beamte. (Quelle: imago stock&people)

Im Netz gab es Trubel um einen internen Leitfaden der Polizei. Er empfiehlt eine inklusivere Sprache. Doch ändern wird das wohl kaum etwas.

Die Berliner Polizei hat einen internen Leitfaden mit Sprachtipps für ihre Beamten herausgegeben. Er soll Hilfestellungen zum Umgang mit marginalisierten Gruppen geben. Doch der Effekt des Schriftstücks hält sich wohl sehr in Grenzen.

Empfohlen wird in dem Schriftstück Medienberichten zufolge neben einer Genderschreibweise mit Doppelpunkt auch etwa, statt "Asylbewerber" Worte wie "asylsuchende Menschen" zu verwenden. Auch der Begriff "Südländer" solle nicht verwendet werden. Bei diversen Personen solle auf eine geschlechtsspezifische Ansprache wie "Herr" oder "Frau" verzichtet werden.

Dies löste auch eine Debatte im Netz aus, besonders mit Bezug auf die Täterfrage der Silvesterkrawalle. Doch ob die Empfehlungen nun tatsächlich eine inklusivere Sprache der Berliner Beamten zur Folge haben, bleibt fraglich.

Berlin: "Wir haben andere Probleme"

"Die wenigsten Kolleginnen und Kollegen werden den Leitfaden gelesen haben", erklärt Oliver von Dobrowolski, Kommissar und Autor aus Berlin. Zum einen liege das an der hohen Arbeitsbelastung der Beamten. "Wir haben wegen der personellen Probleme oft keine Zeit dafür, Leitfäden zu lesen. Einige haben sich angewöhnt, Meldungen im Intranet gar nicht erst anzuschauen."

Eine Verpflichtung, die Empfehlungen zu lesen, gebe es laut von Dobrowolski nicht. Auch werde intern kaum über den Leitfaden gesprochen. "Den Wirbel darum gibt es in der Politik und den Medien, nicht in internen Pausengesprächen. Da wird das nicht thematisiert, es gibt auch keine Aufregung darüber. Wir haben genug andere Probleme."

Doch selbst wenn zur Kenntnis genommen – angewendet werden die Empfehlungen kaum, so von Dobrowolski.

Zwar findet der Kommissar die Sprachempfehlungen "ausgezeichnet", wie er im Gespräch mit t-online sagt. "Das ist lange überfällig." Doch ob das seine Kollegen ähnlich sehen? "Gewiss nicht, nein." Er verwende schon seit Längerem eine inklusive Sprache und gendere auch im Dienst, so von Dobrowolski. "Von den Kolleginnen und Kollegen ernte ich dafür oft hochgezogene Augenbrauen."

"Da fällt auch mal das N-Wort"

Besonders rassistische Sprache sei ein Problem bei der Polizei. "Das ist an der Tagesordnung, nicht täglich bei jeder einzelnen Polizistin oder jedem Polizisten, aber im Gesamten. Besonders in Hotspots wie dem Görlitzer Park, an dem ich auch oft im Einsatz war." Daran ändere auch der Leitfaden nichts. Besonders betroffen seien Gruppen, die ohnehin schon marginalisiert werden. "Da fällt im Dienst oder über Funk schon mal das N-Wort", so von Dobrowolski.

Auch Wohnungslose seien öfter Beleidigungen durch Beamte ausgesetzt. "Besonders betroffen sind auch die Menschen, die sich aus Furcht vor Konsequenzen nicht trauen, sich gegen die rassistischen Worte der Polizei zur Wehr zu setzen."

Geändert habe sich laut dem Kommissar seit Jahren nichts. "Ich persönlich merke keinen Unterschied zu vor fünf Jahren oder vor zehn. Da ist noch viel Luft nach oben. Vor allem der Terminus 'Südländer' wird oft verwendet."

"Nicht nur eine Symbolhandlung"

Obwohl er anscheinend kaum Anwendung findet, hält von Dobrowolski den Leitfaden dennoch nicht für nutzlos. "Auch wenn er nur in der Schublade landet. Irgendwann müssen alle mal einen Text verfassen, der besonders korrekt und unangreifbar ist. Und dann wird der Leitfaden aus der Schublade geholt. Ich hoffe, dass sich die Sprachempfehlungen so in den Alltag integrieren." Die Sprachempfehlungen seien für von Dobrowolski "nicht nur Symbolhandlung".

"Auch merken die Kolleginnen und Kollegen, die sich nicht an die Sprachempfehlungen halten, dass es bei mir meist zu positiven Reaktionen führt und den Job erleichtert", so der Polizist. Und am Ende sei es wie mit der Rechtschreibreform. Es gebe immer noch Kollegen, die an alten Schreibweisen festhalten. "Das tut dann oft in den Augen weh." Aber die neue Rechtschreibung habe sich schließlich dennoch bei den meisten durchgesetzt.

Verwendete Quellen
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