Urne zu dick Friedhofs-Posse in Berlin: "Das ist doch gruselig"

In Berlin durfte eine Verstorbene nicht wie gewünscht bestattet werden. Ist das jetzt kleinkarierte Bürokratie? Oder muss Ordnung nun mal auch auf Friedhöfen sein?
Paragraf 12, Absatz 3 der Berliner Friedhofsordnung ist eindeutig formuliert: "Überurnen dürfen höchstens 0,31 m hoch sein und eine Breite und Tiefe oder einen Außendurchmesser von 0,21 m haben."
Die Urne, die Christel H. für ihre verstorbene Mutter gekauft hatte, maß an ihrer dicksten Stelle jedoch 22,5 Zentimeter. 1,5 Zentimeter zu viel, wie das Bezirksamt trocken feststelle. Eine Beisetzung sei so nicht möglich, blieb das Amt hart.
Christel H. hatte keine andere Wahl, wie die "B.Z." zuerst berichtete: Sie musste eine neue Urne für ihre Mutter besorgen. Auch die Intervention der Pfarrerin habe nichts gebracht.
Berliner Bestatter: "Das ist doch unmenschlich und gruselig"
Die Asche ihrer Mutter sei seit zwei Wochen in der ursprünglichen Urne gewesen, berichtete H. der "B.Z.". Der Zeitung zufolge sagte die 70-Jährige unter Tränen: "Und jetzt muss die Pfarrerin die Aschekapsel austauschen, damit meine Mutter beerdigt werden kann."
"So viel Bürokratie", sagte eine Angestellte des beauftragten Bestattungsinstituts dazu am Donnerstag t-online. "Ich dachte, das gibt es gar nicht mehr. Das ist doch unmenschlich und gruselig für die Angehörigen."
Die gleiche Urne wurde in Berlin schon zigmal verwendet
Bei der gekauften Urne handle es sich um ein "Standardurnenmodell", das in ganz Deutschland vertrieben werde, teilte das Institut mit. "Bisher war das nie ein Problem." Seit Anfang 2022 habe das Bestattungsinstitut die Urne 30 Mal auf Berliner Friedhöfen verwendet.
Allerdings seien die Regelungen für Urnen und Särge in Deutschland ein regelrechter Dschungel, erläuterte die Sprecherin des Instituts weiter: "Es gibt 16 Bestattungsgesetze – und dann kann jeder Friedhof auch noch eigene 'Hausregeln' aufstellen."
Ermessensspielraum ist eigentlich üblich
Fabian Lenzen, Obermeister der Bestatter-Innung, verweist daher darauf, dass ein gewisser Ermessensspielraum immer üblich sei. Es gebe stets die Möglichkeiten für Ausnahmen. "Der Mehraufwand, das Urnengrab 1,5 cm größer herzustellen, ist unproblematisch, zumal die Gräber üblicherweise mit einem gewissen Spielraum geöffnet werden", sagte er der "B.Z.".
Mit anderen Worten: Es ist üblich, auch einmal ein Auge zuzudrücken. Und es macht auch keinerlei Umstände. Christel H. wurde dieses Ermessen allerdings nicht gewährt: Sie musste ihre Mutter am Mittwoch in einer kleineren Ersatzurne beerdigen.
- bz-berlin.de: "Mamas Urne zu dick für Berliner Friedhof"
- gesetze.berlin.de: Berliner Friedhofsordnung
- Telefonat mit einer Sprecherin des Bestattungsunternehmens
- Anfrage an die Friedhofsverwaltung Berlin-Reinickendorf