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Fünfjährige in Berlin getötet: "Als ich sein Bild gesehen hab, wurde mir übel"


Fünfjährige in Berlin erstochen
"Als ich sein Bild gesehen hab, wurde mir übel"

Von Yannick von Eisenhart Rothe

Aktualisiert am 22.02.2023Lesedauer: 4 Min.
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Nicole-Katrin Waliczek zündet nahe dem Tatort eine Kerze an.Vergrößern des Bildes
Nicole-Katrin Waliczek zündet nahe dem Tatort eine Kerze an. (Quelle: Yannick von Eisenhart Rothe)

Nach dem gewaltsamen Tod eines fünfjährigen Mädchens steht Berlin-Pankow unter Schock. Im Park, in dem das Kind gefunden wurde, versammeln sich Trauernde.

Auf den ersten Blick wirkt alles normal an diesem Morgen im Pankower Bürgerpark. Ein paar Mütter mit Kinderwagen gehen spazieren, Jogger traben vorbei, ein Mann ermahnt seine Hunde. Wer weiter in den Park hineingeht, sieht schnell, warum es kein Morgen wie jeder andere ist. Zwischen Bäumen ist weiß-rotes Flatterband gespannt, vereinzelt stehen Polizeibeamte dahinter. Vorbeikommende, die die Szenerie entdecken, bleiben kurz stehen, halten inne, sprechen leise miteinander. Eine Frau bricht in Tränen aus und wird von ihrer Begleiterin getröstet.

In diesem Park ist am Tag zuvor das passiert, was für Eltern der schlimmste Albtraum ist. Passanten fanden am frühen Abend eine schwer verletzte Fünfjährige im Gebüsch. Rettungskräfte versuchten vergeblich, das Kind wiederzubeleben. Es wurde wohl erstochen. Ein 19-jähriger Tatverdächtiger wurde festgenommen. Er soll der Babysitter des Mädchens und seiner Geschwister und ein Bekannter der Familie gewesen sein.

"Man fragt sich vor allem: Warum?"

"Wir sind total entsetzt", sagt Renate Götze, die mit ihrem Mann Gerhard durch den Park läuft. "Wie kann jemand einem Kind so was antun?" Die beiden gehen oft hier entlang, erzählen sie. Einmal in der Woche besuchen sie in der Nähe eine Tanzveranstaltung. "Wir haben Kinder, Enkel und Urenkel. Es ist unvorstellbar, dass so etwas passiert."

Der Fundort des Kindes liegt nahe einem Ziegengehege im Park. An einem Baum haben Trauernde Grablichter und Blumen niedergelegt. Ein Mann stellt eine Kerze ab. Er arbeite in der Nähe und sei sehr betroffen. Mehr sagen möchte er nicht.

Kurze Zeit später kommt eine Frau mit ihrer elfjährigen Enkelin in den Park. Sie haben eine Kerze und gelbe Narzissen mitgebracht. Sie wohnen in Buch ganz im Norden Berlins und sind extra hergefahren. "Man fragt sich vor allem: Warum?", sagt die Frau. "Das Mädchen hat ihr Leben gerade erst begonnen", sagt die Elfjährige. Sie finde es schon ein bisschen gruselig, hier zu sein. Aber es sei ihr wichtig, eine Blume abzulegen, sagt sie. Ihre Großmutter sagt, dass sie jetzt noch ein bisschen mehr darauf achte, wo ihre Enkelin allein unterwegs sei. "Ich werde bestimmt öfter anrufen", sagt sie. "Aber Kinder müssen ja auch irgendwann selbstständig werden. Man kann nicht immer dabei sein."

Polizei sucht mit einer Drohne nach Spuren

Am Vormittag vergrößert die Polizei den abgesperrten Bereich im Park und bittet Trauernde und Presse, weiter wegzugehen. Eine Drohne steigt auf, mit der die Polizei den Park überfliegt. Wonach genau sie suchen, sagen die Polizisten vor Ort nicht.

Hinter dem Park hat die Polizei eine Straße abgesperrt. Auch hier kommen immer wieder Menschen vorbei, um Blumen oder Kuscheltiere abzulegen. Einige unterhalten sich mit den Polizisten an der Absperrung und wollen von ihnen wissen, ob man schon wisse, warum das Kind sterben musste. Antworten haben auch sie keine.

Antje Neumann erzählt, dass sie ganz in der Nähe wohne. Sie kenne das Gebüsch genau, wo das Mädchen gefunden wurde. "Es ist eine sehr schlecht einsehbare Stelle", sagt sie. Fast jeden Tag laufe sie mit ihren Hunden daran vorbei, auch ungefähr zu der Uhrzeit, zu der die Tat am Vortag passiert sein muss. Wegen eines Schichtwechsels bei der Arbeit war sie aber gestern nicht zu dieser Zeit hier. "Seitdem geistert mir ständig durch den Kopf: Wäre ich nur dagewesen." Sie würde sich wünschen, die Zeit zurückdrehen zu können.

Polizei befragt Zeugen mit einem Bild des Tatverdächtigen

Auch Nicole-Katrin Waliczek wohnt in der Nähe und zündet eine Kerze an der Absperrung an. Ihr kleines Kind trägt sie in einem Tragetuch um den Körper. Sie habe geweint, als sie von dem Fall gehört habe, sagt sie. Am Morgen habe sie sich in ihrem Stammcafé um die Ecke einen Kaffee geholt. Während sie sich mit dem Besitzer unterhalten habe, sei die Polizei gekommen, um ihn zu befragen. Sie hätten ihm ein Bild des Tatverdächtigen gezeigt. "Als ich sein Bild gesehen hab, wurde mir übel", sagt Waliczek.

Das Café gehört Cumali Toker und liegt einige Hundert Meter vom Park entfernt. Mehrmals sei die Polizei bei ihm gewesen, erzählt er. Auch schon am Vortag, als das Kind noch gesucht wurde. "Sie haben gefragt, ob ein Mann mit einem kleinen Mädchen hier war, um die Toilette zu benutzen. Aber ich habe gar keine Kundentoilette." Heute seien sie dann mit dem Bild des Tatverdächtigen wiedergekommen. Er habe ihnen aber nicht weiterhelfen können, er kenne den Mann nicht. "Wenn er es war, soll er nie wieder das Tageslicht sehen", sagt Toker. Er habe selber zwei Töchter und könne sich kaum vorstellen, was die Eltern gerade durchmachen müssten.

Laut einer Mitteilung der Polizei wird der Tatverdächtige noch am Mittwoch einem Haftrichter vorgeführt. Angaben zu einem möglichen Motiv machten die Ermittler bisher keine.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
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