Verfassungsgericht Niederlage bei Verdächtigen-Vornamen: Senat prüft Vorgehen

Der Berliner Senat wollte der AfD häufige Vornamen von Straftätern mit Messern nicht nennen und verlor damit vor Gericht. Die AfD besteht auf ihrer Frage. Der Senat verrät wenig zu seiner Strategie.
Nach der juristischen Niederlage im Streit um die Herausgabe von Verdächtigen-Namen lässt die Senatsinnenverwaltung ihr weiteres Vorgehen offen. Auf eine Nachfrage dazu hieß es, der Beschluss des Berliner Verfassungsgerichts werde derzeit geprüft. Weitere Auskünfte könnten nicht gegeben werden. Das Gericht hatte Mitte Mai entschieden und Mittwoch bekannt gegeben, dass der Senat eine Anfrage der AfD zur Nennung von Vornamen von Tätern bei Messer-Straftaten zu Unrecht abgelehnt hatte. Die Richter fügten hinzu, nun müsse die Behörde erneut über die Beantwortung entscheiden.
Der AfD-Abgeordnete Marc Vallendar hatte 2024 eine Anfrage an den Senat gestellt. Darin erfragte er die 20 häufigsten Vornamen von Verdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit zu Delikten im Jahr 2023, bei denen ein Messer eine Rolle spielte. Der Senat hatte das abgelehnt, weil einzelne Menschen so identifiziert werden könnten.
Gericht fand Argument des Senats nicht überzeugend
Das Gericht erklärte, diese Begründung sei nicht tragfähig. Ein relevantes Identifizierungsrisiko sei nicht plausibel angesichts der 20 häufigsten Vornamen bei insgesamt fast 1.200 Verdächtigen im Jahr 2023.
Zudem sei eine im Gerichtsverfahren nachgereichte Begründung zu möglicher Stigmatisierung irrelevant, weil sie in der ursprünglichen Ablehnung der Anfrage nicht enthalten war, so das Gericht.
AfD-Abgeordneter will Frage zu Vornamen erneut stellen
Der AfD-Abgeordnete Vallendar teilte mit, der Senat könnte sich nun korrigieren und ihm eine erneute Antwort zukommen lassen. Unabhängig davon werde er die Frage in erweiterter Form und auch für das Jahr 2024 erneut stellen. Der Senat müsse sie dann innerhalb von drei Wochen schriftlich beantworten.
Vallendar betonte: "Es wäre ein einmaliger Vorgang der Verfassungsgeschichte, wenn dieselbe Frage jetzt mit anderer Begründung abgelehnt würde, nachdem der Senat es bereits – wie vom Gericht festgestellt – versäumt hat, seine erstmalige Ablehnung rechtzeitig und ausreichend zu begründen und ein Nachschieben von Gründen im Organstreit nicht zulässig ist." Sollte die Antwort nicht gegeben werden, würde er wieder vor das Landesverfassungsgericht ziehen.
AfD-Frage zielt auf Migrationshintergrund in Polizeistatistik ab
Die AfD hatte die Frage zu den Vornamen gestellt, weil bei den Verdächtigen in der Polizeistatistik zwar zwischen deutscher und ausländischer Nationalität unterschieden, aber nicht auf einen möglichen Migrationshintergrund bei den deutschen Verdächtigen eingegangen wird. Den wollte die AfD über die Vornamen herausfinden.
Die Entscheidung des Gerichts fiel sehr knapp mit fünf zu vier Stimmen der Richter aus. Vier Richter hatten in einem Sondervotum geschrieben, die Erstellung und Herausgabe einer Liste mit den häufigsten Vornamen von Verdächtigen sei dem Senat wegen Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde verfassungsrechtlich verboten.
- Nachrichtenagentur dpa