Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Im Berliner Fernsehturm "Geilster Broiler" von Tim Raue: Überteuertes Mensa-Essen

Der Start war holprig für Tim Raues Restaurant im Berliner Fernsehturm. Im Netz gab es Kritik an Service und Essen. Läuft es jetzt besser?
Mit der Gastro-Szene der Hauptstadt ist es so eine Sache. Will man ordentlich essen, wird das ein teures Vergnügen. Das ist nicht weiter schlimm, wenn die Qualität stimmt. Kürzlich hat Starkoch Tim Raue sein neues Restaurant in der Kugel des Berliner Fernsehturms eröffnet. Zeit, nach anfänglichen Betriebsproblemen den "geilsten Broiler der Stadt" (O-Ton Raues kulinarischer Direktor) zu probieren.
Vorab: Die Ausführungen eines t-online-Kollegen hatten schon sehr überraschend geklungen. Nach seinem privaten Besuch im "Sphere Tim Raue", wie das Restaurant im Fernsehturm offiziell heißt, ließ er nicht viel Gutes an seinem kulinarischen Erlebnis.s. Er hatte die Königsberger Klopse gegessen. "Zu fest, zu trocken", "die Soße grau und zu salzig". Zufriedenheit klingt anders. Aber das war eine Einzelmeinung. Nur der Selbsttest zählt wirklich.
Nur die Beilagen schmecken solide
Spoiler zum Broiler: Doll war er nicht. Der Starkoch hätte das Gericht besser "halbes Hähnchen mit kleiner Sättigungsbeilage" genannt. Das Fleisch war fest, die Haut hätte knuspriger sein können. Außerdem war das gesamte Gericht zu stark gewürzt. Das galt nicht nur für das Geflügelfleisch: Der überschaubare Klecks Süßkartoffelpüree schmeckte mehr nach Orange als nach Süßkartoffel. Die Kombination mit Orange hätte trotzdem etwas Besonderes sein können. Doch war der Geschmack der Frucht viel zu dominant.
Solide am Raue-Broiler war nur dessen Beiwerk: Die Paprikarahmsoße und der (ebenfalls überschaubare) Karottensalat schmeckten, wie man es erwartete. Am Ende reichte das aber nur für das Prädikat: Ein Gericht, wie es in einer Uni-Mensa nicht weiter aufgefallen wäre. Allerdings würde es dort vielleicht sieben oder acht Euro. Anders im "Sphere" von Tim Raue. Denn dort kostete der laut Speisekarte "geilste Broiler der Stadt" nicht ganz so geile 29 Euro – deutlich zu viel für die gebotene Qualität.
Eiscreme zum Nachtisch kommt im Pappbecher
Ähnlich enttäuschend in Hinblick auf das Preis-Leistungs-Verhältnis war der auf den Broiler folgende Nachtisch. Für 8,50 Euro brachte der Kellner eine 150 Milliliter fassende Pappschale auf einem Teller – ein wahrhaft trauriger Anblick für das Restaurant eines Sternekochs. Im Pappbecher: Eiscreme des Berliner Herstellers "Florida Eis" in einer Tim-Raue-Sonderedition. Diese schmeckte zwar sehr gut, und doch wurde man den Eindruck nicht los, dass man hier für den Namen übermäßig zur Kasse gebeten wird. Zumal dieselbe Menge Eiscreme im Andenkenladen des Fernsehturms zu ebener Erde ganze 4,90 Euro kostet.
Vor dem Bezahlen dann kurze Hoffnung, dass wie kurz nach der Restauranteröffnung das Kassensystem wieder streikt. Aber Pustekuchen. Broiler und Eiscreme sowie eine Limonade und ein Kaffee kosteten stolze 48,20 Euro. Dazu kamen 28,50 Euro für die Fahrstuhlfahrt hoch zum "Sphere" und das Zeitfenster am Tisch. Das machte insgesamt 76,70 Euro – zu viel für das Gebotene.
Gewiss ist Tim Raue ein außergewöhnlicher Koch. Und sein kolportierter Aufstieg vom einfachen Jungen aus armem Elternhaus zum erfolgreichen Geschäftsmann ist beeindruckend. Jetzt muss er aufpassen, dass nicht der Ruf des windigen Geschäftemachers hinzukommt. Beim "Sphere" im Berliner Fernsehturm ist noch Luft nach oben. Vielleicht nicht in Bezug auf die in 207 Metern Höhe gelegene Location. Aber sehr wohl in Bezug auf den Broiler.
- Reporter vor Ort