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Zweifelhafte Corona-Tests in Berlin: Ergebnis schon nach 1,5 Minuten


t-online testet die Testzentren
Zweifelhafte Corona-Tests: Ergebnis nach anderthalb Minuten

Von Kriss Rudolph

Aktualisiert am 04.06.2021Lesedauer: 3 Min.
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Menschen warten vor einer Corona-Teststation in Berlin-Zehlendorf (Symbolbild): Nicht immer werden die Tests korrekt durchgeführt.Vergrößern des Bildes
Menschen warten vor einer Corona-Teststation in Berlin-Zehlendorf (Symbolbild): Nicht immer werden die Tests korrekt durchgeführt. (Quelle: Stefan Zeitz/imago-images-bilder)

Seit Tagen stehen Corona-Testzentren bundesweit in der Kritik. Wegen "unsachgemäßer Testungen" wurden auch in Berlin schon mehrere Teststellen geschlossen. Unser Reporter hat einige Testangebote ausprobiert – und dabei erstaunliche Dinge erlebt.

In Berlin gibt es mittlerweile rund 1.600 Corona-Schnelltestzentren. Bei den privaten Anbietern fällt die Qualität ganz unterschiedlich aus, wie sich bei einem kleinen Feldversuch zeigt.

Beim Test in einer Charlottenburger Apotheke führt der Mitarbeiter das Wattestäbchen weit in die Nase ein und dreht es dort, bis einem die Tränen in die Augen steigen. So wird es auch bei zufällig ausgewählten Teststellen an der Friedrichstraße und an der Kottbusser Straße gehandhabt. Wer hier die Teststation verlässt, muss erst mal kräftig niesen. Teilweise, so erlebt man es bei einer privaten Teststelle in Moabit, zählt der Mitarbeiter jede Wendung des Wattestäbchens laut mit. "Eins, zwei, drei …."

Bei anderen Anbietern geht es so schnell, dass man überhaupt nichts merkt: Bei einem Anbieter in Moabit, der weitere Teststellen etwa im Wedding betreibt, fallen gleich mehrere Dinge auf: Man wird von einem jungen Mann in Sicherheitskleidung empfangen, dessen FFP2-Maske aber nur den Mund bedeckt und der auch nicht anhand des Personalausweises die Identität der Testperson überprüft.

Seine Kollegin nimmt den Test vor: Das Wattestäbchen ist kaum zwei Sekunden im vorderen Bereich der Nase, auch gewendet wird es nicht. Dies wurde auch bei einem früheren Besuch in dieser Teststelle von anderen Mitarbeitern so gehandhabt.

Kann ein Zwei-Sekunden-Test das Virus aufzeigen? Auf diese Frage hat Moritz Quiske, der Pressesprecher des Gesundheitssenats, eine eindeutige Antwort: "Natürlich nicht!" Eine Auskunft darüber, ob hier überhaupt schon positive Tests gemeldet wurden, gibt es nicht. Auch der Anbieter selbst will sich momentan gegenüber t-online nicht äußern. "Unsere zeitlichen Kapazitäten sind vollkommen ausgelastet", teilt man per E-Mail mit.

"Das Wattestäbchen wurde nur mal kurz in die Nase gehalten"

Als Anfang der Woche Teststellen in Neukölln kontrolliert und mehrere geschlossen wurden, lag unter anderem genau dieser Grund vor, wie Christian Berg, der Sprecher des Bezirksamtes gegenüber t-online sagt: "Das Wattestäbchen wurde nur mal kurz in die Nase reingehalten und nicht gedreht." Zudem waren in einem Fall nicht zugelassene Tests gefunden worden. In anderen Fällen wurden die hygienischen Zustände beanstandet: So lag Müll in der Teststelle offen herum. Diese Stelle wurde allerdings nicht geschlossen, so Berg.

In einem anderen Fall wurde das Stäbchen nach dem Abstrich nur flüchtig in die Lösung gehalten, die das Ergebnis zutage fördern soll. Dort hätte es aber mindestens eine Minute verbleiben müssen. "Das ist je nach Hersteller des Tests unterschiedlich", erklärt Berg. "Aber man muss sich natürlich an die Vorgaben des Tests halten." Zudem ist es am Freitag in Neukölln erneut zu Schließungen von Testzentren gekommen, wie der "Tagesspiegel" berichtet.

Zeit ist Geld

Überhaupt scheint Zeit ein wichtiger Faktor zu sein, schließlich bedeutet Zeit auch Geld. Während die meisten Teststellen Termine im 15-Minuten-Takt vergeben, geht das bei besagter Teststelle in Moabit schneller: Hier, wo ein Mitarbeiter allein die Tests durchführt, werden die Bürgerinnen und Bürger im 5-Minuten-Takt abgefertigt.

Ist aufgrund dieser engen Taktung ein Rückschluss zulässig, ob die Testungen ordentlich durchgeführt werden? Gesundheitssenats-Sprecher Quiske sagt: "15 Minuten sind eher adäquat. Es kommt aber auch immer drauf an: Wie viele Mitarbeiter arbeiten in der Teststelle." Quiske weiter: "Es gibt immer irgendwo Leute, die meinen, den Prozess abkürzen zu müssen."

Gesundheitssenatorin Kalayci spricht von "schwarzen Schafen"

Immer mehr Teststellen fliegen auf, die sich nicht an die Vorgaben halten. Die Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) sprach am Donnerstag von "schwarzen Schafen", die es in allen Branchen gäbe. "Es ist unsere Aufgabe, diese Teststellen zu identifizieren und ihnen das Handwerk zu legen."

In der Gesundheitsverwaltung gebe es ein Beschwerdemanagement, das mit dem Thema befasst sei, so Kalayci. Dabei arbeite man eng mit den Gesundheitsämtern, den Ordnungsämtern und der Polizei zusammen. Es gebe Teams, die ausrücken, wenn bei Teststellen Anzeichen für Verstöße vorlägen. Bislang seien 89 Fälle identifiziert worden, erklärte die Senatorin am Donnerstag. Mehr als 100 Beschwerden liegen vor, so Sprecher Quiske am Freitag gegenüber t-online. Seit etwa 14 Tagen steige die Zahl der Hinweise kontinuierlich an.

Dazu gehöre auch der Hinweis eines bekannten Berliner Radiomoderators, dessen Namen der Sprecher nicht nennen möchte: Der hatte als Privatperson eine Teststelle gemeldet, die ihm bereits eineinhalb Minuten nach dem Test sein Ergebnis geschickt hatte – üblicherweise wartet man bei Schnelltests 15 bis 20 Minuten. Auch hier wurden die Ermittlungsbehörden eingeschaltet.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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