t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeRegionalBremen

Studie: Bei dieser Droge ist Bremen Nummer eins


Befragung unter Abhängigen
Studie zeigt: Bei dieser Droge ist Bremen Nummer eins

Von t-online, stk

19.07.2022Lesedauer: 3 Min.
Der Bremer Hauptbahnhof gilt als ein zentraler Treffpunkt für Drogen- und Alkoholabhängige.Vergrößern des BildesDer Bremer Hauptbahnhof gilt als ein zentraler Treffpunkt für Drogen- und Alkoholabhängige. (Quelle: IMAGO/Schöning)
Auf Facebook teilenAuf x.com teilenAuf Pinterest teilen
Auf WhatsApp teilen

Drogenkonsum, Schlägereien, Dealer an vielen Ecken: Der Hauptbahnhof ist der Hotspot für Abhängige in Bremen. Erstmals geht eine Studie dem Phänomen nach.

Drogen- und Alkoholabhängigkeit haben viele Gesichter. Die einen konsumieren im Verborgenen, andere nehmen ganz offen Rauschmittel aller Art. Die Gründe sind vielfältig, die Ausprägung ebenso. Besonders gut und regelmäßig zu beobachten ist das am Hauptbahnhof, einem Hotspot der Drogen- und Obdachlosenszene in Bremen. Erstmals haben Forscher der Universität Bremen das Phänomen untersucht – mit überraschenden Ergebnissen.

"Gesundheitliche Risikolagen in der Bremer Drogenszene – Empirische Befunde einer qualitativen Studie" lautet der Titel der Arbeit, der von Susanna Prepeliczay und Henning Schmidt-Semisch veröffentlicht wurde. Für die Studie beobachtete Prepeliczay vom Institut für Public Health und Pflegeforschung (IPP) knapp zwei Jahre lang zehn Szenetreffpunkten in vier Bremer Stadtteilen, sprach mit Abhängigen, Behörden, Streetworkern, Geschäftsleuten und Bürgern. Herausgekommen ist ein Bericht, der Ursachen offenlegt, aber auch Wege raus aus der aktuellen Situation aufzeigt.

50 jeweils mehrstündige sogenannte Teilnehmende Beobachtungen unternahm Prepeliczay, den Großteil der Zeit verbrachte sie am Hauptbahnhof. Eines ihrer Ergebnisse: Fast 95 Prozent aller Befragten konsumieren "nahezu täglich Alkohol in zum Teil großen Mengen und oft über den gesamten Tag hinweg." Mehr als dreiviertel der Befragten nehme täglich Heroin, wobei die "Einnahme häufig auch in der Öffentlichkeit stattfindet". Um ihre Abhängigkeit finanzieren zu können, brauche es am Tag etwa drei bis fünf Konsumeinheiten für rund 20 bis 50 Euro.

Bremen hat die meisten Opioid-Abhängigen bundesweit

Die Befragten waren laut der Studie zu 75 Prozent männlich, 85 Prozent deutsch-stämmig, die übrigen Menschen stammten aus Osteuropa, der ehemaligen Sowjetunion und dem Nahen Osten. Warum die meisten Abhängigen ausgerechnet den Bahnhof und die unmittelbare Umgebung aufsuchen, erklärt sich nach den Angaben von Prepeliczay so: Hier fänden sie zum einen die wichtigsten Anlaufstellen des Suchthilfesystems, zum anderen relevante Behörden und Substitutionsstellen.

Bremen, so ein Fazit der Studie, komme insbesondere bei dem Konsum von Opiaten eine Sonderrolle zu. 3.745 Opioid-Abhängige (5,5 je 1.000 Einwohner) gebe es geschätzt, womit die Hansestadt "bundesweit an erster Stelle und noch vor den Stadtstaaten Hamburg und Berlin mit 4,9 beziehungsweise 3,1 Opioid-Abhängigen pro 1.000 Einwohner rangiert".

Jahrelanger Konsum sowie begrenzter Zugang zu medizinischer Versorgung führten häufig dazu, dass Angehörige der Bremer Drogenszene "gravierende gesundheitliche Risikolagen" aufwiesen, spätestens ab dem 30. Lebensjahr sei ein "schlechter allgemeiner Gesundheitsstatus" festzustellen. Da viele Therapien an einen konsequenten Alkoholverzicht gekoppelt seien, würden diese nicht anschlagen. Durch jahrelangen Konsum von Drogen aller Art komme es zudem vermehrt zu Lungen-, Herz- und Nierenschädigungen, auch würden Gliedmaßen amputiert werden müssen, weil Abszesse oder Knochenbrüche nicht behandelt würden.

Konsum gegen seelischen Schmerz und Stress

Viele der Personen, mit denen sich die Forscherin unterhielt, nannten frühe familiäre Gewalt- oder Trennungserfahrungen, aber auch seelischen Schmerz, emotionalen Stress und Ängste als Motiv für ihren Drogenkonsum. Zudem würde ein Großteil unter psychischen Krankheiten wie Depressionen, Psychosen und posttraumatischen Belastungsstörungen leiden.

25 Menschen starben 2021 aufgrund ihres Drogenkonsums, 2020 waren es offiziell noch 41 in Bremen. Die rückläufigen Zahlen würden jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es noch viel zu tun gäbe. So kommt die Soziologin unter anderem zu dem Schluss, dass es wesentlich mehr "Drug Checking"-Stellen brauche sowie mehr Ausgabestellen für saubere Spritzen. Niedrigschwellige Angebote aus der psychosozialen Betreuung müssten darüber hinaus erweitert werden.

Ob die Studie zu einer verbesserten Lage am Hauptbahnhof führt, bleibt abzuwarten. Die Polizei wolle weiter starke Präsenz zeigen und auch die bereits in der Vergangenheit durchgeführten Großkontrollen beibehalten, hieß es vor kurzem. Aufgrund des offenen Drogenkonsums ließ Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) jüngst unter anderem eine Tunnelüberführung sperren, die als Rückzugsort für Abhängige gilt.

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website