Erste Ergebnisse überzeugen Modellprojekt aus Bremen: Große Entlastung für Reedereien?

Über deutsche Flüsse fahren zahlreiche Fähren, sie alle verbrauchen erheblich Energie. Doch es gibt großes Potenzial, zu sparen. In Bremen läuft ein Modellprojekt.
Wie lassen sich Fährfahrten nachhaltiger und wirtschaftlicher gestalten – gerade in Flüssen mit wechselnden Strömungen und Gezeiten? Ein Konsortium, bestehend aus der Jade Hochschule, dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) und der Fährgesellschaft FBS Bremen arbeitet im Rahmen des Projekt Eco-Crossing daran, genau dafür eine Lösung zu finden.
Das Herzstück des Vorhabens: Die sogenannte Eco-Box, ein Assistenzsystem, das die Routenführung der Fähren intelligent optimiert und so den Treibstoffverbrauch senkt. Das System vereint drei zentrale Elemente: ein Navigationssystem, ein Umweltsensorsystem und ein auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierendes Modell, erklärt das DFKI.
Gemeinsam liefern sie dem Schiffsführer in Echtzeit Routenvorschläge, die optimal auf die aktuellen Umweltbedingungen abgestimmt sind. Dabei bleibe die Entscheidungshoheit bewusst beim Menschen. "Wir sind überzeugt, dass genau das die Praxistauglichkeit erhöht", erklärt Projektkoordinator Nick Rüssmeier von der Jade Hochschule.
Projekt Eco-Box: Erste Testläufe in Bremen
Die Eco-Box ist kein vollautomatisches System, das das Schiff eigenständig steuert. Stattdessen unterstützt es die Besatzung dabei, Kurs und Geschwindigkeit so zu wählen, dass möglichst wenig Treibstoff verbraucht wird. Entwickelt wird das System gemeinsam mit erfahrenen Seefahrern und direkt an Bord der Weser-Fähre "Farge" getestet.
Modellrechnungen der Jade Hochschulen zeigten, dass eine Fähre bei einem jährlichen Dieselverbrauch von rund 300.000 Litern etwa 30.000 Euro Betriebskosten sparen könnte. Das entspreche einem Minus im Verbrauch von 20 Prozent. Gleichzeitig würden so rund 159 Tonnen CO2 pro Jahr weniger ausgestoßen. Die Eco-Box soll so entwickelt werden, dass bestehende Fährflotten sie ohne aufwändige Umbauten nachrüsten können. Vor allem kleinere Betreiber könnten davon profitieren.
Innovation könnte Reedereien deutlich entlasten
Anders als in der Hochseeschifffahrt, wo solche Systeme schon länger etabliert sind, gab es diese bislang kaum für die oft kurzen, aber strömungsreichen Strecken der Fährschifffahrt. Hier setzt Eco-Crossing an und nutzt die tidenabhängigen Änderungen der Strömungsrichtung für Sprit- und Emissionseinsparungen. Das System ist laut den Entwicklern so ausgelegt, dass es aus den Fahrten dazulernt. Fährt ein erfahrener Kapitän eine noch bessere Route als vorgeschlagen, berücksichtigt die künstliche Intelligenz das künftig.
In einer Vorstudie konnte bereits ermittelt werden, dass die Weserfähre zwischen Farge und Berne bei optimaler Fahrtstrecke mehr als 20 Prozent Treibstoff sparen kann. Dabei spielt die Strömung eine entscheidende Rolle: Je nach Gezeiten, Wind und Strömungsrichtung variiert die effizienteste Route erheblich. "Die Fracht hat übrigens keinen Einfluss", sagt Christian Denker von der Hochschule Jade.
Eco-Box: Modellvorhaben für eine ganze Branche
Neben den Hauptakteuren sind zahlreiche Partner aus der maritimen Wirtschaft, Behörden und Verbände mit an Bord. Dazu gehören das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Weser-Jade-Nordsee und das Maritime Cluster Norddeutschland. Man wolle dazu beitragen, dass die Ergebnisse des Projekts Modellcharakter für die gesamte Branche bekommen.
Von europaweit mehr als 300 Fährbetrieben könnten viele von dieser Technologie profitieren. Für Reedereien eröffnet die Eco-Box nicht nur Einsparpotenziale bei Kraftstoff und Emissionen, sondern auch die Möglichkeit, die Kosten eines künftigen Wechsels zu klimafreundlicheren Antrieben schneller zu amortisieren, heißt es.
- dfki.de: Projekt | Eco-Crossing
- weser-kurier.de: "Ein Navi für sparsames Fahren: Forscher entwickeln die Eco-Box" (kostenpflichtig)
- newsroom.jade-hs.de: "Eco-Crossing: KI-gestützter Kurs zu weniger Emissionen in der Schifffahrt"