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Hamburg: Die gruseligsten Orte – wo Piraten starben und Geister hausen


Schaurige Geschichten
Galgen und Geister: Das sind Hamburgs gruseligste Orte


02.12.2023Lesedauer: 4 Min.
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Die Speicherstadt liegt im Nebel (Archivfoto): Eine Stadtführerin erklärt, wieso dieser Ort nicht nur schön, sondern auch unheimlich ist. (Quelle: Kerstin Bittner/imago-images-bilder)

Geschichten über Leid und Gruselgestalten über Hamburg gibt es zuhauf. t-online hat eine Stadtführung zu den unheimlichsten Orten der Hansestadt unternommen – und gibt einen Einblick in Hamburgs Abgründe.

"Atmet alle mal tief ein", fordert Kirsten Buchholzer auf. Die rund zwanzig Personen, die sich um sie herum versammelt haben, ziehen hörbar Luft durch die Nasen. Ansonsten ist es still und finster in der Straße. Nur das Wasser plätschert unter der Brücke. "Riecht hier sogar recht angenehm, was?", fragt die Frau mit der niedlichen Pudelmütze, wartet jedoch keine Antwort ab. "Einst roch es hier nach Scheiße, Schimmel, Müll und Tod", sagt sie dann. "Hier befand sich Hamburgs Gängeviertel, wo Hunderte an Cholera starben."

Die Menschen, die sie umringen, schauen die Stadtführerin gebannt an. Statt die Hansestadt als hübsche "Perle an der Elbe" darzustellen, kramt Buchholzer im Namen der "Stadtspürer" seit rund sechs Jahren gruselige Sagen und Geschichten der Vergangenheit hervor. Und davon gibt es in Hamburg einige. Manche von ihnen entspringen der menschlichen Fantasie, andere fußen auf historisch belegten Gräueltaten.

Fleetwasser: Früher brachte es den Tod, heute wird es fotografiert

Eine dieser Gräueltaten spielte sich im Gängeviertel ab. Die Bauten hießen so, weil sie dicht beieinanderstanden und nur schmale Gassen durch sie hindurchführten. Sie erstreckten sich vom Hafen über die Neustadt bis tief in die Hamburger Innenstadt. Auch dort, wo heute die Speicherstadt steht, befanden sie sich. Untergebracht waren dort die ärmsten Bewohner der Stadt, eingepfercht auf engstem Raum. Nicht mehr als 25 Quadratmeter standen teils fünfköpfigen Arbeiterfamilien zur Verfügung.

Eine besondere Gefahr ging im Gängeviertel vom Trinkwasser aus. Den Fleeten wurde Wasser zum Trinken entnommen. Gleichzeitig entsorgte man darin aber das Abwasser. Und so kam es, dass sich Ende des 19. Jahrhunderts die Cholera ausbreitete. Durchfall und Erbrechen führten bei Hunderten zum Tod. Särge gab es zu wenige, die Leichen türmten sich in provisorischen Zelten. Der Gestank nach Fäulnis, verrottetem Fleisch und Kot lag in der Luft.

"Jetzt riecht es hier irgendwie nicht mehr so gut", murmelt ein Tourist in seinen Schal, nachdem Buchholzer ihre Erzählung über das Gängeviertel beendet hat. Sie lächelt und die Bommel ihrer Mütze wippen auf und ab, während sie schnellen Schrittes zum nächsten Gruselort läuft. Weiter geht es Richtung Grasbrook.

Grasbrook: Hier köpften die Hamburger Piraten

Wer eine Wohnung in der Hafencity erwerben will, muss ziemlich gut bei Kasse sein. Die Gegend ist beliebt, die Häuser sind überwiegend modern, das Wasser ist nah. Früher war der Grasbrook, wo heute unter anderem die Hafencity und der Touristenmagnet Elbphilharmonie liegen, ein Ort des Sterbens. Hier befand sich inmitten von Marschland und Viehweide der Richtplatz. Unter anderem der berühmte Pirat Klaus Störtebeker kam im 14. Jahrhundert am Galgen zu Tode. Heute erinnert eine Statue an ihn. Nackt steht er dort, mit gefesselten Händen.

Doch nicht nur Piraten und arme Arbeiter sollen in der Speicherstadt gestorben sein. "Im Jahr 1020 trat auch hier das Wasser über die Ufer", erzählt Buchholzer, die eigenen Angaben zufolge schon immer gerne Geschichten erzählte. Ihr Blick schweift durch die dunklen Straßen. Die Gruppe steht mittlerweile nahe der Holländischbrookfleetbrücke in der Speicherstadt. "Damals waren viele Menschen nicht auf die Flut vorbereitet. Nachdem das Wasser zurückgewichen war, wurden ihre Leichen an die Ufer gespült." Wie in einem klebrigen Knäuel hätten sie sich ineinander verschlungen, sodass man sie nicht voneinander lösen konnte.

"Hier hausen die Geister der Speicherstadt"

Ein paar Zuhörer geben angeekelte Laute von sich. "Die Leichenberge bedeckte man also mit Sand und Steinen", fährt Buchholzer fort und erzählt, was einst der Hamburger Historiker und Schriftsteller Otto Aldabert Beneke niederschrieb. Sie blickt ihren Zuhörern abwechselnd in die Augen, während sie von den Steininseln erzählt, die auf den Leichenbergen entstanden. Später hätten Menschen auf ihnen ihre Häuser errichtet, "ohne sich dessen bewusst zu sein, was sich dort unter ihren Füßen befand".

In den umliegenden Gebäuden würde sich diese grausige Geschichte bis heute abzeichnen, ist sich Buchholzer sicher. "Hier hausen noch immer die Geister der Speicherstadt", sagt sie und grinst.

Die Legende von Teufelsbrück

Schließlich kommt die Gruppe auf der Kibbelstegbrücke zum Stehen. Auf dem Wasser glitzern Lichter, während ein paar Teilnehmer der Führung Erinnerungsfotos knipsen. Dann erzählt Buchholzer mit der Überleitung "Apropos Brücken ..." die Legende von Teufelsbrück, einem Mündungsbereich des Baches Flottbek in die Elbe. Früher seien dort an der alten Furt über die Flottbek regelmäßig Kutschen verunglückt.

"Ein Zimmermann sollte dem ein Ende setzen und eine Brücke bauen", erzählt die Stadtführerin. Doch die Gegend war sumpfig, kein Balken wollte halten. Also bat der Zimmermann den Teufel um Hilfe. "Im Gegenzug forderte dieser die erste Seele ein, die die Brücke überqueren würde", sagt Buchholzer. "Damals war das oftmals der Erbauer selbst, um zu zeigen, dass sein Werk standhielt."

Schließlich sei das Bauvorhaben mithilfe des Teufels gelungen. Doch gerade als der Zimmermann über die Brücke laufen wollte, kam ihm ein Kaninchen zuvor. Statt einer Menschenseele erhielt der Teufel die Seele eines Kaninchens. "Noch heute kann man den Teufel am Wegesrand sitzen sehen", sagt Buchholzer.

Wer allerdings einen lebendigen Teufel erwartet, wird enttäuscht. Nur eine Skulptur erinnert an die Legende.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • epub.sub.uni-hamburg.de: "SPUREN DER GESCHICHTE"
  • hamburg.de: "Cholera in Hamburg – die Katastrophe beginnt"
  • Hamburgische Geschichten und Sagen von Otto Aldabert Beneke (1854)
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