Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Robbie Williams in Hannover Ein Konzert zwischen Theater und Therapie

Robbie Williams ist auf "Britpop"-Tour zu Gast in Hannover. Ein Konzert zwischen Theatervorstellung und Therapiesitzung.
Großspurig und extravagant kann er. Das bestätigt sich schon in den ersten Minuten des Konzerts in der Heinz-von-Heiden-Arena: Eine Stimme kündigt ihn an als "der Entertainer, der sich über alle anderen erhebt".
Robbie Williams kommt auf die Bühne, den Körper in eine Art Astronautenanzug gehüllt, die Augen hinter einer eckigen Sonnenbrille versteckt. Es erklingt "Rocket", ein Song von seinem neuen Album "Britpop", das im Herbst erscheinen soll.
Zu den letzten Takten des Songs senkt sich vom oberen Teil der Bühne ein Gerüst ab, das zuvor wie Deko wirkte. Ein paar Augenblicke später hat es eine Form ähnlich einer Rakete. Robbie Williams steht obendrauf und breitet die Arme aus, als die Rakete Funken versprüht und er darauf abhebt. Dann lässt er sich vornüber fallen und kehrt beinahe in alter "Escapology"-Manier kopfüber an einem Seil hängend auf den Bühnenboden zurück.
Dort reißen ihm seine Tänzerinnen den Astronauten-Overall vom Leib. Zum Vorschein kommt ein roter Trainingsanzug besetzt mit Glitzersteinchen, dazu eine fette Goldkette. Hier ist alles ein wenig over the top. Es folgt Williams‘ Megahit und die Aufforderung für den Abend "Let me entertain you".
“Ich bin phänomenal!“
Dabei richtet der 51-Jährige die ersten Worte an sein Publikum. "Erlauben Sie mir, mich vorzustellen", ruft der 51-Jährige auf Englisch ins Mikrofon. "Ich bin Robbie fucking Williams." Die Arena kreischt. "Das hier ist meine Band", präsentiert der Brite seine Mitstreiter und dreht sich um. "Das hier mein Arsch", sagt er und wackelt mit seinem Hinterteil. "Und ihr seid mal lieber gut – denn ich bin phänomenal!"
Die Heinz-von-Heiden-Arena bekommt einen Robbie, wie man ihn kennt. Viel Größenwahn ("Ich habe beschlossen, dass ich der König des Entertainments bin!"), viel Witz (einer seiner Sätze, die er auf Deutsch sagt: "Alles fit im Schritt?“), viel Crazyness ("Eine Runde Applaus für meine Nippel!“) und viel Suche nach Bestätigung ("Hab ich’s noch drauf?"). Letztere erhält er in Form von glücklichen Gesichtern im Publikum, textsicherem Mitsingen und weinenden Fans.
Seine Setlist führt an diesem Abend durch unterschiedliche Phasen seiner Karriere. Von "Angels“, dem Hit seines Solo-Debütalbums "Life Thru a Lens", über 2000er-Hits wie "Rock DJ" bis hin zu "Better Man", das auch namensgebend für den im vergangenen Jahr erschienenen Kinofilm über Williams war.
Selbst "Relight my Fire" stimmt der Entertainer an. Der Song stammt ursprünglich von Dan Hartman; Williams‘ Boyband Take That coverte ihn in den 1990er-Jahren. Eigentlich sollte Williams damals den Hauptgesang übernehmen – aber Gary Barlow sprang ein, weil das Management befand, dass Williams Version "scheiße“ klang.
Solche Geschichten erzählt Williams zwischen seinen Liedern. Stellenweise hat man das Gefühl, er ist eigentlich mehr zur Aufarbeitung seiner Vergangenheit hier. In seiner persönlichen Therapiesitzung vor über 40.000 Menschen. Darin erwähnt er auch seine posttraumatische Belastungsstörung, seine Drogenprobleme, seine Angstzustände – oder dass er fünfmal pro Nacht aufs Klo müsse.
Dazwischen Outfitwechsel – mal ganz in Pink mit einer Boa aus Tüll, mal im roten wadenlangen Plüschmantel mit Sonnenbrille, als spielte er einen Zaren in einem Theaterstück. Und viele Tänzerinnen, die um ihn herumschlängeln oder mit ihm zusammen eine Choreo tanzen. Bei seinem Cover von „I did it my way“ werden auf der Leinwand Bilder von Williams aus verschiedenen Jahrzehnten gezeigt, zudem Fotos seiner vier Kinder. Der Abend ist eine abgedrehte Revue über Williams‘ bisheriges Leben.
Fan Jessy erlebt besonderen Moment
Gen Ende des Konzerts wird Fan Jessy aus Münster groß auf der Leinwand gezeigt. Sie steht in der ersten Reihe am Bühnensteg und ihr Idol singt extra für sie "She‘s the one“. Williams sagt, er habe sie bereits bei seinem Konzert in Gelsenkirchen vor einigen Tagen gesehen, dort aber für einen anderen Fan gesungen. Die beiden küssen sich gegenseitig auf die Wange. Jessy verdrückt ein paar Tränen, atmet schwer, fasst sich ans Herz. Denn auch das ist Robbie fucking Williams: fannah und gefühlsbetont.
So gibt es als Zugabe dann auch seine emotionalen Hits "Feel" und "Angels". Das gesamte Stadion stimmt ein, die Handylichter wackeln hin und her. Zwei Gänsehautmomente, bevor Williams nach rund zwei Stunden von der Bühne geht. So unterhaltsam kann Größenwahn sein.
- Konzert von Robbie Williams am 30. Juni 2025 in der Heinz-von-Heiden-Arena in Hannover