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Köln: Schulöffnung trotz steigender Inzidenz? "Verstehe ich nicht"


"Verstehe ich nicht"
Öffnungen trotz hoher Inzidenz – Schulleiter schlagen Alarm


Aktualisiert am 22.04.2021Lesedauer: 3 Min.
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Unterricht mit Maske und regelmäßigem Lüften (Symbolbild): Der momentan herrschende Wechselunterricht könnte in Köln von nur kurzer Dauer sein.Vergrößern des Bildes
Unterricht mit Maske und regelmäßigem Lüften (Symbolbild): Der momentan herrschende Wechselunterricht könnte in Köln von nur kurzer Dauer sein. (Quelle: Pressedienst Nord)

In Köln steigen die Corona-Infektionszahlen weiter, doch Schulen haben wieder für den Unterricht vor Ort geöffnet. Kölner Schulleiter und Lehrer sehen das kritisch.

Seit Montag kommen die Schüler in Köln im Wechsel wieder in den Unterricht. Bei einem Inzidenzwert, der sich der 200 nähert, könnte die Schließung und der damit verbundene Distanzunterricht jedoch lediglich eine Frage von Tagen sein. Nach Aussagen von Kölner Schulleitern könnte das fürs Lernen ihrer Schüler sogar besser sein – bringt jedoch auch andere Probleme mit sich.

Schulleiterin Erika Nausester-Hahn vom Hansa-Gymnasium zieht für die letzten Monate hinsichtlich der Wissensvermittlung eine gemischte Bilanz: "Der wöchentliche Wechselunterricht war für die meisten Schülerinnen und Schüler unterrichtlich eher schlechter als der Unterricht auf Distanz." Das hänge sicherlich mit dem guten Funktionieren der Lernplattform zusammen, und weil der Distanzunterricht von den meisten Lehrkräften "sehr kompetent durchgeführt" worden sei. Bereits vor den Osterferien hatte es auch an den weiterführenden Schulen in NRW Wechselunterricht gegeben.

"Einige haben scheinbar verlernt, miteinander zu sprechen"

"Beim Wechselunterricht sind wir den zu Hause Lernenden weniger gerecht geworden als vorher." Besonders der erste Jahrgang der Oberstufenschüler habe vermutlich unter der Schließung gelitten, so die Schulleiterin. "Die Schülerinnen und Schüler haben nicht mehr Unterrichtsstoff verpasst als alle anderen, aber einige haben scheinbar verlernt, miteinander zu sprechen und direkt zu kommunizieren.“

Einen normalen Präsenzbetrieb mit allen Schülern hält die Pädagogin für unverantwortbar. Die Selbsttests am Gymnasium seien nur bei wenigen Familien auf Widerstand gestoßen, auch der damit verbundene Aufwand sei bisher zu bewältigen gewesen. Als Folge der Pandemie seien aber auch Ängste vor dem Scheitern in der Schule, insbesondere bei den Abschlussprüfungen, festzustellen, so die Schulleiterin.

"Ich wünsche mir unbürokratischere Lösungen, vor allem für die Impfstrategie, und eine klare Orientierung an den vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen", wendet sich Nausester-Hahn an die Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung.

Gefahr der Isolation im Distanzunterricht

Von ähnlichen Erfahrungen berichtet Till Butz. In seiner Schule sind Lernmanagementsysteme und Tools für Videokonferenzen zum täglichen Werkzeug geworden. "Die Schule ist Dank der Förderpakete gut mit Laptops ausgestattet. Es gibt Dienstgeräte für alle Lehrerinnen und Lehrer sowie Leihgeräte für alle Schülerinnen und Schüler mit Bedarf", erklärt der Schulleiter. Der Onlineunterricht funktioniere organisatorisch und technisch gut.

Das könne jedoch nicht ausgleichen, was das Schulleben sonst bereichere, etwa jahrgangsübergreifende Projekte, gemeinsames Essen, Pausengespräche, Praktika oder Klassenfahrten für die 132 Kinder und Jugendlichen. Dabei falle der Distanzunterricht einigen Schülerinnen und Schülern leichter. Es bestehe jedoch auch eine Gefahr der Isolation, sagt Butz. Viele der jungen Besucher berichteten von Einsamkeit, Langeweile und Motivationsproblemen.

Keinen Hehl macht Butz aus seiner Haltung zur erneuten Öffnung der Schulen: Zwar sei der Betrieb mit verpflichtenden Tests und Hygieneregeln verantwortbar – aber nur bei "nicht zu hohen Inzidenzwerten". "Ich verstehe jedoch nicht, wieso bei stark steigenden Infektionszahlen die Schulen geöffnet werden." Von der Politik wünscht sich der Pädagoge Mut zu vorausschauenden, langfristigen Entscheidungen auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse. "So hätte man auf der Grundlage der seriösen Prognosen bereits vor den Osterferien eine Schulschließung für mehrere Wochen danach anordnen können."

"Wir können nicht mehr!"

Wenig positive Entwicklungen sieht die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in der Sache. In einer Mitteilung vom Montag spricht der Stadtverband Köln von "Land unter" im Bildungswesen. "Wir bekommen Anrufe von heulenden Lehrkräften, Mails mit den Worten 'Wir können nicht mehr!' Es ist uns unbegreiflich, wie nach über einem Jahr Pandemie immer noch nicht die Rahmenbedingungen dafür geschaffen worden sind, Bildung pandemiesicher anbieten zu können."

Die GEW kritisiert unter anderem eine mangelhafte Umsetzung und Organisation der Tests an Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften. Oftmals seien die Personen mit der Selbsttestung überfordert und die Ergebnisse in Frage zu stellen. "Alles in allem fordern wir mit Nachdruck, dass die Testungen durch geschultes Fachpersonal und auf kindgerechte Art und Weise durchgeführt werden sollen", sagt die Kölner GEW-Geschäftsführerin Eva-Maria Zimmermann.

Darüber hinaus müsse allen schulischen Beschäftigten zeitnah ein Impfangebot gemacht werden. Ferner spricht sich die Gewerkschaft für eine Einstellungsoffensive zur Entlastung von Lehrerinnen und Lehrern aus: "Der Lehrkräftemangel kommt nicht von ungefähr, und wenn die politischen Verantwortlichen weiterhin so mit den schulischen Beschäftigten umgehen, wundert es uns nicht, wenn weitere Kolleginnen und Kollegen das Handtuch werfen", heißt es in der Pressemeldung.

Verwendete Quellen
  • Fragen an Till Butz und Erika Nausester-Hahn
  • GEW Stadtverband Köln: Mitteilung vom 19. April
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