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"Ihr Schweine!": Demo beschimpft Ukrainer in Leipzig


"Ihr Schweine lebt auf unsere Kosten"
Ukrainer bei Pro-Russland-Demo in Leipzig beschimpft

Von Andreas Raabe

Aktualisiert am 12.10.2022Lesedauer: 3 Min.
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Energiepolitik-Demo in Leipzig am Montagabend: "Ihr liegt uns auf der Tasche!"Vergrößern des Bildes
Energiepolitik-Demo in Leipzig am Montagabend: "Ihr lebt auf unsere Kosten!" (Quelle: xcitepress)

Etwa 3.000 Menschen demonstrierten in Leipzig gegen die Russlandpolitik der Regierung. Es blieb zunächst ruhig – dann traf der Demozug auf eine Gruppe Ukrainer.

Fast sah es so aus, als hätte Leipzig, die selbsternannte "Heldenstadt", auch die neuartigen Demonstrationen frustrierter Wutbürger besiegt. Nur 300 Teilnehmer waren angemeldet für die Demonstration "Für Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung", die sich gegen die Energie- und Russlandpolitik der Regierung wendet. An den letzten beiden Montagen waren noch bis zu 2.000 Menschen auf die Straße gegangen.

Am Montag vor einer Woche stellte sich dem Aufzug, der unter anderem von den rechtsextremen "Freien Sachsen" gefördert wird, ein breites Bündnis der Leipziger Zivilgesellschaft entgegen. Ebenfalls etwa 2.000 Gegendemonstranten verhinderten so den Zug der bunt gemischten Truppe, zu der auch viele Querdenker strömten, um den geschichtsträchtigen Leipziger Ring. Frustration in den einschlägigen Telegram-Kanälen der Querdenker-Szene war die Folge. Leipzig galt ihnen als verloren.

Leipzig: 3.000 ziehen um den gesamten Innenstadtring

Doch an diesem Montag kam es anders. Denn es gingen laut Schätzungen der Polizei sogar 3.000 Menschen zu dem Protest, während sich im Gegenprotest nur 400 Bürgerinnen und Bürger versammelten.

Folgerichtig zogen die 3.000 dann auch mit ihrem Frontbanner: "Für diese Scheiße waren wir 89 nicht auf der Straße" um den gesamten Innenstadtring, auf der Route der Montagsdemonstrationen von 1989. Die Leipziger Sankt-Trinitatis-Kirche, die direkt am Weg liegt, hielt mit einem großen Banner "22 ist nicht 89" dagegen.

Insgesamt verlief der Abend ruhig, bis auf einen Moment: Am Richard-Wagner-Platz traf der Demozug der Russland-Versteher auf eine deutlich kleinere Demonstration, die sich dort mit der Ukraine solidarisierte und an der – auch anlässlich der jüngsten russischen Rakentangriffe – viele ukrainische Geflüchtete teilnahmen.

Leipzig: Wortgefechte über die Polizeiketten hinweg

An dieser Stelle kam es zu einer Sitzblockade, an der der große Demonstrationszug später vorbeigeleitet wurde. Die dadurch entstehende Pause nutzten aber die Ukrainer wie auch die Pro-Russland-Demonstranten für ein Wortgefecht über die Spalier stehenden Polizeiketten hinweg.

"Nazis raus!" riefen die Demonstrierenden den ukrainischen Geflüchteten zu. Laut einem Twitter-Nutzer, der ein Video der Szene veröffentlichte, sollen weitere üble Beschimpfungen gefolgt sein. Unter anderem habe man den Kriegsflüchtlingen zugebrüllt: "Ihr Schweine verpisst euch, ihr lebt auf unsere Kosten."

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Passanten ätzten zurück: "Ihr seid doch eine Bewegung, warum steht ihr dann?", brüllte einer. Oder – mit Bezug auf die "Ami go home"-Schilder, die bei der Pro-Russland-Demo gezeigt wurden – "Wer ist denn dieser Amigo? Und warum soll er nach Hause gehen?" Es blieb bei solcherlei Schmährufen, handgreiflich wurde es nicht.

An ihrem Ziel, dem Augustusplatz, zerlief sich die Energiepolitik-Demo, abgeschirmt von Hunderten Polizisten. Man wolle sich am 15. Oktober wieder treffen, sagte ein Redner, wieder in Leipzig, diesmal an einem Sonnabend.

Ministerpräsident und Oberbürgermeister verurteilen Pöbeleien

Am Dienstagnachmittag verurteilten Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer die Pöbeleien gegen Ukrainer.

Aus einem "seltsamen Gemisch von Rechtsradikalität, Feinden der Demokratie, seltsamer freundschaftlicher Anmutung, Putin zu verstehen, und Reichsbürgern" entlade sich Wut gegenüber Geflüchteten, die er unerträglich finde, sagte der SPD-Politiker Jung. Dem müsse man mit Haltung und Klarheit widerstehen und für das Prinzip "Die Würde des Menschen ist unantastbar" gemeinsam einstehen.

Kretschmer (CDU) nannte die Beschimpfungen "unmöglich und nicht akzeptabel". Der übergroße Teil der sächsischen Bevölkerung lebe Solidarität. "Wir sind an so vielen Stellen auf wunderbare Weise Zeugen geworden, wie hier Nächstenliebe praktiziert wird. Von daher verurteilen wir das. Es widert uns an und wir wehren uns dagegen."

Verwendete Quellen
  • Beobachtungen vor Ort
  • Telefonat mit der Polizei Leipzig
  • Mit Material der dpa
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