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Nürnberg: Polizei-Großeinsatz nach Feuerlöscher-Wurf – Bewohner "haben Angst"


70 Polizisten durchkämmen Haus
Bewohner nach Feuerlöscher-Wurf: "Wir haben Angst"

Von Daniel Salg

Aktualisiert am 22.01.2024Lesedauer: 3 Min.
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Das Hochhaus in Langwasser und Bewohner Thomas Hartel: Er wurde selbst beinahe einmal von einer Colaflasche – vermutlich aus dem Hochhaus geworfen – getroffen.Vergrößern des Bildes
Das Hochhaus in Langwasser und Bewohner Thomas Hartel: Er wurde selbst beinahe einmal von einer Colaflasche, die vermutlich aus dem Hochhaus geworfen wurde, getroffen. (Quelle: Daniel Salg)

Aus einem Hochhaus in Nürnberg fliegt ein Feuerlöscher – er verfehlt eine Rollstuhlfahrerin nur knapp. Die Bewohner leben seitdem in Angst. Nun zieht die Polizei alle Register.

Von der U-Bahn-Station Langwasser-Nord geht es nur eine Treppe runter – und dann steht man schon mitten im Hof des Hochhauses an der Wettersteinstraße im Nürnberger Süden. Hier zwischen Hauseingang, Dönerbude und Textil-Discounter ist an einem Donnerstag im November ein Feuerlöscher eingeschlagen – direkt neben einer Rollstuhlfahrerin. Mutmaßlich haben Unbekannte das Gerät aus dem Hochhaus geworfen.

Dass die Frau noch am Leben ist, hat sie wohl nur dem Glück zu verdanken. Gerade einmal um zwei Meter hat sie der Feuerlöscher verfehlt, sagt die Polizei. Die Mordkommission ermittelt. Von dem oder den Tätern fehlt bis heute jede Spur. Bewohner des Hochhauses sagen, dass sie seitdem in Angst leben. Am Donnerstagabend (18. Januar) – gut drei Monate später – will die Polizei das ändern und zieht dafür alle Mittel herbei. 70 Einsatzkräfte stehen vor dem Haus bereit, t-online begleitet sei.

"Es gab am 9. November um 18.15 Uhr hier einen versuchten Mord. Haben Sie etwas mitbekommen?"

Vor den Polizisten liegt damit eine Mammutaufgabe. Hunderte Wohnungen soll es in dem Komplex geben, möglichst alle Bewohner sollen an diesem Abend befragt werden. Auch die Umgebung will sich die Polizei vornehmen. Dazu soll überprüft werden, wo in dem Haus Feuerlöscher fehlen.

Die Polizisten teilen sich dafür in Teams auf und klingeln an jeder Tür. Die Frage ist immer die gleiche: "Es gab am 9. November um 18.15 Uhr hier einen versuchten Mord. Haben Sie etwas mitbekommen?"

Die Antworten aus den Wohnungen kommen prompt. "Gar nichts", "war nicht da", heißt es immer wieder. An einer Wohnung im dritten Obergeschoss macht niemand auf. Als die Polizisten gerade weitergehen wollen, kommt ein Mann mit seinem Wocheneinkauf in Plastiktüten den Gang entlanggelaufen.

Auf eben jenen Abend im November angesprochen, bricht es aus ihm heraus. Er stellt sich als Thomas Hartel vor. Er wohne seit mehr als 40 hier, die Nachbarschaft in dem Block werde immer schlechter. In den Keller sei schon öfter eingebrochen worden, und dass Sachen mutwillig aus den Fenstern geworfen werden, sei auch nicht neu.

Einmal – schon lange vor dem aktuellen Fall – habe ihn eine Colaflasche nur knapp verfehlt. Was bleibe, sei ein mulmiges Gefühl. "Ich schaue immer nach oben, wenn ich unten unterwegs bin", sagt Hartel im Gespräch mit t-online. "Die Leute denken gar nicht darüber nach, was alles passieren kann", glaubt er.

Intensive Ermittlungen – wegen versuchten Mordes

Darüber, dass die Polizei – gleich in Scharen – da ist, ist er glücklich. Es müsse was getan werden. Am 9. November hat Hartel aber nichts mitbekommen. Die Polizisten notieren seine Aussage, seine Telefonnummer und gehen weiter.

Auch wenn das Gespräch auf den ersten Blick die Ermittler nicht weiterbringen mag, seien sie doch genau dafür da. "Anwohnerbefragungen sind auch dafür da, um ein Gefühl zu bekommen, um mitzubekommen, was die Menschen hier bewegt", erklärt Polizeisprecher Michael Petzold.

Wieso eigentlich der große Aufwand mit Dutzenden Polizisten? "Das war ein außergewöhnliches Ereignis, dementsprechend intensiv sind die Ermittlungen", sagt Petzold weiter. Das zeige sich auch schon daran, dass die Kripo wegen versuchten Mordes ermittle.

"Wir machen uns alle hier Gedanken"

Währenddessen gehen im Hochhaus die Befragungen weiter. 7 Stockwerke über Hartel öffnet Irmar Gideon der Polizei die Wohnungstür. Auch sie lässt der Fall nicht los. "Ich habe Angst davor, da unten zu laufen. Wenn Menschen direkt unter dem Haus entlanggehen, sage ich denen immer, sie sollen weggehen", erzählt sie.

Weiter sagt sie, sie habe bestimmt schon vier- bis fünfmal mitbekommen, dass Sachen aus den Fenstern geworfen wurden. Auch ganze Computer seien schon geflogen. "Wir machen uns alle hier Gedanken." Von der Tat selbst hat auch sie nichts mitbekommen.

Im Flur kann jeder die Fenster aufmachen

Noch fünf Stockwerke weiter oben – im höchsten Stock des Hauses – wird klar, warum sich die Ermittlungen so schwierig gestalten. In allen Stockwerken gibt es im Flur Fenster, die jeder öffnen kann. Es ist also denkbar, dass der Feuerlöscher gar nicht aus einer Wohnung geflogen kam. Auch ob der oder die Täter im Haus wohnen, ist nicht klar.

Die Polizei ist jedenfalls zuversichtlich, den Fall lösen zu können. An 300 Wohnungen haben sie am Donnerstagabend geklingelt. 150 Bewohner wurden befragt. Dabei haben seine Kollegen laut Petzold gut zwei Dutzend interessante Hinweise erhalten, die zu dem oder den Tätern führen könnten. Die Auswertung läuft.

Zudem wird der Feuerlöscher auf DNA-Spuren untersucht. Die Rollstuhlfahrerin stand nach der Tat – obwohl sie körperlich nicht verletzt wurde – unter Schock. Immerhin habe sie laut aktuellem Kenntnisstand keine bleibenden Schäden davongetragen, sagt die Polizei.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
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