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Stuttgart: Staatsanwaltschaft fordert 15 Monate Haft für Inspekteur der Polizei


Stuttgarter Sex-Skandal
Staatsanwaltschaft fordert 15 Monate Haft für Inspekteur der Polizei

Von dpa, mics

Aktualisiert am 07.07.2023Lesedauer: 3 Min.
Prozess gegen einen Inspekteur der PolizeiVergrößern des BildesDer Angeklagte nimmt zu Beginn seines Prozesses im Gerichtssaal einen Ordner aus seiner Tasche: Das Urteil soll am kommenden Freitag gesprochen werden. (Quelle: Bernd Weißbrod/dpa/dpa-bilder)
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Dem einst ranghöchsten Polizisten Baden-Württembergs droht wegen sexueller Nötigung einer Kommissarin eine Freiheitsstrafe – und ein weiterer herber Verlust.

Im Prozess gegen den Inspekteur der Polizei wegen sexueller Nötigung hat die Stuttgarter Staatsanwaltschaft am Freitag eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten gefordert. Wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Landgericht bekannt gab, besteht die Möglichkeit, dass die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird.

Zudem beantragte die Anklagebehörde eine Geldauflage in Höhe von 16.000 Euro. Dieser Betrag soll dem Verein Wildwasser Stuttgart, der sich für Opfer sexualisierter Gewalt einsetzt, sowie der gemeinnützigen GmbH PräventSozial zugutekommen, die sich für die Resozialisierung bereits straffällig gewordener Menschen engagiert. Die Freiheitsstrafe soll für einen Zeitraum von zwei Jahren auf Bewährung ausgesetzt werden.

Stuttgarter Staatsanwaltschaft geht von sexueller Nötigung aus

Die Staatsanwaltschaft gehe demnach davon aus, dass der Inspekteur die Anzeigenerstatterin sexuell genötigt habe, sagte der Sprecher. Im Falle einer Verurteilung hätte die Strafe auch Auswirkung auf das nach dem Strafprozess noch ausstehende Disziplinarverfahren gegen den ranghöchsten Polizisten des Landes.

Denn: Beamte, die zu mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt werden, verlieren ihren Beamtenstatus. Innenminister Thomas Strobl (CDU) hatte bereits im Landtag öffentlich gesagt, dass er sich eine Rückkehr des Inspekteurs in sein Amt nur schwer vorstellen könne – unabhängig vom Ergebnis des Gerichtsprozesses.

Verteidigung äußert sich nicht näher zu Plädoyers

Am Freitag fanden die Plädoyers in einem viel beachteten Verfahren statt, jedoch unter Ausschluss der Öffentlichkeit, um die Persönlichkeitsrechte des mutmaßlichen Opfers zu schützen. Das Urteil wird voraussichtlich am 14. Juli verkündet.

Der Inspekteur der Polizei, der mittlerweile vom Dienst freigestellt ist, wird beschuldigt, die zum Tatzeitpunkt 32-jährige Polizistin in einer Nacht im November 2021 vor einer Kneipe in Stuttgart sexuell genötigt zu haben. So soll er sie vor der Tür dazu gedrängt haben, seinen Penis anzufassen.

Zu diesem Zeitpunkt strebte sie eine Karriere im höheren Dienst an, und er bot an, ihr beim Aufstieg zu helfen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wollte er seine Machtposition ausnutzen und im Gegenzug für die Unterstützung bei ihrer beruflichen Laufbahn die sexuelle Handlung von ihr verlangen.

Die Verteidigerin des Inspekteurs wollte am Freitag nicht mitteilten, auf was sie plädierte. Zu Journalisten sagte sie im Vorbeigehen: "Das können Sie sich denken." Prozessbeobachter gehen davon aus, dass die Verteidigung auf Freispruch plädierte.

Nebenklage sieht Vorwürfe durch Prozess bestätigt

Der Nebenklage-Anwalt, der die Polizistin vertritt, sagte am Freitag, man habe "im Sinne der Anklage" plädiert, aber "sicher nicht auf Freispruch". Die materielle Wahrheit – also was wirklich geschehen sei, spiegele sich oft nicht in einem Urteil wieder, sagte der Anwalt. Man habe keine bestimmte Strafhöhe beantragt. Es sei nicht das Ziel, dass der Angeklagte "möglichst stark, möglichst heftig" bestraft werde.

Die Vorwürfe der Anklage hätten sich aber im Prozess bestätigt. "Es gab nichts, was den Angeklagten entlastet hätte." Der Nebenklage-Anwalt berichtete zudem, der Inspekteur habe sich während der Plädoyers "prozesstaktisch" verhalten. "Er hat geschwiegen - und er wusste warum." Der Zustand seiner Mandantin habe sich nach ihrer Aussage im Prozess etwas verbessert, die Anspannung der Polizistin sei nun etwas geringer.

Inspekteur als Opfer? Verteidigung: "victim blaming"

Am vorletzten Prozesstag erhob die Nebenklage außerdem den Vorwurf des "victim blaming" gegen den Inspekteur – also die Umkehrung der Täter- und der Opferrolle. In einer Erklärung, die der Anwalt der Nebenklage am Freitag vor Journalisten am Landgericht verteilte, heißt es, der Angeklagte habe sich durch diese Umkehrung der Rollen verteidigt.

Nach Darstellung seines Anwalts sei der Inspekteur das eigentliche Opfer, während die Nebenklägerin als "vorteilssuchende Karrieristin" dargestellt werde. Die Nebenklage schreibt: "Die gezeigte Strategie des "victim blaming" ist weder originell, noch neu." Die Behauptung, dass die Polizistin aus beruflichem Vorteil Kontakt zu höhergestellten Männern gesucht habe, sei "schamlos".

Bereits zu Beginn des Prozesses hatte die Verteidigung des Inspekteurs eine Erklärung verteilt, in der der Inspekteur als Opfer dargestellt wurde.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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