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Debatte um Sport und Politik | "Erbe der Ausbeutung": Was bleibt von Katar-WM?


"Erbe der Ausbeutung": Was bleibt von Katar-WM?

Von dpa
18.12.2022Lesedauer: 3 Min.
EhrengÀsteVergrâßern des BildesDer Emir von Katar (l) und FIFA-PrÀsident Gianni Infantino beim WM-Finale. (Quelle: Martin Rickett/PA Wire/dpa/dpa-bilder)
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Der Emir von Katar lachte zufrieden, als er sich neben den FIFA-Boss Gianni Infantino auf die TribΓΌne setzte. Links und rechts von Tamim bin Hamad Al Thani sangen und tanzten mehr als 88.000 Fans im Finalstadion Lusail.

Mehr als die HÀlfte von ihnen trug ein Argentinien-Trikot. Das Endspiel fiel auch noch genau auf den Nationalfeiertag Katars. Die Boulevardstraße zum Stadion war prÀchtig geschmückt.

Es war genau das, was dem Fußball-Weltverband und den WM-Organisatoren wichtig ist: Bilder. Und Geschichten wie der von Lionel Messi und seinem fünften Versuch, endlich Weltmeister zu werden. Sie sollen den Eindruck erwecken, dass dies eine normale WM wie alle anderen zuvor ist. Und diese Bilder haben es zumindest in der zweiten TurnierhÀlfte geschafft, dass die Kritik an den VerhÀltnissen in Katar immer mehr überlagert wurde.

Kritik von Menschenrechtsorganisationen

Auch deshalb erinnerten Menschenrechtsorganisationen am Finalwochenende noch einmal daran, dass dies eben keine normale WM war. Als Katar den Zuschlag dafür erhielt, mussten Stadien und Infrastruktur erst neu gebaut werden. Wie viele Gastarbeiter dabei starben, weiß niemand genau. Es ist die Ursünde dieses Turniers.

Ein "Erbe der Ausbeutung und Schande" befürchtet Rothna Begum von Human Rights Watch deshalb. Markus N. Beeko, GeneralsekretÀr von Amnesty International in Deutschland, sagte: Die auslÀndischen Arbeiter seien die großen Verlierer des Finales.

Vor allem seine Organisation hatte von der FIFA gefordert, mit einem Teil der WM-Einnahmen einen EntschΓ€digungsfonds fΓΌr Gastarbeiter zu finanzieren. Dass der Weltverband dies ablehnte, nannte Beeko "beschΓ€mend".

Die Einordnungen des Emirats und der FIFA klingen ganz anders. "Was wir tun kΓΆnnten, um die Gesetzgebung zu Γ€ndern, um die Gesundheit und Situation der Arbeiter zu schΓΌtzen, das haben wir getan", sagte Infantino. Es gehe darum, die WM und die dadurch gewonnene Aufmerksamkeit zu nutzen, "um das Leben von Menschen zum Positiven zu verΓ€ndern". So soll die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) ein dauerhaftes BΓΌro in Doha beziehen.

So wie Infantino sehen und vertreten das viele Menschen. Noch im November würdigte die VizeprÀsidentin des EU-Parlaments, Eva Kaili, in einer Rede die vermeintlichen Fortschritte Katars. Die Fußball-Legende David Beckham sagte am Sonntag: "Das Zusammenkommen der Fans und das Niveau des Fußballs hier zu sehen - das war gewaltig!"

VizeprΓ€sidentin des EU-Parlaments abgesetzt

Die Sache ist nur: Kaili wurde mittlerweile abgesetzt, weil sie unter dem Verdacht steht, von Katar korrumpiert worden zu sein. Und Beckham kassiert fΓΌr seine Rolle als WM-Botschafter Katars einen dreistelligen Millionenbetrag. Und so bleibt von dieser WM auch der Eindruck, mit Geld alles kaufen zu kΓΆnnen: neue Stadien, bezahlte Fans, lobende Stimmen.

Mehr als 200 Milliarden Dollar betrΓ€gt nach Medienberichten das Investitionsvolumen des Emirats fΓΌr diese WM. 2006 in Deutschland waren es nach offiziellen Angaben "nur" 4,3 Milliarden.

Und was bleibt? Die Arbeitsgruppe der EuropÀischen Fußball-Union, die sich in der Debatte um die "One Love"-KapitÀnsbinde mit der FIFA angelegt und verloren hatte, wird im kommenden Jahr eine Art Inspektionsreise unternehmen. Was hat sich in Katar wirklich verÀndert? In den vor Ort praktisch nicht mehr gebrauchten Prachtstadien werden aller Voraussicht nach in den kommenden Jahren einige Top-Nationen zu Testspielen vorbeischauen.

Keine laute Kritik aus Politik und Wirtschaft

Von Politik und Wirtschaft erwarten Fachleute wie der Golfstaaten-Experte Nicolas Fromm von der Helmut-Schmidt-UniversitΓ€t in Hamburg keine laute Kritik mehr. Deutschland und Katar haben sich erst wΓ€hrend der WM auf einen langfristigen Liefervertrag ΓΌber FlΓΌssiggas geeinigt.

Auch deshalb Àrgerte sich der frühere Nationaltorwart und heutige Vorstandschef des FC Bayern München, Oliver Kahn, darüber, dass von Fußballern in Katar Dinge erwartet wurden, die von Ministern und Wirtschaftsvertretern auch nur selten zu hâren sind. "Die Politisierung, die im Fußball stattfindet, wird immer extremer und grâßer. Damit überfordert man die Spieler und ich finde, man überfordert auch den Fußball langsam", sagte Kahn im Podcast bei OMR.com.

Der deutsche Rekordmeister ist selbst durch das Sponsoring der staatlichen Fluglinie eng mit dem Emirat verbunden. Eine VerlÀngerung des auslaufenden Vertrages ist noch nicht beschlossen, trotz massiver Fankritik aber weiterhin mâglich. "Der Fußball kann ein Mosaikstein sein, wenn er ein Zeichen setzt, aber der Fußball kann nicht Aufgaben übernehmen und nicht die Rolle übernehmen, die eigentlich andere übernehmen müssten", sagte Kahn. Dafür sei die Politik verantwortlich.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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