Woody Allen schickt Cate Blanchett in den Ruin

Der Absturz kΓΆnnte nicht deutlicher ausfallen. Hoch ΓΌber den Wolken sitzt Cate Blanchett zu Beginn des Films "Blue Jasmine" bei Schampus in der Ersten Klasse. Als das Flugzeug wenig spΓ€ter landet, illustriert das ihren gesellschaftlichen Abstieg: Die New Yorker MillionΓ€rsgattin ist pleite, ihr Ex-Mann als AnlagebetrΓΌger aufgeflogen und im GefΓ€ngnis gestorben.
Blanchett muss in der Rolle von Jasmine als ungebetener Gast bei ihrer Schwester (Sally Hawkins) einziehen. Jasmine hadert mit der Vergangenheit und verweigert sich zunΓ€chst der Zukunft. Filmemacher Woody Allen ΓΌbt sich in einer Prise Gesellschaftskritik, ohne zu sehr in Dramentiefen zu versinken.
Cate Blanchett auf Oscar-Kurs
Blanchett gewann bereits einen Oscar fΓΌr eine Nebenrolle in "The Aviator". Als beste Hauptdarstellerin wurde sie fΓΌr zwei "Elizabeth"-Filme nominiert, ging hierbei aber leer aus. Gut mΓΆglich, dass ihr die Leistung in "Blue Jasmine" eine erneute Oscar-Nominierung beschert. Eindrucksvoll nutzt sie den Freiraum, den ihr Regisseur Allen groΓzΓΌgig lΓ€sst. Phlegmatisch irrt sie umher - genieΓt das Leben in Saus und Braus und leitet dann ihren eigenen Ruin ein. Sie verschlieΓt die Augen vor den kriminellen Machenschaften ihres Mannes und anschlieΓend vor ihren prekΓ€ren VerhΓ€ltnissen.
MillionΓ€rsgattin trifft auf deftiges Arbeitermilieu
Als sie von der amerikanischen Ost- an die WestkΓΌste nach San Francisco umsiedeln muss, sieht sie sich mit dem deftigen Arbeitermilieu konfrontiert, in dem ihre Schwester lebt. Der Clash der Welten dient Woody Allen zu seiner ΓΌblichen, leichtlebigen Situationskomik. Unverhoffte Blind Dates entpuppen sich als Reinfall, wenn Jasmine die Nase rΓΌmpft ΓΌber den hemdsΓ€rmligen Mann ihr gegenΓΌber. An die ΓΌberteuerte Designertasche klammert sie sich wie an einen Rettungsanker. Alles an ihr ist Fassade, selbst ihren Namen hat die blauΓ€ugige SchΓΆnheit - eigentlich Jeanette - aus dem Song "Blue Jasmine" ΓΌbernommen.
Die Sympathien sind in dem Film klar verteilt: Handwerker und kleine Angestellte sind grundehrlich, wΓ€hrend AnlagebetrΓΌger Hal, formidabel groΓkotzig gespielt von Alec Baldwin, als skrupelloser Finanzhai daherkommt, der seiner bescheiden-kleinbΓΌrgerlichen SchwΓ€gerin und deren Mann das Geld aus der Tasche zieht. Auch seine Ehefrau Jasmine eignet sich in ihrer Mischung aus Desinteresse und Arroganz nicht als Identifikationsfigur. Das macht die Rolle ambivalent und fΓΌr Blanchett umso reizvoller. Fast gΓΆnnt man ihr, dass sie endlich einmal auf die Nase fΓ€llt - und fiebert dann doch mit, wie sich ein zarter Hoffnungsschimmer auftut.
Keine Spur von Altersmilde bei Woody Allen
Doch Woody Allen ist trotz seiner lΓ€ngst weiΓen Haare von Altersmilde weit entfernt. Immer wieder verzichtet der inzwischen 77-JΓ€hrige auf ein klassisches Happy End und schickt seine Figuren stattdessen einem ungewissen Schicksal entgegen. Und so muss Blanchett am Ende keine herzzerreiΓenden FreudentrΓ€nen vergieΓen, sondern torkelt weiter wie benommen durch das dΓΌstere Leben. Ihre Chancen auf einen Oscar dΓΌrfte das erhΓΆhen.
Kinostart "Blue Jasmine": 7. November 2013