Die HintermÀnner der Redtube-Abmahnungen
Anfang Dezember haben ein Berliner Anwalt und die Kanzlei U+C eine der gröĂten Abmahnwellen Deutschlands losgetreten. Dabei ist strittig, ob im Fall Redtube alles mit rechten Dingen zuging. Auch ein Blick hinter die Kulissen offenbart ein fragwĂŒrdiges Geflecht von Beziehungen.
Zu den vier Hauptakteuren der Redtube-Abmahnungen gehören das Schweizer Unternehmen The Archive AG, der Berliner Anwalt Daniel Sebastian, die Kanzlei U+C aus Regensburg sowie die Softwarefirma iTGuards.
Als Rechteinhaber an den abgemahnten Pornofilmen hatte The Archive AG den Berliner Anwalt Sebastian damit beauftragt, die Herausgabe von Anschriften mutmaĂlicher Redtube-Nutzer zu erwirken. Die dazu notwendigen IP-Adressen ermittelte die Softwarefirma itGuards Inc. â angeblich mit einer Software namens GLADII 1.1.3.
Massenabmahnungen als GeschÀftsmodell
Zu The Archive AG gehört ein in der Abmahnbranche bereits bekannter Name: Ralf Reichert, GeschĂ€ftsfĂŒhrer der Offenbacher Musikfirma Intergroove und seit November 2013 Verwaltungsrat bei The Archive AG.
Als GeschĂ€ftsfĂŒhrer von Intergroove pflegte Reichert mehrere Jahre GeschĂ€ftsbeziehungen zu der inzwischen insolventen Firma DigiProtect (spĂ€ter FDUDM2 GmbH). Diese stand vor allem dafĂŒr in der Kritik, Massenabmahnung als Teil eines GeschĂ€ftsmodells und weniger zum Schutz der Urheber zu verschicken.
Jeder kennt scheinbar jeden
Laut der Anwaltskanzlei WeiĂ & Partner ist Daniel Sebastian â der die GerichtsbeschlĂŒsse am Landgericht Köln durchsetzte â ebenfalls "ein alter Bekannter" in der Abmahnbranche. Zu seinen Mandanten zĂ€hlte Michael Eisele, der in Darmstadt eine Firma namens Digirights Solutions GmbH betreibt. Diese hat sich darauf spezialisiert, Raubkopierer zu ermitteln und war frĂŒher fĂŒr die Abmahn-Profis von DigiProtect tĂ€tig.
Auch die Kanzlei U+C hat sich auf diesem Gebiet bereits einen Namen gemacht, etwa mit dem sogenannten "Porno-Prangerâ. Dabei drohte U+C an, die Namen abgemahnter Tauschbörsen-Nutzer im Internet zu veröffentlichen. Ein Gericht stoppte aber den Plan, da dies gegen den Datenschutz verstoĂen wĂŒrde. Auch U+C mahnte bereits im Auftrag von DigiProtect ab.
Hat eine Scheinfirma die "Redtube-Nutzer" ermittelt?
Die Verantwortlichen hinter dem IT-Dienstleister itGuards Inc. lassen sich nur schwer ermitteln. Die Internetseite der Firma gibt keine GeschĂ€ftsfĂŒhrer an, sondern zeigt nur eine Adresse, die wohl lediglich zu einem Briefkasten in San Jose in den USA fĂŒhrt.
Ein Blick ins Handelsregister des US-Bundesstaates Delaware, wo die Firma gemeldet ist, enthĂŒllt ein Unternehmen namens Business Filings Inc. als FirmengrĂŒnder. Dies ist ein Dienstleister, der Kleinunternehmern die FirmengrĂŒndung abnimmt. Auf die Nachfrage, fĂŒr wen Business Filings Inc. das Unternehmen itGuards Inc. hat eintragen lassen, reagierten die Verantwortlichen bisher nicht.
Gehören The Archive AG und itGuards zusammen?
Interessantes findet sich allerdings im Quelltext des Internetauftritts von itGuards: Dort lĂ€sst sich auslesen, dass die Internetseite mit einem Wordpress-Ă€hnlichen Werkzeug namens Wix entstanden ist. Dieses bietet nach der Anmeldung einen einfachen Baukasten fĂŒr einen Internetauftritt und legt die Seite auf seinen Servern ab.
Die Internetseite von The Archive AG wiederum stammt ebenfalls aus dem Wix-Tool, lÀuft auf den selben Servern und weist zudem die selbe Nutzer-Kennung auf wie die Seite von itGuards. Dass hinter beiden Internetseiten der selbe Verantwortliche steht, hat Wix.com inzwischen dem Blogger Klemens Kowalski bestÀtigt.
FragwĂŒrdiges Gutachten
Ein weiterer auffĂ€lliger Fakt sind die Daten, die mit itGuards zusammenhĂ€ngen. Business Filings Inc. hat die Firma laut US-Handelsregister am 21. MĂ€rz 2013 gegrĂŒndet. Das Gutachten zur Software, die angeblich die Abzumahnenden ermittelt hat, stammt von der MĂŒnchner Kanzlei Diehl & Partner (PatentanwĂ€lte), datiert auf den 22. MĂ€rz 2013.
Ob Diehl & Partner im Vorfeld schon mit anderen der genannten Personen zu tun hatte, bleibt trotz Recherchen offen. Seltsam ist es jedoch, dass die Kanzlei innerhalb eines Tages ab GrĂŒndung des Unternehmens bereits ein Gutachten fĂŒr eine theoretisch komplexe Software erstellen konnte.