Kalken hilft gegen Moos im Rasen? Rasenpflege-Mythen im Experten-Check
Mythen und Legenden rund um die Rasenpflege gibt es zuhauf. An manchen ist wenig bis gar nichts dran, andere sind nicht mehr zeitgemäß und heute überholt. Dr. Harald Nonn, Leiter Forschung und Entwicklung beim Rasensaatgut- und Düngemittelhersteller Eurogreen, klärt auf, was an sechs häufigen Rasenpflege-Mythen wirklich dran ist.
Nonn, der auch Vorsitzender der Deutschen Rasengesellschaft (DRG) ist, kann über manch einen Rasen-Mythos, nur den Kopf schütteln.
Mythos 1: Kalken hilft gegen Moos im Rasen
Zwar stimmt es tatsächlich, dass Kalk den pH-Wert des Bodens erhöht. Moosarten, die einen sauren Boden benötigen, lassen sich durch das Kalken also tatsächlich zurückdrängen. "Aber es gibt auch viele kalkliebende Moosarten, die dann umso besser wachsen", warnt Nonn.
"Zu viel Kalk schadet dem Boden eher als dass er nützt", mahnte er schon im Expertenchat zur Rasenpflege bei zuhause.de. Keinesfalls sollte man seinen Rasen generell jedes Jahr kalken. Sonst könne das Gräserwachstum nachlassen.
"Gräser bevorzugen pH-Werte zwischen 5,0 und 7,6", sagt Nonn. Nur nach einer vorangegangenen pH-Wert-Messung sollten Hobby-Gärtner ihren Rasen kalken. Liegt der Wert über 7,5, darf man nicht mehr kalken. Wirklich notwendig ist Kalk nur dann, wenn der pH-Wert unter 5,5 liegt.
Mythos 2: Bloß nicht wässern in der Mittagssonne
Kritiker des mittäglichen Gießens fürchten den sogenannten Brennglaseffekt. Trifft die intensive Sonnenstrahlung auf die Tropfen, könnten sie die sensiblen Halme versengen, so die Sorge.
Doch der Rasen-Profi gibt Entwarnung: "Da die Gräser fast senkrecht stehen und im Verhältnis gesehen nur eine geringe Fläche bilden, perlt das Wasser ab. Eine Verbrennungsgefahr durch den Brennglaseffekt besteht nicht."
Trotzdem raten viele Experten, am besten morgens zu gießen. Denn dann ist der Boden noch nicht so aufgeheizt. Das ausgebrachte Wasser verdunstet deshalb nicht so schnell. Schädlich ist die Bewässerung zur Mittagszeit aber nicht.
Mythos 3: Torf bei der Rasenerneuerung übersäuert den Boden
Saatgut-Hersteller Eurogreen empfiehlt für die Rasenerneuerung, die Nachsaat etwa zwei bis drei Millimeter dick mit Torf abzudecken. Auch wenn Torf grundsätzlich eine saure Bodenreaktion hat, beruhigt Rasenexperte Nonn: "Diese sehr geringe Menge Torf hat kaum Einfluss auf den pH-Wert des Bodens."
Die Saat profitiere aber stark von der Deckschicht, weil Torf ein sehr guter Feuchtigkeitsspeicher sei. Außerdem erkenne der Hobby-Gärtner durch die Torfschicht ganz leicht, wann es Zeit für die nächste Bewässerung ist: "Sobald der Torf hell wird, sollte erneut beregnet werden."
Mythos 4: Samen muss man nach der Aussaat festtreten oder anwalzen
Viele Hobby-Gärtner schwören darauf, die Aussaat nach der Ausbringung anzuwalzen. Nonn hält davon gar nichts. Das Verfestigen des Bodens schade sogar.
"Wenn das Saatgut nach der Ausbringung mit Brettern unter den Füßen oder einer Walze angedrückt wird, benötigt es bis zu einer Woche länger um auf der sehr festen Erdschicht zu keimen", sagt der Experte. "Das Anwalzen auf Böschungen oder geneigten Grundstücken kann bei stärkeren Regenfällen sogar zum Abschwemmen des Saatgutes führen."
Nonn empfiehlt stattdessen, frisches Saatgut mit der Harke oder dem Rasenrechen leicht in den Boden einzuarbeiten. Wenn der Boden sehr locker ist, sollte man ihn demnach walzen, bevor man das Saatgut ausbringt. "Danach erstellt man dann ein Saatbett, indem man die obere Bodenschicht wieder aufrecht." Das Saatgut werde dann wiederum nur flache in den Boden eingearbeitet.
Mythos 5: Neuer Rasen braucht im ersten Jahr keinen Dünger
"Gerade ein junger Rasen benötigt eine ausreichende Nährstoffversorgung mit optimal zusammengesetzten Rasendüngern", räumt Nonn mit einem weiteren Mythos auf, wonach man den jungen Rasen im Jahr der Aussaat nicht mehr düngen sollte.
Er empfiehlt zunächst Rasen-Starterdünger gefolgt von Rasenlangzeitdünger etwa sechs Wochen später. "Danach sollte bei nachlassendem Gräserwachstum und einer eventuellen gelblichen Verfärbung der Gräser erneut gedüngt werden", rät Nonn. Im Herbst erfolge dann die letzte Düngung mit einem kaliumbetonten Dünger. Das macht die Gräser widerstandsfähiger gegen Frost und Krankheiten.
Mythos 6: Liegengelassener Rasenschnitt ersetzt den Dünger
Zwar stimmt es, dass dem Boden durch organisches Material geringe Mengen Stickstoff zugeführt werden. Der Nährstoffbedarf der Gräser wird davon aber nicht vollends gedeckt. Nur ein geringer Teil der benötigten Stickstoffmenge könne durch liegengebliebenes Schnittgut an die Gräser zurückgegeben werden, bestätigt Nonn.
Wird der Rasen nicht häufig genug gemäht, könnten die Schnittreste sogar schaden: Verstärkte Filzbildung, sowie eine geringere Vitalität und Trockenheitsresistenz seien dann die Folge. "Dies ist nicht der Fall bei einem Rasenroboter, der durch kontinuierlichen Schnitt stets geringe Mengen Schnittgut in die Grasnarbe zurückführt."