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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Räumliches Gedächtnis Verschlechtert Google Maps den Orientierungssinn?

Navigationsapps sind aus dem Alltag kaum wegzudenken. Bei vielen Menschen sind sie täglich im Gebrauch. Doch das kann Folgen haben.
Wer nach dem Weg sucht, nutzt heute meist Google Maps, Apple Karten oder eine andere Navigationsapp auf dem Handy. Dort wird die schnellstmögliche Route angezeigt – und man kann dank des blauen Punktes und GPS-Ortung sofort nachverfolgen, wo man sich genau befindet. Doch wie wirken sich diese Apps eigentlich auf unseren Orientierungssinn aus?
Navigation im Gehirn
Für die Orientierung sind bestimmte Nervenareale im Großhirn zuständig. Dort speichern verschiedene Nervenzellen Orte, Wege und Routen und bilden das körpereigene Navigationssystem. So entsteht im Gehirn eine "interne kognitive Karte", wie es der Neurowissenschaftler Christian Doeller im Gespräch mit dem Wissenschaftsmagazin "Spektrum" nennt.
Wissenschaftler haben festgestellt, dass es – vereinfacht gesagt – zwei Strategien der Wegfindung gibt: Entweder man merkt sich, an welcher Kreuzung man rechts abbiegen muss und wo es geradeaus geht, oder man versetzt sich in Gedanken in die Vogelperspektive und verschafft sich auf diese Weise einen Überblick über die Umgebung.
Ersteres, das sogenannte Routenwissen, lasse sich schneller erlernen und fordere das Gehirn weniger heraus. Die Orientierung anhand der Vogelperspektive erfordere zwar mehr kognitive Ressourcen, führe aber gleichzeitig auch zu mehr Flexibilität bei der Wegfindung. Die beiden Strategien gehören zum räumlichen Gedächtnis und ergänzen sich im Idealfall.
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Navigationsapps schwächen Orientierung
Wer sich bei der Navigation nur auf Google Maps und Co. verlässt, konzentriert sich nicht mehr auf seine Umgebung. Eine Studie aus dem Jahr 2020 hat gezeigt, dass es einen Zusammenhang zwischen der Nutzung von Navigationsapps und einem schlechten räumlichen Gedächtnis gibt. Die Abhängigkeit von digitalen Karten führe zudem dazu, dass Menschen sich in neuen Umgebungen schlechter zurechtfinden.
"Je öfter GPS genutzt wird, desto stärker nimmt das räumliche Gedächtnis mit der Zeit ab", heißt es in dem Studienbericht. Wer seine Raumwahrnehmung und den Orientierungssinn trainieren möchte, sollte dementsprechend das Handy öfter mal in der Tasche lassen.
- Gegen Vergesslichkeit: Kann Gedächtnistraining helfen?
Gute Orientierung kann schützen
Eine gute Orientierung kann möglicherweise vor Erkrankungen wie Alzheimer schützen. Das hat eine Studie aus dem vergangenen Jahr nahegelegt. Demnach sind Berufsfahrer – wie etwa Taxi- oder Krankenwagenfahrer – weniger anfällig für Demenzerkrankungen. Die Forscher vermuten, dass Berufsfahrer die für die Navigation zuständigen Hirnareale besonders trainieren – was zu einer geringeren Anfälligkeit führen könnte.
- spektrum.de: "»Der innere Kompass dient als Blaupause für höhere Kognition«"
- mpg.de: "Navi im Kopf"
- scilogs.spektrum.de: "Frauen oder Männer – Wer kann sich besser orientieren?"
- sueddeutsche.de: "Wie sich der Orientierungssinn trainieren lässt"
- nature.com: "Habitual use of GPS negatively impacts spatial memory during self-guided navigation" (Englisch)