Porno ja, schneller Sex nein
Jugendliche sind zwar mit Pornos vertraut, haben dennoch eine eher konservative Einstellung zum Sex. Das sind die Ergebnisse der Studie "JugendsexualitĂ€t 2015" der Bundeszentrale fĂŒr gesundheitliche AufklĂ€rung (BZgA).
Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Studie:
Warum warten Jugendliche mit dem ersten Mal?
Die Studie nennt unabhĂ€ngig vom Geschlecht und von der Herkunft als wichtiges Motiv: Oft fehle der richtige Partner. Bei Frauen mit auslĂ€ndischen Wurzeln spielen auch Moralvorstellungen und Angst vor den Eltern eine Rolle. Wenn Jugendliche Sex haben, dann zunehmend mit einem festen Partner. Das gilt fĂŒr Jungen wie fĂŒr MĂ€dchen, fĂŒr DeutschstĂ€mmige ebenso wie fĂŒr Jugendliche mit auslĂ€ndischen Wurzeln.
Woher kommt das BedĂŒrfnis nach Sicherheit?
Beziehungen sind heute oft unverbindlich, sexuelle IdentitĂ€ten wandelbar. Auch die Ehe ist nicht mehr nur Mann und Frau vorbehalten. FĂŒr den Hamburger Trendforscher Peter Wippermann liegt der Schluss nahe: "Alles was verschwindet, gewinnt an Wert." Die romantischen, konservativen Vorstellungen der Jugend sieht er daher auch als "Trotzkultur" oder Gegenbewegung. Das Problem: Am Ende hielten auch diese Beziehungen nicht.
Wie verhĂŒten Jugendliche?
Der Schutz nicht nur vor einer Schwangerschaft, sondern auch vor HIV und Geschlechtskrankheiten ist ihnen wichtig: Das Kondom ist bei beiden Geschlechtern zwischen 14 und 25 Jahren das am hĂ€ufigsten verwendete VerhĂŒtungsmittel, vor der Pille. Im Vergleich zu frĂŒher beschreiben die BZgA-Fachleute die heutigen Jugendlichen als gewissenhafter. Die PrĂ€ventionsansĂ€tze in Deutschland funktionierten, sagt die GeschĂ€ftsfĂŒhrerin der Berliner Aids-Hilfe, Ute Hiller. Das sei aber kein Grund zum Nachlassen: "Wissen vererbt sich nicht."
Wo hapert es noch?
Sexologin und TV-AufklĂ€rerin Ann-Marlene Henning ("Make Love") schĂ€tzt das Wissen von Jugendlichen als eher oberflĂ€chlich ein: Sie schnappten zwar vieles auf und fragten nach Stellungen und Techniken, alles verstehen wĂŒrden sie aber nicht. Das gelte auch in emotionaler und kommunikativer Hinsicht. Wo Henning Nachholbedarf sieht: "Dass man SpaĂ dabei haben kann, dass man was lernen kann ĂŒber Liebe, oder: Wie blockiert man bestimmte Anmachen?" Auch alte Klischees sind nicht vom Tisch. "Wenn mal ein MĂ€dchen mehr weiĂ, gilt sie gleich als Schlampe. Der Junge dagegen ist dann ein toller Hecht." Gerade MĂ€dchen schĂ€mten sich, ĂŒber das eigene Geschlecht zu sprechen. "Dabei gehört auch das zu AufklĂ€rung."
Wie groĂ ist der Einfluss von Pornografie?
Mit eindeutigen Bildern sind viele Jugendliche vertraut. "Aber die haben ein GefĂŒhl dafĂŒr, dass es Show ist", sagt Henning. Dennoch verglichen sich Jugendliche mit den Körpern aus Pornos und fĂŒhlten sich daher weniger wohl in ihrer Haut. "Der Druck da drauĂen steigt. OPs, DiĂ€ten - jetzt hat es auch noch die Jungs erfasst", so Henning.
Welche Menschen sind Jugendlichen bei der AufklÀrung am wichtigsten?
Das Internet ist Alltag fĂŒr diese Generation. Sich dort Wissen ĂŒber Sex und VerhĂŒtung anzulesen, ist verbreitet. Offline ist bei MĂ€dchen die Mutter die erste Adresse. Jungs nennen die Eltern zwar als wichtig, bevorzugen aber hĂ€ufig Lehrer als Bezugsperson. Neben dem Austausch mit Gleichaltrigen scheint AufklĂ€rung nach dem Stil von Dr. Sommer nicht ganz passĂ©: "MĂ€dchen haben auch noch eine AffinitĂ€t zu Jugendzeitschriften", sagte BZgA-Leiterin Heidrun Thaiss.
Homo-Ehe, Geschlechtsumwandlungen, BisexualitÀt: Die Gesellschaft ist bunter geworden. Wie gehen Jugendliche damit um?
"Die machen sich Gedanken, 'was bin ich eigentlich?'", beobachtet Henning. Sie habe bei GesprĂ€chen mit Jugendlichen bemerkt, dass diese groĂe Freiheiten beim Ausprobieren ihrer SexualitĂ€t haben und diese auch nutzen. Gleichgeschlechtliches Knutschen etwa werde getestet: "Damit spielen sie. Sie legen sich nicht fest."