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Klimabuch von 1997: Merkel ist an den eigenen Ansprüchen gescheitert


Klimaschutz
Eine Textstelle belegt das Scheitern der Kanzlerin


14.11.2021Lesedauer: 3 Min.
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Angela Merkel: Beim Thema Klimaschutz ist sie an ihren eigenen Ansprüchen gescheitert.Vergrößern des Bildes
Angela Merkel: Beim Thema Klimaschutz ist sie an ihren eigenen Ansprüchen gescheitert. (Quelle: Eric Lalmand/imago-images-bilder)

Vor 24 Jahren veröffentlichte Angela Merkel ein Buch – als Umweltministerin warb sie intensiv für Klimaschutz. Gemessen daran erreichte sie wenig. Ein Beispiel macht das besonders deutlich.

Es ist ein klares Ziel, das Merkel in ihrem 1997 veröffentlichten Buch "Der Preis des Überlebens – Gedanken und Gespräche über zukünftige Aufgaben der Umweltpolitik" formuliert. Sie fordert darin "die natürlichen Lebensgrundlagen auch für kommende Generationen zu bewahren".

Seit der Veröffentlichung sind 24 Jahre vergangen, davon 16 Jahre unter Merkel als Kanzlerin. Im Jahr 1997 war Klimaaktivistin Luisa Neubauer ein Jahr alt. Greta Thunberg war noch nicht geboren. Die nächste Generation, für die Merkel 1997 noch Umweltschutz betreiben wollte, ist nun erwachsen – und protestiert gegen ihre Klimapolitik. Wie konnte es dazu kommen?

Merkel war ihrer Zeit voraus

Merkel realisierte die Gefahren des menschengemachten Klimawandels früher als die meisten anderen Politiker. Bereits 1997 schrieb sie, dass die Erhöhung der Durchschnittstemperatur der Erde mit hoher Wahrscheinlichkeit auf den Menschen zurückgeführt werden könne, auch wenn dies noch nicht hundertprozentig bewiesen sei.

"Wenn aber abgewartet wird, bis letzte wissenschaftliche Klarheit darüber gewonnen ist, ob es einen Kausalzusammenhang zwischen bestimmten Luftschadstoffen und der Erwärmung der Erde gibt, kann es eines Tages unter Umständen zu spät sein", mahnt sie in dem Buch vorbeugende Maßnahmen an.

Während ihrer 16-jährigen Kanzlerschaft entwickelte sich die von ihr vorgebrachte These des menschengemachten Klimawandels zum breiten wissenschaftlichen Konsens weiter. Dennoch ergriff sie von ihr selbst geforderte vorbeugende Maßnahmen nicht – zumindest nicht in ausreichendem Umfang, wie sie jüngst auch selbst zugab.

Die Vorreiterin des CO2-Preises

Nirgendwo wird das so deutlich wie bei der Thematik des CO2-Preises. Bereits 1997 sprach sich Merkel für diese Maßnahme aus. "Für eine 'ehrliche' Umweltpolitik kann kein Weg daran vorbeigehen, die Kosten des Verbrauchs denen anzulasten, die sie verursachen. Wer behauptet, wirksamer Umweltschutz sei zum Nulltarif zu haben, lügt sich entweder in die Tasche oder gaukelt den Menschen etwas vor", beklagte Merkel in ihrem Buch.

Im weiteren Verlauf brachte sie offen die Einführung des CO2-Preises ins Spiel. Es habe sich gezeigt, dass die marktwirtschaftliche Reaktion auf die Erhöhung von Preisen ganz eindeutig Vermeidung sei, begründete sie.

Zu wenig, zu spät

Unter Merkels Kanzlerschaft tat sich in Sachen CO2-Preis jedoch lange nichts. Erst in den letzten Jahren bemühte sich die Regierung um die Einführung einer solchen Abgabe. Seit Anfang des Jahres ist sie nun tatsächlich in Kraft. 25 Euro kostet die Tonne CO2 momentan. Bis 2025 soll der Preis auf 55 Euro steigen. Ein später Erfolg? Eher nicht.

Nach Angaben des Bundesumweltamtes müsste der Preis bei 201 Euro pro Tonne liegen, um effektiv zu sein. Die Diskrepanz zwischen dem, was notwendig ist, und der Realität des politischen Handelns ist offensichtlich nach wie vor enorm. Merkel ist also an ihrem eigenen Ziel, dass "ökologisch ehrliche Preise die Knappheit der natürlichen Ressourcen widerspiegeln", gescheitert.

Zu viele "Sonntagsreden"

Die Geschichte des CO2-Preises steht sinnbildlich dafür, wie Deutschland seine Versprechen beim Klimaschutz seit Jahren nicht einhält. Worte und Taten klaffen weit auseinander. Eine Problematik, die Merkel eigentlich gut bekannt sein müsste. Immerhin schrieb sie schon 1997: "[...] im Umweltbereich werden aus meiner Sicht an vielen Stellen zu oft nur Sonntagsreden gehalten."

"Nur zu oft, so scheint es, müssen erst Katastrophen geschehen, ehe konkrete und einschneidende Maßnahmen ergriffen werden", schrieb Merkel. Fortschritte in der Umweltpolitik würden häufig erst dann gemacht, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen sei.

Ohrfeige des Verfassungsgerichts

Kritiker werfen ihr genau dieses Verhalten seit Jahren vor. Auch vor Gericht ist im April dieses Jahres erstmals offiziell festgestellt worden, dass die Nachlässigkeit beim Klimaschutz die zukünftige Generation gefährdet. Das Bundesverfassungsgericht zwang die Regierung per Urteil dazu, die Klimaziele zu verschärfen.

Dabei gab das Gericht einer Klage der Aktivisten um Neubauer gegen das Klimagesetz der Großen Koalition statt. Die Botschaft der höchsten Richter an Merkels Regierung war klar: Die Politik von heute muss mehr unternehmen, um zukünftigen Generationen die gleichen Freiheiten und Rechte zu garantieren, die heute gelten.

Vernichtendes Fazit

Es war eine Ohrfeige für die Kanzlerin, die schon 1997 vor dem menschengemachten Klimawandel warnte, Maßnahmen forderte und zu viel leeres Gerede kritisierte.

So ist es wenig überraschend, wenn Luisa Neubauer in ihrem aktuellen Klimabuch folgendes Urteil über Merkel fällt: "Auch weil sie so eine begabte, kluge, erfahrene Frau ist, macht es mich traurig, darüber nachzudenken, was in Merkels Amtszeit alles nicht gemacht wurde, was an Klimagefahren verschleiert und an Klimazerstörung zugelassen wurde."

Verwendete Quellen
  • Angela Merkel: "Der Preis des Überlebens – Gedanken und Gespräche über zukünftige Aufgaben der Umweltpolitik".
  • Luisa Neubauer und Bernd Ulrich: "Noch haben wir die Wahl – Ein Gespräch über Freiheit, Ökologie und den Konflikt der Generationen".
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