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Barbie mit Kopftuch: Ein Zeichen von Freiheit


Kolumne "Zwischentöne"
Barbie trägt jetzt Kopftuch. Ein Skandal!

Meinungt-online, Lamya Kaddor

15.11.2017Lesedauer: 3 Min.
Die neue Barbie-Puppe ist der muslimischen Fechterin Ibtihaj Muhammad nachempfunden.Vergrößern des BildesDie neue Barbie-Puppe ist der muslimischen Fechterin Ibtihaj Muhammad nachempfunden. (Quelle: Ilya S. Savenok/Getty Images for Glamour)
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Die Kultpuppe Barbie gibt es jetzt auch mit Kopftuch. Für Kritiker ein Ausdruck zunehmender Islamisierung. Tatsächlich ist es ein Zeichen für Vielfalt, findet Lamya Kaddor.

Der amerikanische Spielzeug-Konzern Mattel besitzt die Frechheit, eine Barbie mit Kopftuch auf den Markt zu bringen. Ein unerhörter Skandal. Wir dürfen das Mattel nicht durchgehen lassen. Es ist ein weiteres Zeichen dafür, dass ein Tsunami der Islamisierung über uns hinweg rollt. Das Kopftuch ist die Flagge der Islamisten und ein Symbol für Frauenunterdrückung.

Scheinheilige Debatte

So echauffieren sich mal wieder die üblichen Verdächtigen - vor allem im Netz. Die gesamte Debatte über eine Barbie mit Kopftuch ist scheinheilig - und nur allzu kalkuliert. Es ist kaum noch vorstellbar, dass ein Thema zum Islam nicht skandalisiert wird und erst recht keines zur muslimischen Frau.

Dabei ist die Sache aus Sicht von Mattel ziemlich profan. Der Konzern denkt wirtschaftlich. Er dürfte mit dieser Ausgabe der Barbie, deren Vorbild die US-amerikanische Säbelfechterin Ibtihaj Muhammad ist, die als erste muslimische Amerikanerin bei den Olympischen Spielen in Rio mit einem Kopftuch antrat, auf neue Käuferschichten abzielen.

Jeder Verbraucher hat die Möglichkeit, einfach eine andere Barbie zu kaufen. Schlimm wäre allenfalls, wenn es plötzlich nur noch Barbies mit Kopftuch geben würde. Wozu also die Aufregung?

Auch Hindu-Barbies

Führen wir nicht gerade die #MeToo-Debatte über Sexismus? Mattel wurde früher dafür kritisiert, nur halbnackte, vollbusige, blonde, große Barbies mit Wespentaille anzubieten. Inzwischen gibt es kleine Barbies, füllige Barbies, dunkelhäutige Barbies, mit unterschiedlichen Haar- und Augenfarben. Mattel wird also in seiner Sicht auf die Welt vielfältiger und das soll jetzt auch ein Problem sein?

Wir leben in einer pluralistischen Gesellschaft, eine Barbie mit Kopftuch ist ein weiterer Ausdruck davon, und das ist gut so. Wir sollten Mattel somit ermutigen, auch Hindu-Barbies, christliche Barbies, Barbies im Rollstuhl und weitere Varianten zu entwickeln.

Wie andere Unterschiede gehört auch das Kopftuch zu unserem Alltag. Es ist normal - auch wenn das manchen nicht passt. Aus meiner Sicht ist das Kopftuch zwar obsolet. Das heißt, ich erkenne keine theologische Notwendigkeit mehr für Frauen, es zu tragen. Aber viele Musliminnen sehen das anders, und das ist in einem demokratischen Rechtsstaat ihr gutes Recht.

Ausdruck von Gläubigkeit und Identität

Niemand hat erwachsenen Frauen vorzuschreiben, ein Kopftuch aufzusetzen und niemand darf von ihnen verlangen, es abzusetzen, abgesehen von bestimmten Situationen. Ein Kopftuch hat nicht zwangsläufig mit politischem Islam oder mit Frauenunterdrückung zu tun, wie manche behaupten, sondern zumeist mit Ausdruck von Gläubigkeit und Identität.

Aus den Augen aus dem Sinn ist keine Lösung. Wer nicht will, dass seine Kinder beeinflusst werden und wegen einer spindeldürren Barbie bulimisch oder wegen einer Hidschab-Barbie fundamentalistisch werden, dem helfen keine unrealistischen Verbannungsphantasien. Wer seine Kinder vor irgendetwas schützen will, muss sich ihnen kritisch zuwenden, sie sensibilisieren, über die Zusammenhänge des Lebens aufklären und gegebenenfalls Gegennarrative aufbauen.

Tatsächliche problematisch ist in diesem Zusammenhang ein anderer Vorfall, der derzeit diskutiert wird. Die deutsche Fußballnationalmannschaft stand jüngst gegen England im Wembley Stadion auf dem Platz. Beim Einlaufen der Mannschaften wurden die Spieler von Kindern begleitet, darunter ein Mädchen mit Kopftuch. Hier zeigt sich, wie der positive Gedanke, Vielfältigkeit zu zeigen, übers Ziel hinausschießt.

Kein Zwang zum Kopftuch

Die Öffentlichkeit sollte es nicht fördern, dass Kindern Kopftücher aufgesetzt werden. Die Einlaufkinder sind in der Regel unter 14 Jahre und können Religiosität nur bedingt überschauen. Erst ab 14 Jahren erreicht man nach unserer Auffassung die uneingeschränkte Religionsmündigkeit. Das lässt sich zumindest als Orientierung nehmen.

Kinder müssen folglich in der Regel dazu gedrängt werden, ein Kopftuch aufzusetzen, und eben das sollte bei einem gesellschaftlichen Großereignis wie einem Länderspiel nicht nicht promotet werden. Aus Sicht des betroffenen Mädchens war es gewiss toll, dass sie ausgewählt wurde, mit den Spielern aufzulaufen. Doch die Außenwirkung muss hier höher bewertet werden.

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