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Aggressionen gegen Klima-Blockade – Aktivisten als Lindner verkleidet


Aktion der "Letzten Generation"
Aggressionen gegen Blockierer: "Gleich die Haut runter"

Von Leon Enrique Montero

Aktualisiert am 16.11.2022Lesedauer: 3 Min.
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Klimablockade in Berlin: Aktivisten legten dort am Mittwochmorgen den Verkehr lahm, Autofahrer reagierten aufgebracht. (Quelle: t-online)

Als Christian Lindner verkleidet blockieren Klimaaktivisten in Berlin erneut eine Straße. Viele Autofahrer reagieren aggressiv.

"Steh mal auf jetzt! Spast!" Ein Mann lässt bedrohlich den Motor aufheulen, steigt aus seinem Auto, beschimpft die Aktivisten, die mit ihren Körpern die Fahrbahn blockieren. Dann packt er zu, schubst sie, versucht die Menschen von der Straße zu zerren. Weitere Autofahrer eilen ihm zur Hilfe. Vergeblich. Immer wieder rücken die Klimaschützer auf die Fahrbahn.

Szenen, wie sie sich heute im Stadtteil Lichtenberg abspielen, sind in Berlin keine Seltenheit mehr. Jede Woche blockieren Umweltschützer der "Letzten Generation" die Straßen der Hauptstadt oder kleben sich aus Protest an der Umweltpolitik an Gemälden fest. Laut Berlins Innensenatorin Iris Spanger sind über 2.000 Strafanzeigen im Zusammenhang mit den Klimaprotesten ausgestellt worden.

Aktivisten sind als Christian Lindner verkleidet

Lina Eichler ist Pressesprecherin der "Letzten Generation". Auch sie klebt sich am Morgen auf der Landsberger Allee fest. Ihre Forderungen: Tempolimit 100 auf der Autobahn und die Wiedereinführung des 9-Euro-Tickets. Mit Anzug, Krawatte und Masken haben sich die Klimaschützer als Finanzminister Christian Lindner verkleidet, da er "aktiv Umweltschutzmaßnahmen blockiere", so die Aktivistin. Deswegen würden nun die Straßen blockiert werden.

Zuletzt stand die Bewegung stark in der Kritik, nachdem der Vorwurf laut geworden war, eine Blockade hätte ein Spezialfahrzeug der Feuerwehr behindert, das unterwegs zu einer verunfallten Radfahrerin war. Die Frau starb einige Tage später. Dem Abschlussbericht der Feuerwehr zufolge hatte die Blockade Auswirkungen auf die Rettung der Frau. Der Rettungsdienstchef hatte zuvor eine andere Einschätzung abgegeben.

Die "Letzte Generation" setzt ihre Blockaden trotz aller Kritik fort. "Wir sind für das Überleben für alle. Wir bilden immer eine Rettungsgasse", so die Pressesprecherin. Straftaten nehmen die Aktivisten trotzdem in Kauf. "Es ist Nötigung, dass wir hier sitzen."

Autofahrer sucht das Gespräch

Bei den betroffenen Verkehrsteilnehmern stößt die Form des Protests auf Unverständnis. "Im Stau stehen ist nie schön, für niemanden. Aber im Stau zu stehen für so eine Aktion, das ist noch mal frustrierender, weil das künstlich herbeigeführt wurde", meint ein Autofahrer. Er diskutiert mit den Blockierern, sucht das Gespräch. Es störe ihn, dass Unbeteiligte mit reingezogen würden. Eine normale Demonstration, dagegen habe er nichts. Die Blockaden hingegen seien nicht sinnvoll, "weil dann sind die Leute eher sauer". Der Austausch auf Augenhöhe ist ein seltener Anblick an diesem Morgen.

Ein weiterer Fahrer schlägt vor, die Aktivisten einfach von der Straße herunterzureißen. "Gleich die Haut runter und dann ist gut. Das machen die nie wieder." Immer wieder kommt es zu Beschimpfungen oder körperlichen Auseinandersetzungen. Am Rande der Spontanversammlung packt ein Mann in Arbeitskleidung einen jungen Aktivisten, verdreht ihm den Arm, zerrt ihn zur Seite. An anderer Stelle fahren Autos gefährlich nah an den Blockierern vorbei.

"Total verständlich, dass die Autofahrer sauer sind"

Die Aggressivität der Autofahrer überrascht Lina Eichler nicht: "Natürlich ist die Situation aufgeheizt und wir machen das auch nicht gern. Es ist total verständlich, dass die Autofahrer sauer sind." Die Umweltschützer seien aber an einem Punkt, an dem sie zivilen Widerstand leisten müssten, "gegen eine Regierung, die uns weiter in den Klimakollaps rasen lässt". Erst als die Polizei nach einigen Minuten vor Ort eintrifft, beruhigt sich die Situation.

Die Einsatzkräfte sind mittlerweile erfahren im Umgang mit der "Letzten Generation". Beamte pinseln die verklebten Hände mit Lösungsmittel ein und tragen die Aktivisten zur Personalienfeststellung von der Straße. Nach etwa einer Stunde ist die Straße wieder frei. Auf telefonische Anfrage von t-online gab die Berliner Polizei zunächst keine Auskunft darüber, ob die Blockierer in polizeilichen Gewahrsam kommen. Zuletzt hatten Polizeipräsidentin Barbara Slowik und Innensenatorin Iris Spanger für die Klimaschützer einen längeren Gewahrsam als die zugelassenen 48 Stunden gefordert.

Unklar bleibt ferner, ob die Aktivisten der "Letzten Generation" mit der Blockade-Aktion den Forderungen nach Tempolimit und 9-€-Ticket näher gekommen sind.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
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