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Patti Smith in Berlin: So war das Konzert der Musiklegende in der Zitadelle


Patti Smith-Konzert in Berlin
Rock'n'Roll und Punk leben weiter

  • Nils Heidemann
MeinungVon Nils Heidemann

12.07.2025 - 01:18 UhrLesedauer: 4 Min.
Patti Smith (Archivbild): In Berlin zeigte sie, dass noch viel Punk und Rock'n'Roll in ihr steckt.Vergrößern des Bildes
Patti Smith (Archivbild): In Berlin zeigte sie, dass noch viel Punk und Rock'n'Roll in ihr steckt. (Quelle: IMAGO/AOP.Press)
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Die "Godmother of Punk" lädt in Berlin zu einem Konzert ein. Hinter dem liebenswerten Menschen Patti Smith steckt immer noch eine Rebellin.

Die großen Zeiten des Punks und Rock’n'Roll sind vorbei. Und überhaupt: Wie wild kann man noch sein, wenn man offenbar im Soho-House der Stadt nächtigt? Patti Smith, die "Godmother Of Punk", zeigt am Freitagabend in Berlin, dass sie im Alter zwar ruhiger wird, den Spirit der damaligen Zeit aber noch tief in sich trägt.

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Es ist 50 Jahre her, dass Smith ihr Debüt "Horses" veröffentlicht hat. Ein Album, mit dem sie sich als Rockpoetin in New York und darüber hinaus manifestierte, traditionelle Geschlechterrollen herausforderte und Genregrenzen einriss. Es beeinflusste Musiker jahrzehntelang und wurde stilprägend für die Genres Rock und Punk. Smiths Auftritte galten lange Zeit als energetisch und wütend.

Patti Smith: "Ich bin froh, wieder hier zu sein"

In der Zitadelle Spandau ist ihr Auftritt weniger kathartisch. Kein Wunder, mit Blick auf ihre stolzen 78 Jahre. Sie spielt hier mit ihrer aktuellen Band, dem Quartett. Dazu gehört auch ihr Sohn Jackson Smith an der Gitarre. Um 19.56 Uhr schreitet Smith mit ihrer Band auf die Bühne. Sie ist in Schwarz gekleidet, trägt eine helle Mütze, darunter ihre grauen Haare zu einem Zopf gebunden. Sie hebt ihre Hände und jubelt dem Publikum zu. Und sie grinst. Etwas, das sich den ganzen Abend kaum ändern wird. "Ich bin so froh, wieder hier zu sein", sagt sie.

Dann startet das Set mit "Redondo Beach". Es ist der einzige Song von "Horses", den sie an diesem Abend spielt. Der Upbeat- und Reggae-Sound bringt das im Nieselregen stehende Publikum der Zitadelle gedanklich für kurze Zeit ans Meer. Auch in der Folge ist es ein Konzert der eher entspannteren Klänge mit Songs wie "Cash" oder "1959".

Smith zeigt ihre leidenschaftlich ungehemmte Seite dennoch an einigen Stellen. Etwa zum Ende des Songs "Pissing in a River" von ihrem zweiten Album "Radio Ethiopia". Oder bei einem Cover des Hits "Bullet With Butterfly Wings" der Alternative-Rockband The Smashing Pumpkins – nach eigenen Aussagen zum ersten Mal von ihr performt. "Despite all my rage, I‘m still just a rat in a cage" hallt es durch die alte Festung im Westen der Hauptstadt. Zu Deutsch: "Trotz all meiner Wut bin ich immer noch nur eine Ratte im Käfig." Es ist ein Bild, das zu der Rebellin Patti Smith passt.

In den vergangenen Jahren machte Smith wiederholt deutlich, keine Musikerin, sondern Performerin zu sein. Sie habe sich dem Rock'n'Roll und Punk zugewandt, weil es alles umfasse, was sie interessiere: Poesie, Revolution, Sexualität und politischen Aktivismus. Das sagte Smith in einem Interview mit "The Talks" im Jahr 2011.

Smith spielt Coverversionen und ihre Hits

Vieles davon wird auch beim Konzert ersichtlich, etwa ihre Wurzeln in der Poesie. Sie trägt Gedichte vor, unter anderem ihre musikalische Version von "Howl" des US-amerikanischen Dichters Allen Ginsberg. An einigen anderen Momenten geht sie auf das politische Weltgeschehen ein. Sie ruft zu einem friedlicheren Zusammenleben auf, adressiert etwa die Lage in den palästinensischen Gebieten. "Kämpft für die Umwelt", ruft sie zudem ins Publikum, bevor sie ihren Folkrock-Song "Ghost Dance" spielt. Ein Lied, welches auf die Vertreibung der Ureinwohner Amerikas aufmerksam macht. Die US-Regierung ignoriere die Natur in ihrer Gier auf der Suche nach Bodenschätzen, so die 78-Jährige.

Mit den Zuschauern hält sie während des gesamten Sets auch unabhängig von Politik einen regen Austausch. "Habt ihr gestern diesen schönen doppelten Regenbogen gesehen?", fragt sie beispielsweise. Ein Foto davon hatte sie einen Tag vor dem Konzert in den sozialen Netzwerken gepostet.

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Mehrfach bewegt sie sich an den Rand der Bühne, winkt den Menschen und Regenschirmen zu. "Das war schön", sagt sie nach "Ghost Dance". Und weiter: "Ihr seid mein Konzert heute Abend." Das Publikum, viele Menschen von Jung bis Alt sind vor Ort, erweist sich bei vielen Liedern als textsicher. Smith lächelt fast durchgängig, bedankt sich aufrichtig, ist liebenswert und nahbar. Wohl auch deshalb kommt sie bei vielen Generationen gut an, hat ihr Publikum fest im Griff. Sie ist ein Mensch, der zu vereinen und nicht zu teilen versucht.

Ansonsten ist das Set bespickt mit weiteren Coverversionen. Smith spielt zum Beispiel "Transcendental Blues" des US-Country-Sängers Steve Earle oder "Work" der kanadischen Singer-Songwriterin Charlotte Day Wilson. Doch auch ihre Hits gibt sie zum Besten: Insbesondere "Dancing Barefoot" und "Because the Night", den sie zusammen mit Bruce Springsteen geschrieben hat, zünden beim Publikum. Das Konzert endet nach einer Stunde und vierzig Minuten mit "People Have The Power". Es ist die Lead-Single ihres Albums "Dream Of Life" aus 1988. Der Tenor ist klar: Menschen müssen für Frieden, Freiheit und Natur kämpfen.

Patti Smith in der Zitadelle: Kleinere Makel

Dass Smith nicht mehr in der Blüte ihres Lebens ist, ist klar. Sie lässt es verdientermaßen ruhiger angehen. Ihre Performance und die gesamte Ästhetik jedoch sind weiter – mal mehr, mal weniger subtil – von der Kunst und Rebellion geprägt. Das ist glaubhaft und authentisch. Da sieht man auch darüber hinweg, dass Smith bei nicht wenigen Songs an manchen Stellen neu ansetzen muss oder Texthänger hat. Oder dass der Sound gerade am Rande der Bühne in der Zitadelle nicht der allerbeste ist.

Auch obwohl die Zeit immer weiter voranschreitet, werden Rock'n'Roll und Punk in den Menschen weiterleben. Dafür ist Patti Smith der lebende Beweis.

Verwendete Quellen
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