DLR Braunschweig So berechnen Weltraumexperten das "Lungenvolumen" der Erde

Wie viel Kohlenstoff steckt wirklich in den Wäldern der Welt? Auf die Frage gibt es bislang nur Schätzungen. Experten aus Braunschweig wollen das ändern.
Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Braunschweig und andere Experten weltweit wollen herausfinden, wie viel Kohlenstoff unsere Wälder wirklich speichern – und zwar vom Weltraum aus. Für dieses Projekt haben die Wissenschaftler kürzlich eine Raumsonde ins All geschickt. Mit der Technik an Bord soll eine Art Röntgenblick möglich sein, der die Wälder der Erde abscannt und so ein umfassendes Bild erstellt. Die Wissenschaftler sprechen von einem "elementaren Beitrag, um die globale Erwärmung genau zu berechnen".
Das von der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) angeführte Projekt Biomass wurde zu 20 Prozent in Deutschland entwickelt. Herzstück der Technologie ist ein sogenanntes P-Band Synthetic Aperture Radar (SAR) Instrument, das erstmals ein globales 3D-Bild der Wald-Biomasse liefern soll. Entwickelt wurde das Gerät unter anderem vom DLR-Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme in Braunschweig. Das DLR entwickelte dafür während einer Flugzeug-Messkampagne einen Algorithmus, der dabei helfen soll, die Waldbiomasse genau abzuschätzen. Der Prototyp des Radardatenprozessors sowie ein Software-Simulator wurden ebenfalls vom DLR entwickelt.
Wie viel Holz steckt im Wald? DLR-Projekt soll Aufschluss geben
"Wir arbeiten an der Technologie, die aus dem All erkennen kann, wie viel Holz und damit Kohlenstoff in einem Wald steckt", sagt Dr. Markus Keller, DLR-Experte aus Braunschweig. Die P-Wand-Wellen durchdringen das Blätterdach und tasten den Wald bis auf den Boden ab – eine Art Röntgenblick aus dem Orbit.
Konstantinos Papathanassiou vom DLR-Institut betont, dass die Mission nicht nur den aktuellen Zustand der Wälder bewertet, sondern auch Prognosen über ihre zukünftige Entwicklung ermöglicht. Das sei besonders wichtig angesichts globaler Herausforderungen wie Abholzung und Klimawandel.
Biomass-Projekt soll helfen, Klimawandel zu verstehen
Die Messungen werden vorrangig über dem Amazonas-Regenwald durchgeführt. Und das hat einen einfachen Grund: Wissenschaftlichen Schätzungen zufolge bedecken Regenwälder derzeit rund 18 Millionen Quadratkilometer der Erde – das entspricht mehr als dem 50-Fachen der Fläche Deutschlands. Etwa 13,4 Millionen Quadratkilometer davon entfallen auf tropische Regenwälder. Der größte unter ihnen ist der Amazonas-Regenwald, der sich über sieben bis acht Millionen Quadratkilometer erstreckt. Zum Vergleich: Die Europäische Union umfasst lediglich 4,2 Millionen Quadratkilometer – also etwa die Hälfte.
Wenn durch Abholzung oder Brände plötzlich große Mengen CO2 freigesetzt werden, hat das laut DLR "gravierende Folgen" für das Klima. Die Biomass-Mission soll künftig wichtige Daten über die Waldressourcen, Ökosystemleistungen, biologische Vielfalt und den Naturschutz in Regenwäldern liefern – aber auch über Wälder auf der Nordhalbkugel.
- dlr.de: Mitteilung vom 24. April 2025